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25. Januar 2018 – Top 39: Freihandelsabkommen

Koalitionsmehrheit stoppt Anti-CETA-Volksinitiative

Proteste am Vormittag, Entscheidung im Landtag am Nachmittag: CDU, Grüne und FDP lehnen den von der Volksinitiative „Schleswig-Holstein stoppt CETA“ vorgelegten Antrag gegen die Stimmen von AfD und SSW ab. Die SPD enthält sich.

CETA-Gegner vor dem Landtag
Mai 2017: CETA-Gegner protestieren vor dem Landtag. Foto: Landtag, Regina Baltschun

Nachdem der Landtag die Volksinitiative „Schleswig-Holstein stoppt CETA“ im Oktober 2017 formell für zulässig erklärt hat, geht es nun um die inhaltliche Entscheidung. Die Initiatoren hatten von der Landesregierung gefordert, dass sie sich auf Bundesebene für eine Ablehnung des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens einsetzt. Eine Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses steht noch aus, sie soll in einer Sondersitzung in der Mittagspause des ersten Sitzungstages am Mittwoch gefasst werden.

Der Wirtschaftsausschuss und der Europaausschuss, die in der Sache mitberaten haben, hatten angekündigt, sich der Empfehlung des Innen- und Rechtsausschusses anzuschließen. Stimmt die Mehrheit des Landtages im Plenum am Donnerstag der Ablehungsforderung der Volksinitiative zu, hat sie ihr Ziel erreicht. Spricht sich das Parlament für das CETA-Abkommen aus, können die Initiatoren ein Volksbegehren starten. Hierzu müssen sie innerhalb eines halben Jahres 80.000 Unterschriften hinter sich bringen.

Grüne müssen Koalitionsräson üben


Bei der anstehenden Abstimmung im Bundesrat über das Freihandelsabkommen wird die Landesregierung voraussichtlich Enthaltung bekunden, was in der Länderkammer einem Nein gleichkommt. Die Enthaltung ist auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag von CDU, Grünen und FDP zurückzuführen. „Bei der Bewertung verschiedener Freihandelsabkommen haben die Koalitionspartner unterschiedliche Positionen. Das wird sich auch auf das Abstimmungsverhalten im Bundesrat auswirken“, heißt es in dem Papier.

Anders ist es bei der Entscheidung im Landtag, wo die Jamaika-Koalition die Volksinitiative gegen CETA voraussichtlich zurückweisen wird. Obwohl die Grünen die Kampagne unterstützen, müssen sie im Landtag geschlossen mit ihren Koalitionspartnern abstimmen – und die sind dagegen.

Im Mai 2017 hatten Vertreter der Anti-CETA-Kampagne dem Landtag mehr als 25.000 Unterschriften vorgelegt, von denen rund 21.000 für gültig erklärt wurden. Nach der Entscheidung über die Zulässigkeit der Volksinitiative im Oktober 2017 hatte das Parlament vier Monate Zeit, sich inhaltlich mit dem Thema beschäftigen.

CETA bereits vorläufig in Kraft

Mit dem Freihandelsabkommen CETA wollen die EU und Kanada ihre Wirtschaftsbeziehungen auf eine neue Basis stellen. Durch den Wegfall von Zöllen und anderen Handelshemmnissen soll es auf beiden Seiten des Atlantiks mehr Wachstum geben. So ist unter anderem vorgesehen, Zugangsbeschränkungen bei öffentlichen Aufträgen zu beseitigen und Dienstleistungsmärkte zu öffnen. Kritiker hingegen warnen vor einem Abbau europäischer Standards, Nachteilen für die hiesige Wirtschaft und undurchsichtigen Regeln für den Investorenschutz.

Die technischen Verhandlungen über CETA liefen von 2009 bis 2014. Am 30. Oktober 2016 ist das Abkommen unterzeichnet und im Februar 2017 vom Europaparlament gebilligt worden. Im Herbst letzten Jahres trat es vorläufig in Kraft. Da es sich um ein sogenanntes gemischtes Abkommen handelt, muss es aber noch in den EU-Ländern von den nationalen – und teils regionalen – Parlamenten angenommen werden, um vollständig in Kraft treten zu können. Die Abkürzung CETA steht für „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen).

