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Die Vergabe öffentlicher Aufträge soll einfacher und mittelstandsfreundlicher werden. Doch der Gesetzentwurf der Landesregierung stößt vor allem bei der Opposition auf scharfe Kritik. Dabei geht es auch um Nachhaltigkeitsaspekte.
Weniger Bürokratie, weniger Paragrafen, weniger Aufwand: Die Landesregierung will das Vergaberecht vereinfachen und ist mit ihrem Gesetzentwurf in Erster Lesung auf ein geteiltes Echo im Parlament gestoßen. Während CDU, Grüne, FDP und AfD die geplanten Änderungen begrüßten, nannten SPD und SSW den Entwurf „Klientelpolitik“, die eine Zwei-Klassen-Gesellschaft fördere und geltende Standards herabsenke.
Konkretes Ziel der Landesregierung ist die Vergabe öffentlicher Aufträge von Kreisen, Kommunen und öffentlichen Unternehmen zu vereinfachen. Die Landesregierung wolle „ein schlankes, anwenderfreundliches Gesetz im Interesse der mittelständigen Gesellschaft“ schaffen, erklärte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). Das bisherige Gesetz sei vielerorts nicht richtig angewendet worden, weil es nicht kontrollierbar gewesen sei. Buchholz wies darauf hin, dass alle in der Kabinettsanhörung befragten Verbände die Entschlackung des Gesetzes deutlich begrüßt hätten. Laut dem Entwurf müssen Nachhaltigkeitsaspekte bei Vergaben der öffentlichen Hand im Norden künftig nicht mehr zwangsläufig berücksichtigt werden.
Aus 20 Paragrafen seien fünf geworden, da gesetzliche Doppelungen gestrichen wurden, erläuterte Lukas Kilian (CDU). Für ihn sei dieser Punkt „das Wichtigste und Beste“. Der Entwurf sei ein „weiterer großer Schritt dahin, das mittelstandsfreundlichste Bundesland in Deutschland“ zu werden, freute er sich. Ähnlich argumentierte Kay Richert (FDP). Er verwies darauf, dass Vergabekammern auch künftig „einen Gestaltungsspielraum“ hätten. Der Mindestlohn werde nicht unterlaufen. Volker Schnurrbusch (AfD) schloss sich dieser Haltung ebenfalls an.
Für die SPD kritisierte Thomas Hölck dagegen, dass mit der geplanten Novelle des Vergaberechts der Nachhaltigkeitsgedanke in den Hintergrund trete. Schleswig-Holstein habe ein modernes und vorbildliches Tarif- und Vergabegesetz, betonte er. Das Gesetz untergrabe „die Autorität und Vorbildwirkung des Staates bei öffentlichen Vergaben“, so der Sozialdemokrat. Die geplanten Änderungen kritisierte er als Gefahr des Lohndumpings und Unterlaufens von Tarifen – der Sozialstandard werde abgebaut.
Lars Harms (SSW) kritisierte ebenfalls, der Schutz der Arbeitnehmer werde ausgehöhlt. Die Jamaika-Koalition gefährde den Standort Schleswig-Holstein. „Es ist nicht Aufgabe der Politik, Lohndumping und Perspektivlosigkeit zu fördern, aber genau das tut die Koalition“, so Harms. Der SSW legte einen Änderungsantrag vor, der auch in Zukunft im Öffentlichen Personennahverkehr (Bus und Bahn) den gültigen Tariflohn einfordert.
Der Gesetzentwurf sei ein Kompromiss, machte Rasmus Andresen (Grüne) deutlich. Es gebe Aspekte, hinter denen die Grünen stünden wie etwa die Eigenerklärung. Die Nachhaltigkeit hätte seine Partei nicht abgeschafft, so Andresen. Gleichwohl sei es aber falsch zu behaupten, von einem „Kahlschlag“ zu sprechen. „Auch aus den Kommunen heraus können ökologische und soziale Standards definiert werden“, sagte Andresen.
