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Die Koalition hält bei der Überarbeitung der Regionalpläne daran fest, die Abstände von Windrädern zu Ortssiedlungen zu erhöhen. Anlass der Windkraft-Debatte war ein Vorstoß der SPD für eine Beschleunigung der Planung.
Die SPD macht Druck beim Ausbau der Windenergie im Land und fordert einen „zügigen Abschluss“ der Regionalplanung für Windkraftanlagen. In einem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, „die begonnene Neuaufstellung der Flächenplanung auf Basis landesweit einheitlicher Kriterien und den Vorgaben des Urteils des OVG Schleswig vom 20. Januar 2015 fortzusetzen, da ansonsten die Rechtssicherheit der Planung massiv gefährdet ist.“ Zugleich warnen die Sozialdemokraten davor, dass notwendige Änderungen dabei nicht einseitig zu Lasten von Mensch, Denkmal-, Natur-, Landschafts- oder Artenschutz gehen dürften.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat Anfang Oktober gesagt, dass die Landesregierung in Kürze einen konkreten Zeitplan für die von seinem Kabinett in Überarbeitung befindlichen Regionalpläne vorlegen werde. Laut Koalitionsvertrag sind in der Regel die Abstände von Windkraftanlagen zu Einzelhäusern auf bis zu 500 Meter und zu geschlossener Bebauung auf bis zu 1.000 Meter definiert. Die neue Regierung will dafür das Repowering (Erneuerung alter Anlagen) erleichtern. Aktuell sind Abstände von 400 beziehungsweise 800 Meter vorgesehen.
Eine Überarbeitung der Regionalplanung hatte das Oberverwaltungsgericht Schleswig vor zweieinhalb Jahren gefordert. In ihrem Urteil zur Ausweisung von Windeignungsflächen machten die Richter deutlich, dass der Bürgerwillen allein nicht ausschlaggebend sein könne. Sie rügten unter anderem, dass von vornherein jene Gemeinden von der Ausweisung von Eignungsflächen ausgeschlossen wurden, die gegen die Windkraftnutzung votiert hatten.
Um den Ausbau trotzdem voranzutreiben und dabei Wildwuchs zu verhindern, entschied der Landtag daraufhin, neue Anlagen vorläufig grundsätzlich zu untersagen, zugleich aber Ausnahmen zu erlauben. Die ehemalige Koalition unter SPD-Ministerpräsident Torsten Albig legte den Zeitraum des Planungsstopps für neue Windkraftanlagen bis September 2018 fest – dann sollte die neue Regionalplanung endgültig abgeschlossen sein. Stellungnahmen zu den ursprünglich definierten 354 Vorrangflächen für die Windenergiegewinnung waren bis Ende Juni möglich.
Im Kern plante die alte SPD/Grünen/SSW-Regierung, das Aufstellen von Windrädern auf 1,98 Prozent der Landesfläche zu erlauben. Etwa ein Viertel der Fläche wäre neu. Aktuell stehen zwischen Nord- und Ostsee rund 3.100 Windräder. Bis 2025 sollten 500 dazu kommen, um dann insgesamt zehn Gigawatt Leistung aus erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen. Für 1.300, die außerhalb der von Rot-Grün-Blau geplanten Zonen gestanden hätten, sollte es Bestandsschutz geben, sie hätten aber nicht im Zuge des Repowerings durch neue ersetzt werden dürfen.
Zwischenzeitlich schreibt die Neuordnung der Ökostrom-Förderung fest, dass es wegen noch bestehender Engpässe in den weiterleitenden Stromnetzen weniger Tempo beim Windkraft-Ausbau geben solle. Von den bundesweit jährlich 2.500 Megawatt Windkraft-Leistung, die von 2017 an jährlich neu gebaut werden sollen, dürfen nur maximal 902 Megawatt in „Netzausbaugebieten“ in Norddeutschland entstehen. Je nach Größe einzelner Anlagen entspricht das zwischen 120 und 200 Windrädern in Norddeutschland.