(Stand: 22. Januar 2018)

Vorherige Debatten: Oktober 2017

Die Initiatoren haben nun noch die Möglichkeit, ein Volksbegehren für ein möglichen Volksentscheid zu starten. Hierzu müssen sie innerhalb eines halben Jahres 80.000 Unterschriften hinter sich bringen.

Allerdings: Das Abkommen wird in der Jamaika-Koalition unterschiedlich beurteilt. CDU und FDP befürworten es, die Grünen lehnen es ab. So ähnlich steht es auch im Koalitionsvertrag. Daher wird sich die Landesregierung bei einer möglichen Beschlussfassung über CETA im Bundesrat enthalten, was faktisch als Ablehnung gewertet wird. Die Volksinitiative hatte die Landesregierung aufgefordert, gegen das Abkommen zu stimmen.

„Die CDU war und ist für eine vollständige Umsetzung“, erklärte Hartmut Hamerich. Man werde sich einer Globalisierung nicht entziehen können. „Wir wollen Protektionismus überwinden und eine Chance, die Globalisierung zu gestalten“, warb der Unionsabgeordnete. Mit dem „freiheitlichen und demokratischen Kanada“ habe die EU „einen idealen Partner“ gefunden. Ähnlich äußerte sich FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen wäre das Abkommen „sehr gut, um einfachen Marktzugang zu haben“.

Grüne lehnen „Klageprivilegien für Konzerne“ ab

Internationaler Handel sei ein Mehrwert für alle, unterstrich auch Rasmus Andresen vom Grünen Koalitionspartner. Seine Fraktion aber glaube, dass CETA nicht dazugehöre. Denn: Wenn große „Handelsblöcke“ wie Kanada und die EU Abkommen schließen, gehe das immer zu Lasten von Entwicklungsländern. Und: „Der Investorenschutz ist noch verankert. Das ist unser Hauptgrund, denn Klageprivilegien für Konzerne lehnen wir ab.“

Diese Argumente wies Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) zurück. Es würden Zölle abgeschafft, es entstünden weniger Kosten, Firmen hätten einen deutlich besseren Zugang zum Markt. Gerade Handelsverträge wie CETA sicherten weltweit „hohe Handelsstandards“, die „eine Voraussetzung gegen Armut und Instabilität“ sein könnten, sagte der Minister. Für seine Rede im Parlament wurde er anschließend von der SPD-Abgeordneten Sandra Redmann gerügt, die sich eine Einmischung eines Regierungsministers in eine reine Parlamentsentscheidung vehement verbat.

CETA „ist noch nicht durch“

Die SPD würde CETA ablehnen, wenn die Sozialdemokraten nicht substantielle Verbesserungen in den Verhandlungen erreicht hätten, hatte zuvor Regina Poersch (SPD) das Abstimmungsverhalten ihrer Fraktion begründet. So sei es zum Beispiel gelungen, statt privater Schiedsstellen öffentlich legitimierte Gerichte einzurichten. „Wir sind aber noch nicht durch. Das Abkommen muss jetzt von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden. Das gibt Gelegenheit weitere noch offene Punkte anzusprechen“, sagte sie.

Claus Schaffer (AfD) unterstützte die Volksinitiative, „obwohl klar wird, dass es noch viele Fragen gibt“. Auch der SSW stellte sich hinter die Initiative und ihre Forderungen. Lars Harms (SSW) kritisierte die Begründung der Koalitionsfraktionen für die Ablehnung. „CDU, Grüne und FDP bleiben den Wählern noch etwas schuldig. Die Initiatoren der Volksinitiative haben es nicht verdient, so inhaltsleer abgespeist zu werden“, sagte er.

Ausschuss-Empfehlung

Entscheidung über die Zulässigkeit der Volksinitiative „Schleswig-Holstein stoppt CETA“
Antrag der Volksinitiative – Drs. 19/259(neu)
Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses – Drucksache 19/440(neu)