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Ungeachtet der Proteste von Windkraftgegnern vor dem Landeshaus haben CDU, Grüne und FDP im Plenarsaal betont, am Ausbau der Windenergie auf zwei Prozent der Landesfläche festhalten zu wollen.
Der Landtag befasst sich zu Beginn der Tagung mit verschiedenen Aspekten des Themas Windenergie. Im Mittelpunkt steht der Ausbau der Windkraft mit der Aufstellung einer neuen Regionalplanung. In die Beratung fließen auch zwei Volksinitiativen ein. Aktuell sind zwischen Nord- und Ostsee etwa 3000 Windräder in Betrieb, bis 2025 sollen 500 dazukommen, um dann insgesamt zehn Gigawatt Leistung aus erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen. Die meisten Anlagen stehen in den Kreisen Dithmarschen und Nordfriesland.
In ihrem Koalitionsvertrag haben die Jamaika-Partner neue Zielvorgaben für den Ausbau der Windkraft festgeschrieben. Demnach sollen „ca. zwei Prozent der Landesfläche als Eignungsgebiete“ ausgeschrieben werden. Derzeit sind es etwa 1,7 Prozent. Gleichzeitig sollen die „Abstände zu Siedlungsbereichen mit Wohn- und Erholungsfunktion auf 1000 Meter und zu Einzelhäusern und Splittersiedlungen im Außenbereich auf 500 Meter“ erhöht werden. Jüngsten Meldungen zufolge wird es bei Einzelhäusern aber wohl bei 400 Metern Abstand bleiben. Die ehemalige SPD/Grünen/SSW-Regierung hatte die Abstände auf 800 beziehungsweise 400 Meter festgelegt.
Wie die Vorgaben in der konkreten Planung von Windprojekten umgesetzt werden können, soll die Landesregierung nun auf Antrag von SPD und Koalition im Landtag berichten. Die Sozialdemokraten bezweifeln, ob es mit den größeren Abständen zu Siedlungen gelingen kann, die Windkraft deutlich auszubauen und die schleswig-holsteinischen Energie- und Klimaziele zu erreichen.
Das Problem: Die Wind-Planung im Lande muss komplett neu gefasst werden, nachdem das Oberverwaltungsgericht in Schleswig vor drei Jahren die bisherigen Regionalpläne für unwirksam erklärt hat. Es rügte unter anderem, dass jene Gemeinden, die sich grundsätzlich gegen Windräder auf ihrem Gebiet gestellt hatten, von der Ausweisung ausgenommen wurden. Seit 2015 ist ein sogenanntes Moratorium in Kraft - ein Bau- und Planungsstopp. Obwohl Ausnahmen zugelassen sind, liegen etwa 600 geplante Anlagen auf Halde.
Die Zeit drängt, denn das Moratorium läuft Ende September aus. Es wurde bereits einmal verlängert, und Experten zweifeln, ob eine weitere Verlängerung rechtlich möglich wäre.
Zudem befasst sich der Landtag mit zwei Volksinitiativen zum Thema Wind. Die Initiative „Für größere Abstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung“ hat 22.809 gültige Unterschriften gesammelt, vor allem in den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Dithmarschen. Damit haben die Initiatoren die Mindestzahl von 20.000 Unterstützern erreicht. Der Landtag muss sich nun mit dem Vorhaben der Bürger befassen, die Abstände landesweit auf ein Zehnfaches der Anlagenhöhe, mindestens aber auf 1000 Meter zu erhöhen.
Demgegenüber hat die Initiative „Für die Durchsetzung des Bürgerwillens bei der Regionalplanung Wind“ das Quorum von 20.000 nicht erreicht. Das Innenministerium zählte lediglich 19.678 gültige Unterschriften. Zudem sei das Ziel, dem Bürgerwillen grundsätzlich den Vorrang einzuräumen, rechtlich fragwürdig, argumentiert der Wissenschaftliche Dienst des Landtages. Die Parlamentsjuristen verweisen unter anderem auf den grundgesetzlich verankerten Schutz des Grundeigentums.
Darüber hinaus geht es im Zuge der Debatte auch um das Förderprogramm „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“ (SINTEG), das das Bundeswirtschaftsministerium ins Leben gerufen hat. Damit werden seit Ende 2016 in sogenannten Schaufenster-Regionen deutschlandweit Musterlösungen für eine moderne Energieversorgung erprobt. Die SINTEG-Verordnung des Bundes, die den rechtlichen Rahmen für das Projekt bildet, soll nach dem Willen von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW im Landtag nun angepasst werden. Darauf haben sich die Fraktionen, mit Ausnahme der AfD, im März im Ausschuss für die Zusammenarbeit der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg verständigt. Sie wollen, dass sich die Landesregierung im Bundesrat für ihr Vorhaben einsetzt.
In der im Mai 2017 verabschiedeten Bundesverordnung ist eine sogenannte Experimentierklausel enthalten, in der die Erprobung neuer Verfahren und Technologien geregelt ist. Mit der besagten Klausel können sich die SINTEG-Projektteilnehmer wirtschaftliche Nachteile – wie höhere Strompreisabgaben – erstatten lassen. Bei den Anpassungsvorschlägen des Landtagsausschusses geht es konkret etwa um „zusätzliche Experimentierspielräume für konkurrenzfähige Preise gegenüber fossilen Brennstoffen“, einen steuerlichen Nachlass für weitere Strompreisbelastungen wie zum Beispiel die EEG-Umlage und Netzentgelte, die Förderung der Unternehmen in der Projektphase und eine Vereinfachung der Erstattungsverfahren.