Auf der jüngsten Windmesse Husum hat Ministerpräsident Günther laut Zeitungsberichten angedeutet, dass bis Herbst 2018 die von seiner Regierung überarbeiteten Pläne vorliegen könnten, es dann aber ein weiteres Jahr bis zur Herstellung der Rechtssicherheit wegen zu erwartender Klagen dauern würde. Das hieße: Der derzeit bis Herbst 2018 verhängte Planungsstopp für neue Windkraftanlagen müsste erneut, voraussichtlich bis mindestens Frühjahr 2019, verlängert werden. Schlagzeilen machte der Ausspruch des Regierungschefs in Husum, er fände Windkraft „cool“.
Windanlagen in Schleswig-Holstein haben im vergangenen Jahr 26 Prozent des hierzulande erzeugten Stroms erzeugt. Angaben des Statistikamts Nord zufolge stieg die gesamte Stromproduktion des Landes 2016 um vier Prozent auf rund 35 Millionen Megawattstunden. Im Bereich des Landstroms gab es aber trotz des Baus neuer Anlagen und des Ersetzens alter durch leistungsstärkere Rotoren einen Rückgang um 5,6 Prozent auf knapp 9,1 Millionen Megawattstunden, weil das Jahr windschwach war.
Vor der Küste Schleswig-Holsteins wurden im vergangenen Jahr fast 5,8 Millionen Megawattstunden Strom erzeugt und damit gut 43 Prozent mehr als im Vorjahr. Offshore-Windstrom erreichte damit einen Anteil von 16,5 Prozent an der gesamten Stromerzeugung. Insgesamt lieferten erneuerbare Energien rund 55 Prozent der Stromproduktion. Fossile Träger steuerten bei einem Rückgang um 5,7 Prozent auf gut vier Millionen Megawattstunden 11,5 Prozent zur Stromerzeugung bei. Der Anteil der Kernenergie betrug mit einem Zuwachs von 2,9 Prozent auf 11,5 Millionen Megawattstunden fast 33 Prozent.
(Stand: 9. Oktober 2017)
Die Jamaika-Koalition hält bei der Überarbeitung der Regionalpläne für den Windkraftausbau an ihrem Vorhaben fest, die Abstände von Windrädern zu Ortssiedlungen von 800 auf 1.000 Meter zu erhöhen. Zudem wollen CDU, Grüne und FDP prüfen, ob durch das sogenannte Repowering – dem Ersetzen alter Windkraftanlagen durch größere – eine Flexibilisierung der Abstände möglich ist.
Die Regionalpläne und der Streit darum gehen auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Schleswig aus dem Frühjahr 2015 zurück. Die Richter hatten unter anderem gerügt, dass bei der früheren Regionalplanung Gemeinden von vornherein von der Ausweisung von Eignungsflächen ausgeschlossen worden waren, weil sie gegen den Windkraftausbau votiert hatten. Um den Bau neuer Anlagen nicht ganz zu stoppen und zugleich einen Wildwuchs zu verhindern, beschloss der Landtag in der vorigen Wahlperiode, Neubauten vorläufig grundsätzlich zu untersagen, aber Ausnahmen zu erlauben.
Den aktuell vorgesehenen Fahrplan bei der Neugestaltung der Regionalplanung hatte am Mittwoch Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in einer Regierungserklärung vorgegeben. Demnach sollen rund 6.500 Einsprüche gegen die alte Ausbauplanung bis Jahresende abgearbeitet werden und neue Planungen bis Mitte 2018 vorliegen.
Anlass der Debatte war ein Vorstoß der SPD, die die Landesregierung Antrag auffordern wollte, die Planung zügig voranzutreiben. Verzögerungen gefährdeten die Energiewende und viele hundert Arbeitsplätze, heißt es in dem Antrag, der von der Koalition schließlich abgelehnt wurde.
„Sie fahren die Energiewende an die Wand“, warnte Thomas Hölck (SPD) in der Debatte vor weiteren Verzögerungen. Der Landtag könne das bis Ende 2018 gültige Moratorium für einen Planungsstopp nicht rechtssicher verlängern. In diesem Fall sei mit Klagen zu rechnen. Zudem wäre angesichts der drohenden Rechtsunsicherheit mit einem Wildwuchs beim Windkraftausbau zu rechnen. Schon jetzt lägen Anträge für die Ausnahmegenehmigungen von 693 Windkraftanlagen vor.