Der Gesetzentwurf und der Änderungsantrag des SSW werden jetzt im Wirtschaftsausschuss weiter beraten.
Bericht folgt rund eine Stunde nach der Debatte
Die Landesregierung will die Vergabe öffentlicher Aufträge von Kreisen, Kommunen und öffentlichen Unternehmen vereinfachen und damit mittelstandsfreundlicher gestalten. Laut dem von Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) Ende März vorgelegten Gesetzentwurf müssen Nachhaltigkeitsaspekte bei Vergaben der öffentlichen Hand im Norden künftig nicht mehr zwangsläufig berücksichtigt werden. Über den entsprechenden Gesetzentwurf diskutiert das Plenum in Erster Lesung.
Unter anderem soll es laut dem Papier künftig ausreichen, wenn Unternehmen sich mit Eigenangaben und einer Eigenerklärung um Aufträge bewerben. Qualifikationsnachweise müssten dann nur noch von dem Unternehmen erbracht werden, das für den Zuschlag vorgesehen ist. Nach dem derzeit gültigen Tariftreue- und Vergabegesetz haben die Firmen sogenannte „Präqualifikationsnachweise“ zu erbringen.
Das alte Tariftreuegesetz soll mit Inkrafttreten der neuen Regelungen aufgehoben werden. Der von der Landesregierung vorgelegte Entwurf beschränke sich „auf wesentliche Regelungen und verzichte auf redundante und rein deklamatorische Bestimmungen“, heißt es zur Begründung. Entfallen würde damit beispielsweise die Vorschrift, dass öffentliche Auftraggeber organisatorische Maßnahmen für eine unabhängige rechnerische Prüfung sicherstellen müssen. Auch die ausdrückliche Verpflichtung, dass diese für „förmliche Vergabeverfahren“ von Bauleistungen Kontrollmechanismen vorhalten, um „nachträgliche Angebotsmanipulationen“ zu verhindern, wäre vom Tisch.
Darüber hinaus stellt das Gesetz mit Verweis auf das Wettbewerbsrecht frei, ob „soziale, gleichstellungs- und umweltbezogene Aspekte“ mit in das Vergabeverfahren einbezogen werden. In dem Gesetzentwurf heißt es dazu grundsätzlich: „Öffentliche Aufträge werden im Wege transparenter Verfahren und grundsätzlich im Wettbewerb vergeben unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit.“ Für einen geordneten Ablauf der Verfahren verweist das Gesetz auf entsprechende Bundesregelungen. Der Vergabe-Mindestlohn verbleibt laut dem Gesetzentwurf bei 9,99 Euro.
Mit einem Änderungsantrag will der SSW unter anderem spezielle Regelungen für Beschäftigte des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) in den Entwurf einfließen lassen. So soll festgeschrieben werden, dass für sie der vor Ort gültige Tariflohn vom Arbeitgeber einzuhalten ist, und sie nach Ausschreibungen verbindlich von neuen Anbietern übernommen werden müssen. Weiterhin verlangt der SSW, dass sich der vergaberechtliche Mindestlohn an dem Grundgehalt der untersten im Landesdienst besetzten Entgeltgruppe für den öffentlichen Dienst der Länder zu halten hat.
Unterdessen hat die SPD bereits öffentlich kritisiert, dass mit der geplanten Novelle des Vergaberechts der Nachhaltigkeits-Gedanke in den Hintergrund trete. Wenn künftig verstärkt auf Freiwilligkeit gesetzt werde, würden die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen verfehlt. Nach Ansicht der SPD sind Beschaffungen unter Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten nicht zwangsläufig mit Mehrkosten verbunden. Gleichwohl fürchtet die Fraktion bei knappen Kassen Auswirkungen der Novelle. „Wenn Gemeinden konsolidieren müssen, wird auf Nachhaltigkeit nicht mehr geachtet“, hieß es.
(Stand: 31. August 2018)
Vorherige Debatten zum Thema:
April 2018
Dezember 2017
September 2017