(Stand: 23. April 2018)
Vorherige Debatten zum Thema:
Ungeachtet der Proteste von Windkraftgegnern vor dem Landeshaus haben CDU, Grüne und FDP im Plenarsaal betont, am Ausbau der Windenergie auf zwei Prozent der Landesfläche festhalten zu wollen. Gleichzeitig sollen die Abstände neuer Anlagen zu Wohngebieten von 800 auf 1.000 Meter erhöht werden. Um beide Ziele zu erreichen, habe man alles auf den Prüfstand gestellt, erklärte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) in einem von SPD und Jamaika-Koalition geforderten mündlichen Bericht. Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) warf der Koalition vor, detaillierte Fakten bewusst nicht vor der Kommunalwahl preiszugeben.
Der Minister betonte, dass Tabu-Kriterien etwa aus dem Bereich des Naturschutzes „in die Abwägung“ verlagert worden seien. Zudem dürften bereits in Schutzgebieten aufgestellte Windkraftanlagen dort verbleiben beziehungsweise erneuert werden. Für die in Arbeit befindlichen Regionalpläne könne er noch „keinen Endstand“ vermelden, so Grote. Davon abgesehen werde der erste Entwurf Mitte des Jahres im Kabinett auf den Prüfstand kommen.
„Die Bürger haben ein Anspruch darauf, vor der Kommunalwahl zu erfahren, wo bei Ihnen der Wind bei der Regionalplanung weht“, hielt SPD-Fraktionschef Stegner der Koalition eine „Hinhaltetaktik“ vor. Mit Blick auf die im Raum stehenden Ausbaukriterien bezichtigte der Oppositionsführer überdies CDU-Ministerpräsident Daniel Günther, ein Wahlversprechen gebrochen zu haben. Die von der Union anvisierte Vergrößerung des Abstandes zu „Splittersiedlungen“ von 400 auf 500 Metern werde es nicht geben, prophezeite Stegner. Auch Oppositionskollege Lars Harms (SSW) zeigte sich von dem abzeichnenden Kompromiss der Regierungsfraktionen enttäuscht. Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass die Grünen für den Windkraftausbau den Naturschutz opfern würden, monierte Harms.
Ohne Kompromisse gehe es in Politik nicht voran, hielt Eka von Kalben (Grüne) dagegen. „Für die Grünen wäre es vielleicht nicht nötig gewesen, die Kriterien für die Landesplanung nochmal zu überprüfen“, konstatierte sie. Doch die Wahlen hätten nun mal die politische Situation im Land geändert.
Der CDU-Abgeordnete Tobias Koch hob hervor, seine Fraktion habe sich immer klar für größere Abstände eingesetzt, betonte. Dieses Ziel werde nun umgesetzt. Außerdem werde der Mindestabstand für Anlagen, die höher als 200 Meter seien, noch weiter heraufgesetzt. Und FDP-Fraktionschef Christopher Vogt sagte, die höheren Windkraftanlagen würden immer mehr Flächen verbrauchen. Zudem treibe es die Bürger um, dass Windparks immer häufiger von Investoren und nicht von Bürgern betrieben würden.
Die AfD lehnt den Windkraftausbau grundsätzlich ab. Ihr Abgeordneter Jörg Nobis sagte: Ein Ausbaustopp sei „gelebter Umweltschutz“.
Im Rahmen der Debatte wurde die Volksinitiative „Für größere Abstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung“ für zulässig erklärt. Den dazu gehörigen Gesetzentwurf überwies das Plenum an den Innen- und Rechtsausschuss, den Wirtschaftsausschuss und den Petitionsausschuss. Abgelehnt wurde dagegen die Volksinitiative „Für die Durchsetzung des Bürgerwillens bei der Regionalplanung Wind“. Diese Vorlage hatte das gesetzlich notwendige Quorum von 20.000 Unterschriften verfehlt.
Einstimmig beschlossen wurde die Forderung von CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW nach einer rechtlichen Anpassung der SINTEG-Verordnung. Hinter dem Kürzel SINTEG verbirgt sich das Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“. Auf den Antrag hatte sich der Ausschuss für die Zusammenarbeit der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg im März verständigt.
Entwurf eines Gesetzes zur Berücksichtigung größerer Abstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnhäusern
Gesetzentwurf der Volksinitiative „Für größere Abstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung“ – Drucksache 19/663
Bericht über die Kriterien für die Windenergieplanung
Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/638
Eckpunkte der zukünftigen Windenergieplanung
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/639
SINTEG-Verordnung anpassen – Experimentierklausel öffnen
Beschlussempfehlung des Ausschusses für die Zusammenarbeit der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg – Drucksache 19/637
Entscheidung über die Zulässigkeit der Volksinitiative „Für die Durchsetzung des Bürgerwillens bei der Regionalplanung Wind“
Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses – Drucksache 19/666
Entscheidung über die Zulässigkeit der Volksinitiative „Für größere Abstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung“
Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses – Drucksache 19/667