Derzeit würden kaum Ausnahmegenehmigungen erteilt, weil Rechtssicherheit fehle, sagte Hölck. Fast 700 Anträge warteten derzeit auf eine Genehmigung. Es gebe einen Investitionsstau von drei Milliarden Euro. Hölck verwies darauf, dass in der Windbranche 12.000 Arbeitsplätze im Land geschaffen wurden. Die maritime Industrie samt Zulieferern habe 9.500.
„Wir streiten nicht über das Ob, sondern über das Wo und das Wie“, versuchte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) zu beschwichtigen. Klar sei, dass der Windkraftausbau mit größtmöglicher Akzeptanz in der Bevölkerung erfolgen müsste. „Wir müssen die Energiewende mit den Menschen umsetzen“, sagte Grote und versprach, die 6.500 Einwendungen mit Hochdruck „gründlich“ abzuarbeiten.
Hierfür will die Landesregierung die Kommunen „vom Risiko gemeindlicher Planungen entlasten“, die Regionalpläne zur Grundlage machen, eine Konzeptionsplanung auf den Weg bringen, den bestehenden Wildwuchs zurückbauen, die Planung am Ziel von zehn Gigabit Energieerzeugung ausrichten und die Abstände vergrößern. Mit Blick auf das auslaufende Moratorium stellte Grote klar, dass es möglich sei, den drohenden Wildwuchs über die Planungsgesetzgebung zu verhindern.
Der Koalition komme es darauf an, wieder mehr Akzeptanz für den Windkraftausbau zu schaffen, stellte auch die CDU-Abgeordnete Petra Nicolaisen klar. Klar sei, dass dort wo der Wind weht und wo Anlangen akzeptiert sind, auch weiterhin Windenergie produziert werden solle. „Es wäre Schwachsinn, die Repoweringflächen ins Landesinnere zu verlegen“, sagte Nicolaisen. Ein Grundsatz-Antrag der Koalitionsfraktionen wurde gegen die Stimmen der Opposition angenommen.
Bernd Voß von den Grünen räumte ein, „die Verzögerungen durch das OVG-Urteil machen uns schwer zu schaffen“. Das Moratorium könne nicht beliebig verlängert werden. Deshalb werde es, wenn nicht zügig Ergebnisse geliefert werden, schwierig mit einer geordneten Umsetzung der Energiewende. Anschließend warf Oliver Kumbartzky (FDP) der SPD vor, von eigenen Versäumnissen abzulenken. Die Sozialdemokraten hätten die Bedenken der Bevölkerung nicht ernst genommen und „aus Windkraftbefürwortern Windkraftgegner gemacht“.
Grundsätzliche Skepsis gegenüber der Windenergie an Land äußerte Doris von Sayn-Wittgenstein (AfD). Die Windkraftanlagen hätten „alte Kulturlandschaften in Industriegebiete verwandelt“. Zudem würden die Abstände zu den Siedlungen an „Körperverletzung“ grenzen. Der weitere Ausbau der Windkraft müsse grundsätzlich „auf dem Meer“ (Off-Shore) stattfinden.
Lars Harms (SSW) warnte schließlich davor, die bestehenden Regionalpläne zu verwerfen. Wer den laufenden Prozess gefährde oder gar abbreche, der „handelt politisch grob fahrlässig“, so Harms. Der Ausbau der Windenergie wäre dann über Jahre gefährdet, weil dann die rechtliche Planungsgrundlage fehlen würde.
Laut Koalitionsvertrag sind in der Regel die Abstände von Windkraftanlagen zu Einzelhäusern auf bis zu 500 Meter und zu geschlossener Bebauung auf bis zu 1.000 Meter definiert. Die neue Regierung will dafür das Repowering (Erneuerung alter Anlagen) erleichtern. Die von der rot-grün-blauen Vorgängerregierung veranlasste Regionalplanung sah Abstände von 400 beziehungsweise 800 Meter vor.