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14. Dezember 2017 – Top 4: Anwohnerbeiträge

Landtag kippt Zwangsbeiträge für Straßenausbau

Kommunen ist es künftig wieder freigestellt, ob sie ihre Anwohner an den Kosten für Straßenausbauarbeiten beteiligen oder nicht. Dem entsprechenden Gesetz stimmten alle Fraktionen zu, nur die SPD enthielt sich.

Baustelle Straßenbau
Wer zahlt, wen gebaut wird, sollen die Kommunen selbst entscheiden. Foto: dpa, Frank Rumpenhorst

Die Jamaika-Koalition will es den Kommunen wieder freistellen, ob sie ihre Anwohner an den Kosten für Straßenausbau­arbeiten beteiligen oder nicht. In dem zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf wird die 2012 von der rot-grün-blauen Vorgänger­regierung eingeführte „Pflicht“-Erhebung zurückgeschraubt. Im Plenum zeichnet sich bei der Ersten Lesung im September breite Unterstützung für die anvisierte „Kann-Regelung“ ab – nur die SPD beklagte, das Land wälze Probleme auf die Kommunen ab.

Eine Ausschussempfehlung zur Abstimmung liegt allerdings noch nicht vor. Der Innen- und Rechtsausschuss will erst am Mittwoch-Morgen vor Eröffnung der Plenartagung beraten. Ende November waren nach einer Anhörung im Ausschuss einige Fragen offen geblieben. Viele Städte und Gemeinden zögern noch, ob sie künftig auf die Straßenausbau­beiträge von Anwohnern verzichten sollen.

Deutlicher Ruf nach Beteiligung des Landes

Deutlich wurde bei den Stellungnahmen von Kommunen, Verbänden und Interessen­organisationen, dass es zu einem Konflikt von Kommunen mit solider Kassenlage und solchen mit klammen Finanzen kommen könne und dies zu einer Ungleichbehandlung der Bürger führen würde – also dann wenn die eine Stadt oder Gemeinde auf Ausbaubeiträge verzichten kann, die andere aber nicht. Breite Einigkeit herrschte schließlich in dem Ruf nach Landesgeldern für den kommunalen Straßenausbau bei einem Verzicht der Kommune auf Anwohnerbeiträge – etwa über eine schnelle Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs.

Nicht bestritten wurde bei der Anhörung, dass die Kostenbelastung für betroffene Grundeigentümer sehr erheblich sein kann – für Private wie für Unternehmen. Ein rekordverdächtiger Straßenausbau­beitrag in Schleswig-Holstein wurde im Oktober bekannt: Ein Landwirt aus Lütjenburg (Kreis Plön) soll 189.000 Euro für den Ausbau eines etwa einen Kilometer langen Straßen­abschnitts bezahlen.

Koalition beklagt bürokratischen Aufwand

Die von Jamaika angestrebte Änderung der Gemeindeordnung, die die Aufhebung der Rechtspflicht für Erlasse von Straßenausbau­beitragssatzungen beinhaltet, wird unter anderem damit begründet, dass „der Verwaltungs­aufwand für die Erhebung von Straßenausbau­beiträgen in keinem angemessenen Verhältnis zu den Einzahlungen beziehungsweise Einnahmen stehe.

Der Landtagsdebatte liegt zudem ein Entwurf der AfD für eine Änderung der Kommunal­abgabenordnung vor. Darin werden „größere Gestaltungs­möglichkeiten bei der Verteilung von Beiträgen“ gefordert – etwa bei der Unterscheidung von kleineren Anliegerstraßen und von der breiten Öffentlichkeit genutzten Durchgangsstraßen und Plätzen.

(Stand: 11. Dezember 2017)

Vorherige Debatten:
1. Lesung: September 2017

Kommunen ist es künftig wieder freigestellt, ob sie ihre Anwohner an den Kosten für Straßenausbauarbeiten beteiligen oder nicht. Dem entsprechenden Gesetz stimmten alle Fraktionen zu, nur die SPD enthielt sich. Auch in Zweiter Lesung machten die Sozialdemokraten große Bedenken geltend: „Heute wird politische Zechprellerei also in Gesetzesform gegossen“, erklärte Beate Raudies (SPD).

In dem Gesetz wird die 2012 von der rot-grün-blauen Vorgängerregierung eingeführte „Pflicht“-Erhebung zurückgeschraubt. Streitpunkt in der Debatte war einmal mehr, ob das Land die Kosten kompensieren muss, wenn sich eine Kommune gegen die Erhebung der Abgabe entscheidet. „Davon war nie die Rede“, machte CDU-Fraktionschef Tobias Koch deutlich. Er schlug den Gemeinden eine „moderate Anhebung von Grund- und Gewerbesteuer“ vor.  

„Die Beitragserhebung ohne finanziellen Ausgleich ist eine Mogelpackung. Und unsere Zustimmung für diesen Murks bekommen Sie nicht“, machte hingegen Beate Raudies deutlich. Sie verwies darauf, dass „landauf, landab“ Gemeindevertretungen  Resolutionen beschließen würden mit einer Aufforderung, das Land möge die Kosten kompensieren. „Plön, Schleswig oder Tornesch sind nur Beispiele“, sagte Raudies. Sie hielt der Jamaika-Koalition vor: „Sie tragen den Streit in die kommunale Familie.“

„Kommunalpolitiker fordern mehr Freiheiten“

Die SPD fache mit ihrer Haltung den Streit in den Kommunalvertretungen erst an, konterte  Ines Strehlau (Grüne). Auch sie betonte, im Koalitionsvertrag stehe, dass einer Kommune durch den Verzicht keine Nachteile bei der Genehmigung der Kommunalhaushalte entstehen sollen. Die Mittelzuweisung durch das Land soll unberührt bleiben. „Aber dort steht auch: Über eine Unterstützung durch das Land reden wir. Aber erst, wenn wir über die Finanzierung der Kommunen insgesamt reden, nämlich im Rahmen der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs“, so Strehlau. „Kommunalpolitiker fordern schon lange mehr Freiheiten, mehr Gestaltungsspielräume, die geben wir ihnen jetzt“, schloss Stephan Holowaty (FDP) an. Volker Schnurrbusch (AfD) sprach von einem „richtigen Weg“. Und auch Lars Harms (SSW) erklärte: Das Gesetz bringe Vorteile für viele Bürger. „Das sollte das Maß aller Dinge sein. Wir würden uns freuen, wenn möglichst viele Bürger entlastet werden.“

Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) stellte klar, es gehe im Gesetz um Beiträge für den Umbau, die Sanierung oder Erweiterung und nicht um Kosten für notwendige Unterhaltungsmaßnahmen von Straßen. „Das müssen auch heute schon Kommunen zu 100 Prozent bezahlen“, betonte Grote.  Das nun übertragene Wahlrecht sei eine „Entscheidungsfreiheit“, die eine Kommune bei allen anderen Projekten auch habe.  Diese Wahlfreiheit sei nicht leicht, sondern ein Abwägungsprozess mit Recht und Verantwortung.

2. Lesung

a.) Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Erhebungspflicht für Straßenausbaubeiträge
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP – Drs. 19/150
b.) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes – Abschaffung der Pflicht zur Erhebung von Beiträgen gem. § 8 Abs. 1 KAG
Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drs. 19/159

(Ausschussüberweisung am 22. September 2017)
Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses – Drucksache 19/377