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Soll abgelehnten Asylbewerbern der Aufenthalt in Deutschland erlaubt werden, wenn sie integriert sind und einen Arbeitsplatz haben? Der Landtag knüpft an die bundesweite „Spurwechsel“-Diskussion zum Bleiberecht an.
Die Jamaika-Koalition hat den SPD-Vorstoß zurückgewiesen, abgelehnten Asylbewerbern mit festem Job den dauerhaften Aufenthalt in der Bundesrepublik zu ermöglichen. Das vorgeschlagene Abschiebemoratorium würde einen weiteren rechtsfreien Raum eröffnen, hieß es aus den Reihen von CDU, Grünen und FDP.
Grundsätzlich müsse der sogenannte Spurwechsel über ein Einwanderungsgesetz geregelt werden, argumentiert die Koalition. In einem mit Unterstützung des SSW verabschiedeten Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, sich entsprechend in Berlin einzusetzen. AfD-Vorstoß, der sich gegen einen „Spurwechsel“ wandte und vor einer „Aushöhlung des Asylrechts“ warnte, wurde von allen anderen Fraktionen zurückgewiesen.
„Fakt ist, dass ein modernes Einwanderungsgesetz seit Jahren von der Union blockiert wird“, monierte Ralf Stegner (SPD) in der Debatte. Bis diese Blockade gebrochen sei, brauche es eine Bleibeperspektive für gut integrierte Menschen. Dies ermögliche ein Abschiebemoratorium. Ein solcher Beschluss würde eine „Sogwirkung“ erzeugen und zur „Masseneinwanderung“ nach Deutschland führen, mahnte Claus Schaffer (AfD). Deutschland benötige deshalb „keinen Spurwechsel, sondern einen Richtungswechsel“ in der Ausländerpolitik.
Die Einzelfälle, um die es hier gehe, würden sie keineswegs kalt lassen, bekannte Barbara Ostmeier (CDU). Deshalb hoffe sie auch, dass die Behörden im Einzelfall von ihren Ermessensspielräumen Gebrauch machen. Grundsätzlich gelte es jedoch, den gesetzlichen Rahmen anzuwenden, „um den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht zu gefährden“.
Sie könne den Grundgedanken des SPD-Antrags verstehen, räumte die Grünen-Abgeordnete Aminata Touré ein. Allerdings müsse eine „politische Antwort mehr als aufschiebende Wirkung haben“. Die Jamaika-Koalition sei deshalb mit Landes-Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) im Gespräch, was man für die Betroffenen tun könne.
Man sei mit Blick auf das geplante Einwanderungsgesetz gut beraten, sich über die Systematik und die Begrifflichkeit in der Migrationspolitik Gedanken zu machen, sagte Jan Marcus Rossa (FDP). Für den „Spurwechsel“ heiße das: Es komme darauf an, ob jemand eine Fachkraft sei oder auch nicht.
„Dass wir den Spurwechsel brauchen, ist unstrittig“, schaltete sich Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in die Debatte ein. Er warnte jedoch vor einem „Schnellschuss“ und dem von der SPD vorgeschlagenen schleswig-holsteinischen „Alleingang“. Günther selbst hatte Mitte August die „Spurwechsel“-Diskussion angestoßen. „Es ist wichtig, wenn Menschen integriert sind, wenn sie eine Ausbildung schon abgeschlossen haben, die Möglichkeit haben, auch auf dem Arbeitsmarkt tätig zu sein, dass wir hier die Möglichkeit finden, einen sogenannten Spurwechsel zu machen, dass dann eben nicht mehr Asylrecht greift, sondern das neue Zuwanderungsgesetz“, hatte er in der ARD gesagt.
Unterstützung für den SPD-Vorstoß kam einzig von Lars Harms (SSW): Es könne nicht sein, dass man gut qualifizierte Leute, die eine dreijährige Ausbildung hinter sich haben, „vom Hof jagt“.
Die SPD-Fraktion bittet den Landtag um Rückendeckung für ihren Antrag, ausgebildete und im Beruf stehende Asylbewerber, wie etwa Fachkräfte, nicht abschieben zu lassen. Bis zur Vorlage eines Einwanderungsgesetzes soll sich die Landesregierung für ein Abschiebemoratorium für Asylsuchende, die „sich bisher gut integriert haben, einer regelmäßigen Beschäftigung nachgehen, ihre Steuern und Sozialabgaben entrichten oder sich in einer Ausbildung befinden“, einsetzen.
