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24. Januar 2019 – Top 4, 9: Krankenversicherung

Bald mehr Beamte ganz normale Kassenpatienten?

Schleswig-Holsteins Beamte sollen noch leichter Kassenpatienten werden können. Dies schlagen SSW und SPD vor. Ihr Vorbild ist Hamburg. Dort ist das bundesweit erste Reformmodell im August 2018 angelaufen.

Raudies Beate SPD Februar 2018
Die SPD-Abgeordnete Beate Raudies tritt für eine freie Kassenwahl für neue Beamte ein. (Archiv-Bild) Foto: Thomas Eisenkrätzer

Die von den Sozialdemokraten ins Spiel gebrachte Wahlmöglichkeit für Beamte zwischen privater und gesetzlicher Krankenkasse ist bei CDU und FDP auf große Skepsis gestoßen. Die beiden Regierungsfraktionen kritisierten den Vorstoß als Einstieg in die Bürgerversicherung durch die Hintertür. Konkret sieht der SPD-Gesetzentwurf vor, frischgebackenen Beamten, die sich verbindlich für die gesetzliche Krankenversicherung entscheiden, eine monatliche Beihilfe – vergleichbar mit dem Arbeitgeberanteil in der Privatwirtschaft – zu zahlen.

„Mit unserem Gesetz können wir ein Stück Sozialgeschichte schreiben und die gesetzliche Krankenversicherung in Schleswig-Holstein erstmals zu einer Sozialversicherung machen, in der sich alle versichern können“, konstatierte Beate Raudies (SPD) in der Debatte. Raudies begründete das Gesetzesvorhaben zudem mit der vorherrschenden Konkurrenz um Fachkräfte und die damit verbundene Notwendigkeit, die Beamtenlaufbahn in Schleswig-Holstein attraktiver zu gestalten.

Grüne unterstützen SPD

Zuspruch für den Vorstoß kam aus den Reihen der Grünen und des SSW. Der Politik müsse daran gelegen sein, dass System abzuklopfen, zu überprüfen und Probleme zu lösen, erklärte Lasse Petersdotter (Grüne). Es gehe darum, die beste Absicherung für Arbeitnehmer zu schaffen. Petersdotter wies darauf hin, dass schon jetzt zwischen acht und neun Prozent freiwillig gesetzlich krankenversichert sind. Lars Harms, dessen SSW das Thema mit einem Antrag angeschoben hatte, betonte, dass es nicht darum gehe, das System in Frage, sondern es zu ergänzen.

Annabell Krämer (FDP) warf den Sozialdemokraten dagegen vor, den privaten Krankenversicherungen, die eine „tragende Säule des Gesundheitssystems“ seien, „das Wasser abgraben“ zu wollen. CDU und AfD warnten unisono vor den Kosten für den Landeshaushalt. „Warum sollen wir in ein teureres System einsteigen?“ fragte Werner Kalinka (CDU). Zumal sich das System bewährt habe. „Den stillen Einstieg in die Bürgerversicherung“ werde seine Fraktion nicht mitmachen. In dieselbe Richtung argumentierte Claus Schaffer (AfD). Er warnte zudem vor einem möglichen hohen Verwaltungsaufwand.

Vorbild: das Hamburger Modell

Die Kosten nahm auch Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) – die grundsätzlich mit dem SPD-Vorstoß sympathisierte – in den Blick. Hamburg, wo die Wahlmöglichkeit bereits im August 2018 eingeführt worden war und an dessen Modell sich die SPD orientiert, müsse in der Umstellungsphase zusätzlich zwischen fünf bis sechs Millionen Euro aufbringen, sagte die Finanzministerin vor.

Das Hamburger Modell steht auch im Zentrum des SSW-Antrages. Darin fordert die Oppositionspartei die Landesregierung auf, sich mit der Hansestadt über deren Erfahrungen mit der Wahlmöglichkeit auszutauschen. Das Thema wird im Finanzausschuss sowie im Innen- und Rechtsausschuss weiter beraten.

SSW und SPD wollen Beamten den Einstieg in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) schmackhaft machen. Während der SSW hierzu einen Antrag vorlegt, präsentiert die SPD einen Gesetzentwurf zur „Einführung einer pauschalen Beihilfe für GKV-versicherte Beamte“. Die SPD-Finanzpolitikerin Beate Raudies begründete den Vorstoß bei der öffentlichen Vorstellung mit Gerechtigkeitsaspekten und dem Ziel, den öffentlichen Dienst im Land attraktiv zu halten.

Das Gesetz soll nur für neue Beamte gelten und für jene, die bereits gesetzlich versichert sind. Wer den Weg gehen will, hat dafür nur eine einmalige Wahlmöglichkeit. Bisher bekommen Beamte, die sich freiwillig in der GKV versichert haben, keine Zuschüsse. Zu den Kosten im Falle einer Einführung der vorgeschlagenen Regelung könne sie noch keine Angaben machen, sagte Raudies. Es lägen auch noch keine Zahlen zu GKV-versicherten Beamten in Schleswig-Holstein vor.

Das Hamburger Modell

Die von der SPD angestrebte Regelung folgt – wie auch der SSW-Antrag –dem sogenannten Hamburger Modell. Für Hamburger Beamte gibt es seit August vergangenen Jahres den Zuschuss zu der gesetzlichen Versicherung. Die Hansestadt ist damit Vorreiter auf diesem Gebiet. Laut Raudies sei aber noch nicht bekannt, wie viele Beamte in Hamburg sich mittlerweile entsprechend entschieden hätten.

Während Rot-Grün in Hamburg bei Inkrafttreten des Gesetzes in der Hansestadt die Neuregelung als ein „Stück Sozialgeschichte“ rühmten, kritisierte die FDP-Opposition sie als ideologisch motivierte „Bürgerversicherung light“. Die Bürgerschaft hatte die Regelung im Mai 2018 beschlossen. Auch sie gilt nur für bereits freiwillig gesetzlich versicherte oder neue Beamte.

Vorherige Debatte zum Thema:
September 2017

Erste Lesung

Entwurf eines Gesetzes über die Einführung einer pauschalen Beihilfe für gesetzlich krankenversicherte Beamtinnen und Beamte
Gesetzentwurf der Fraktion der SPD – Drucksache 19/1138(neu)

Antrag

Wahlmöglichkeit bei der Krankenversicherung für Beamtinnen und Beamte schaffen
Antrag der Abgeordneten des SSW – Drucksache 19/1070