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Die AfD wirft der Jamaika-Koalition mangelnde Unterstützung der Kieler Uni für deren Vollverschleierungsverbot vor. CDU, Grüne und FDP bleiben unbeirrt und setzen Anhörung zum Thema Gesichtsverschleierung durch.
Gehören Niqab und Burka an die Uni? Die Debatte über muslimische Frauen mit Gesichtsschleier wird im Landtag kontrovers geführt. Die AfD will die Verhüllung in der Hochschule gesetzlich verbieten, Jamaika möchte zunächst alle Betroffenen zu einer Anhörung laden. Auslöser war der Fall einer Kieler Studentin, die mit einer Niqab, einem Schleier mit Augenschlitz, in eine Lehrveranstaltung kam und vom Dozenten des Raumes verwiesen wurde. Das Präsidium der Universität stützte den Mitarbeiter. Frank Brodehl (AfD) rief im Landtag nun zur „Rückendeckung für die Uni“ auf.
Für einen „offenen Wissensaustausch“ sei eine „effektive Kommunikation“ erforderlich, so Brodehl: „Der Lehr- und Prüfungsbetrieb verträgt keine Verschleierung“. FDP-Fraktionschef Christopher Vogt verwies hingegen darauf, dass es um „politisches und rechtliches Neuland“ gehe. Verschiedene Rechtsgüter müssten abgewogen werden, deswegen sei die Anhörung im Bildungsausschuss der richtige Schritt. Persönlich sei er für eine gesetzliche Regelung, so Vogt: „Bei einer Vollverschleierung endet für mich die Liberalität.“
Das sah Koalitionspartner Lasse Petersdotter von den Grünen anders: „Welche Wirkung hätte ein Zutrittsverbot zur Uni?“, fragte er. Es schließe in erster Linie die betroffenen Frauen von Bildung aus und verschärfe damit ihre Abhängigkeit von ihrem radikalen Umfeld, so Petersdotter.
Tobias Loose (CDU) warb dafür, „klare Grenzen“ aufzuzeigen. „Gerade in der Bildung wünschen wir uns Kommunikation auf Augenhöhe“, so Loose. Ein Gesichtsschleier sei kein Zeichen von Religionsfreiheit, sondern von Ideologie und Fanatismus. Es gehe nicht um eine „Anti-Islam-Debatte“, betonte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Gegen die Entscheidung der Uni sei eine Klage angekündigt worden. Deswegen müsse die Politik sich eine Meinung bilden: „Es geht um die Frage, ob wir diese Zumutung aushalten müssen.“
„Ein einzelner Mensch startet eine Provokation, und die ganze Öffentlichkeit springt über das Stöckchen“, wandte Heiner Dunckel (SPD) ein. Er plädierte für staatliche Zurückhaltung: „Ich traue den Hochschulen zu, mit dieser Situation souverän und angemessen umzugehen.“ Lars Harms (SSW) mahnte, „die Debatte überlegt zu führen und nicht nach Impulsen zu handeln“. Es handle sich um einen absoluten Einzelfall: „Wir haben kein drängendes Problem in unserem Land.“
Der AfD-Gesetzentwurf wird ebenfalls im Bildungsausschuss beraten.
Die Kieler Uni hat nach einem Konflikt mit einer muslimischen Studentin Ende Januar eine Vollverschleierung des Gesichts verboten. Niqabs oder Burkas, die das Gesicht bis auf die Augen verdecken, dürfen demnach in Lehrveranstaltungen und Prüfungen nicht mehr getragen werden. Während die AfD dies unterstützt und hierzu einen Entwurf für eine Änderung des Hochschulgesetzes vorlegt, ruft die Jamaika-Koalition per Antrag zu einer Anhörung im Bildungsausschuss auf.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Mitglieder der Hochschulen in den Uni-Gebäuden und bei Lehrveranstaltungen „ihr Gesicht nicht verhüllen“ dürfen. Für einen „offenen Wissensaustausch“ sei unter anderem eine „effektive Kommunikation“ erforderlich, die nicht nur akustisch erfolge, heißt es in dem AfD-Entwurf. Auch die Gesichtsmimik sei von Bedeutung und gebe „wichtige Aufschlüsse über den Stand der Wissensvermittlung“. Ähnlich hatte auch das Präsidium der Kieler Christian-Albrechts-Universität ihr Vollverschleierungsverbot in Lehrveranstaltungen begründet. Auf dem Campus können Studierende aber eine Burka oder eine Niqab tragen.
Die regierungstragenden Fraktionen fordern dagegen in einem Antrag eine Anhörung im Bildungsausschuss zu dem Thema. Es gebe in der öffentlichen Diskussion über den Umgang mit Gesichtsschleiern in Lehrveranstaltungen „nachvollziehbare Argumente, die für und gegen einen Regelungsbedarf sprechen“. Daher wollen CDU, Grüne und FDP „relevante Grundrechtsaspekte“ erörtern.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat sich indessen für ein gesetzliches Schleierverbot an Schulen und Hochschulen ausgesprochen. „Eine Vollverschleierung passt nicht zu unseren Bildungsinstitutionen“, sagte Günther der Tageszeitung „Die Welt“. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) begrüßte das Verbot an der Kieler Uni ebenfalls. Sie will ein Vollverschleierungsverbot auch im schleswig-holsteinischen Schulgesetz bis zum Sommer 2020 durchsetzen.
Unterdessen hat sich auch die Anti-Diskriminierungsbeauftragte des Landes zu Wort gemeldet. Nach Auffassung von Samiah El Samadoni ist das Vollverschleierungsverbot in Lehrveranstaltungen an der Kieler Universität ohne Rechtsgrundlage. „Rechtlich ist ein Verschleierungsverbot als Eingriff in die Religionsfreiheit nach Artikel 4 Grundgesetz tatsächlich nur durch oder aufgrund eines Gesetzes möglich“, sagte sie. Beispielsweise enthalte das bayerische Hochschulgesetz eine solche Regelung, erläuterte El Samadoni.
Der Niqab wird oft mit der Burka verwechselt. Bei der Niqab handelt es sich um einen Gesichtsschleier, bei dem die Augen freiliegen. Er wird dann häufig mit einem schwarzen Gewand kombiniert. Bei der Burka hingegen, sind die Augen hinter einem Netz verborgen.
(Stand: 1. März 2019)
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Hochschulgesetz - HSG)
Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1290
Anhörung zum Thema Gesichtsschleier
Antrag der Fraktionen der CDU, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP – Drucksache 19/1315