Die Diskussion wird seit gut einem Monat auf Bundesebene unter dem Stichwort „Spurwechsel“ geführt. Der „Spurwechsel“ bedeutet im Grundsatz, dass es Asylbewerbern, die abgelehnt und nur geduldet, aber gut integriert sind und einen Arbeitsplatz haben, über ein Einwanderungsrecht ermöglicht wird, in Deutschland zu bleiben. Auf Drängen der SPD hatte sich die große Koalition in Berlin Anfang Juli darauf verständigt, dass noch in diesem Jahr ein Einwanderungsgesetz auf den Weg gebracht werden soll, um gezielt Fachkräfte anzuwerben. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat für den Herbst Eckpunkte angekündigt. Insbesondere aus der Wirtschaft immer wieder die Klage, dass einige gut ausgebildete und integrierte Asylbewerber trotzdem abgeschoben würden.
Arbeitgeber würden nur Geld und Zeit in die Ausbildung junger Menschen investieren, wenn diese eine Perspektive haben, dauerhaft bleiben zu können, argumentiert die Nord-SPD in ihrem Antrag. Weiter heißt es: Fachkräftemangel lasse sich nicht dadurch bekämpfen, „dass man gut integrierte Menschen, die ihre Leistungsbereitschaft unter Beweis gestellt haben, mit hohem Aufwand abschiebt, nur um sie später in einem Anwerbeprogramm zur Rückkehr nach Deutschland bewegen zu wollen“.
Angestoßen worden war die Debatte vom schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU). „Es ist wichtig, wenn Menschen integriert sind, wenn sie eine Ausbildung schon abgeschlossen haben, die Möglichkeit haben, auch auf dem Arbeitsmarkt tätig zu sein, dass wir hier die Möglichkeit finden, einen sogenannten Spurwechsel zu machen, dass dann eben nicht mehr Asylrecht greift, sondern das neue Zuwanderungsgesetz“, hatte Günther am 13. August in der ARD gesagt. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hatte diesen Vorstoß kurz darauf abgelehnt.
Unterdessen haben die SPD-Innenpolitiker Eva Högl und Burkhard Lischka Ende August in Berlin eine Stichtagsregelung ins Spiel gebracht. Demnach soll gut integrierten Ausländern, die bereits zum 1. August 2018 in einem Ausbildungsverhältnis oder in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis standen, die Möglichkeit eröffnet werden, einen regulären Aufenthaltstitel im Rahmen des künftigen Einwanderungsgesetzes bekommen können.
„Da der Stichtag (1. August 2018) noch vor der Vorstellung der Eckpunkte für ein neues Einwanderungsgesetz liegt, ist Missbrauch ausgeschlossen“, betonten die Sozialdemokraten. Denn ab sofort könnten dann keine Arbeitsverhältnisse mehr geschlossen werden, die möglicherweise nur dem Zweck dienen, einen Aufenthaltstitel zu erhalten. In dem Antrag der schleswig-holsteinische SPD-Fraktion wird die Stichtagsregelung nicht erwähnt.
Wenige Tage nach dem SPD-Antrag im Landtag legte die Kieler AfD einen Ablehnungsantrag zu dem Vorstoß ab. Das Asylrecht dürfe nicht zu einem „Ersatzzuwanderungsrecht“ gemacht werden, heißt es darin. „Bei der Fachkräftezuwanderung und der Asylgesetzgebung handelt es sich um gänzlich unterschiedliche Bereiche, die auch in Zukunft strikt voneinander zu trennen sind.“ Die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt sei allein durch das geplante Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz zu regeln, so die AfD.
(Stand: 31. August 2018)
Vorherige Debatten zum Thema Asylrecht:
Juni 2018
September 2017
Wer Fachkräfte abschiebt, gefährdet Deutschlands Zukunft!
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/891
Asylrecht nicht aushöhlen – "Spurwechsel" verhindern
Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 19/897
... der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP (zu AfD-Antrag) – Drucksache 19/918