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12. Oktober 2017 – Top 11: Volksbegehren und Volksentscheide

Keine Chance für Absenkung der Quoren

Um mehr bürgernahe Beteiligung zu erreichen und „zur Stärkung der direkten Demokratie“ will die AfD die benötigte Mindestanzahl an Stimmen für Volksbegehren und Volksentscheide senken. Die anderen Fraktionen sind dagegen.

Volksentscheid
Bei einem Volksentscheid müssen bisher 15 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen. Foto: dpa, Stefan Sauer

Die AfD-Fraktion will das Quorum für Volksbegehren und das Zustimmungsquorum für Volksentscheide senken. Dafür soll die Landesverfassung entsprechend geändert werden. So fordert sie, bei der Herbeiführung eines Volksbegehrens die bisher notwendigen 80.000 Unterschriften auf 50.000 zu verringern. Und bei einem Volksentscheid sollen statt der bisherigen 15 Prozent nur noch fünf Prozent der Wahlberechtigten zustimmen müssen.

Die von der Fraktion der AfD angestrebte Änderung wird unter anderem damit begründet, dass die bisherigen Quoren für Volksbegehren und -entscheid „hohe Hürden“ darstellen und somit einer „bürgernahen Beteiligung“ der Gesetzgebung widersprechen. Anders als es die Verfassung vorsehe, bestehe laut der Oppositionsfraktion derzeit die Gefahr, „dass die Bürger von einer direkten Mitbestimmung bei dem Erlass von Gesetzen ausgeschlossen sind“.

(Stand: 9. Oktober 2017)

Stichwort: Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid

Wie in anderen Bundesländern gibt es auch in Schleswig-Holstein zwei Wege der Gesetzgebung: Die Verabschiedung durch den Landtag und den Volksentscheid. Dazu sieht die Landesverfassung drei Stufen vor.

Volksinitiative: 
Hierfür müssen die Antragsteller mindestens 20.000 Unterstützer-Unterschriften sammeln. Der Landtag prüft dann die Zulässigkeit: So darf die Initiative nicht in die Haushaltshoheit des Parlaments eingreifen und nicht den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaats widersprechen. Gibt das Plenum grünes Licht, hat das Parlament vier Monate Zeit, um über die Initiative zu beraten - und sie gegebenenfalls anzunehmen.

Volksbegehren:
Lehnt das Parlament die Volksinitiative ab, können die Initiatoren ein Volksbegehren starten. Hierzu müssen sie innerhalb eines halben Jahres 80.000 Unterschriften hinter sich bringen. Die Listen liegen dann in Ämtern aus; zudem können die Initiatoren auch auf der Straße Unterschriften sammeln.

Volksentscheid: 
Ist ein Volksbegehren erfolgreich, muss innerhalb von neun Monaten ein Volksentscheid stattfinden. Der Gesetzesvorschlag gilt als angenommen, wenn die Mehrheit der Wähler zustimmt und wenn mindestens 15 Prozent aller Wahlberechtigten dafür sind. Das entspricht rund 330.000 Stimmen der Schleswig-Holsteiner. Bei einem Volksentscheid über eine Verfassungsänderung müssen zwei Drittel derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, zustimmen, jedoch mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten.

Um mehr bürgernahe Beteiligung zu erreichen und „zur Stärkung der direkten Demokratie“ will die AfD die benötigte Mindestanzahl an Stimmen für Volksbegehren und Volksentscheide senken. Der entsprechende Entwurf für eine Änderung der Verfassung fand bei den anderen keine Unterstützung. Eine gut organisierte Minderheit dürfe nicht über eine desinteressierte Mehrheit bestimmen – das gefährde die Demokratie, so der Tenor bei den anderen Fraktionen.

AfD-Fraktionschef Jörg Nobis forderte, für die Herbeiführung eines Volksbegehrens die bisher notwendigen 80.000 Unterschriften auf 50.000 zu verringern. Und bei einem Volksentscheid sollen statt der bisherigen 15 Prozent nur noch fünf Prozent der Wahlberechtigten zustimmen müssen. „Seit 1995 wurde nur ein einziges Mal ein Volksbegehren erreicht“, sagte Nobis. Als sich kein Zuspruch für den Vorstoß abzeichnete, warf er den Abgeordneten der anderen Fraktionen vor, sie würden das Volk für „unmündig“ halten.

CDU: Sachverhalte nicht auf Ja oder Nein reduzieren

Nur die Feststellung, dass es nicht viele Volksentscheide und Begehren gab, bedeute nicht, dass die derzeitigen Quoren ins Leere laufen, entgegnete Claus Christian Claussen (CDU). Im Gegenteil: „Es zeigt, dass das Parlament gute Arbeit macht.“ Komplexe Sachverhalte könnten nicht auf Ja/Nein-Entscheidung reduziert werden, warnte er. Volksentscheide ergänzen und stärken die Demokratie, anstatt sie zu ersetzen, schloss Thomas Rother (SPD) an. Er warf der AfD vor, ihr gehe es vor allem „um die Mäßigung des Parlaments“.

Grüne: „Mitwirkungsmöglichkeit in bester Verfassung“

Burkhard Peters (Grüne) betonte, dass das Unterstützungsquorum für Volksbegehren und -entscheide in Schleswig-Holstein bereits das Niedrigste in allen Bundesländern sei. Zudem gebe es lange Fristen. „In der Gesamtschau ist die unmittelbare demokratische Mitwirkungsmöglichkeit in bester Verfassung“, so Peters. „Die Quoren liegen durchaus in einem erreichbaren Feld. Wir stellen den Bürgern handhabbare Möglichkeiten zur Verfügung“, unterstrich auch Kay Richert (FDP), und Lars Harms ergänzte: „Elemente direkter Demokratie sind nur eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie.“

Für Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) gibt es „keinen Handlungs-, sondern nur einen Erklärungsbedarf“. Er skizzierte die umfangreichen Möglichkeiten von Volksabstimmungen und nannte den Gesetzentwurf der AfD „weder hilfreich noch annähernd demokratisch“.

Im Innen- und Rechtsausschuss wird jetzt die Zweite Lesung vorbereitet.

1. Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein – Absenkung Quorum Volksbegehren und Absenkung Zustimmungsquorum Volksentscheid
Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drucksache 19/258