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Die Gesellschaft wird immer älter, doch die Zahl der Pflegekräfte kann mit der stetig steigenden Anzahl pflegebdürftiger Menschen kaum noch Schritt halten. Vielerorts wird bereits offen von einem Pflegenotstand gesprochen.
Das Thema Pflege ist im derzeitigen Bundestagswahlkampf brandaktuell. Nun bringt die SPD-Fraktion im Landtag den Pflegenotstand auf die Tagesordnung der kommenden Plenartagung. Sie fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für eine „einheitliche verbindliche Personalabmessung“ in allen Pflegeberufen einzusetzen. Es soll also eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, die vorgibt, wie viele Patienten eine Pflegekraft höchstens betreuen darf.
Der Fachkräftemangel in den Pflegeberufen führte unter anderem dazu, dass Stationen in Krankenhäusern vorübergehend schließen müssen, betonen die Sozialdemokraten in ihrem Antrag. Daher wollen sie die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass Pflegefachkräfte „den Beruf psychisch und physisch auch dauerhaft ausüben können“ – um ihn gleichzeitig für Nachwuchskräfte attraktiver zu machen.
Laut einer aktuellen Studie der Böckler-Stiftung betreut eine Pflegekraft in Deutschland im Schnitt 13 Patienten. Dagegen kommen in der Schweiz und in Schweden etwa acht Pflegebedürftige auf eine Krankenschwester. In den USA liegt das Verhältnis bei durchschnittlich eins zu fünf. Deutschland ist somit Schlusslicht im internationalen Vergleich, die Arbeitsbelastung hierzulande ist im Vergleich besonders hoch.
In Schleswig-Holstein leben nach Angaben der Arbeiterwohlfahrt derzeit rund 89.000 pflegebedürftige Menschen – Tendenz steigend. In ganz Deutschland seien 2,8 Millionen Menschen auf ambulante und stationäre Pflege angewiesen. Bis 2030 könnte sich die Zahl auf 3,6 Millionen Menschen erhöhen.
In Krankenhäusern müsste es einer Erhebung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zufolge für eine sichere und gute Versorgung bundesweit 162.000 zusätzliche Stellen in Krankenhäusern geben, davon 70.000 Pflegefachkräfte. In Schleswig-Holstein fehlen etwa 6000, so die Gewerkschaft.
(Stand: 18.09.2017)
Der Landtag ist sich einig: In der Pflege krankt es an allen Ecken und Enden. Deshalb müsse schnell gehandelt werden. Einzig bei Enthaltung der SPD verabschiedete das Parlament einen Antrag von CDU, Grünen und FDP, der die Landesregierung auffordert, sich auf Bundesebene für verpflichtenden Personaluntergrenzen in Krankenhäusern, für bundeseinheitliche Standards bei der Personalbemessung in der Pflege sowie für die Beachtung des Arbeitsschutzes einzusetzen.
Angestoßen hatte die Debatte die SPD. Sie wollte die Landesregierung auffordern, sich für eine „einheitliche verbindliche Personalabmessung“ in allen Pflegeberufen einzusetzen. Es müsse eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, die vorgibt, wie viele Patienten eine Pflegekraft höchstens betreuen darf, machte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Birte Pauls, deutlich. Andernfalls drohe der pflegerischen Versorgung in kurzer Zeit ein Kollaps.
„Erst wenn die Rahmenbedingungen wieder stimmen, ein Dienstplan wieder verlässlich ist, genügend Personal in den Schichten da ist, um den beruflichen Ansprüchen sowie der Würde und Sicherheit der Patienten im Krankenhaus und der Bewohner in den Pflegeeinrichtungen gewährleistet werden kann, dann kommen und bleiben die Pflegekräfte auch wieder in diesen eigentlich wunderbaren Beruf“, sagte Pauls.
Die Jamaika-Koalition werde die Pflege stärken, versprachen die Gesundheitspolitikerinnen von CDU und Grünen, Katja Rathje-Hoffmann und Marret Bohn. Beide verwiesen auf bereits umgesetzte Maßnahmen im Bund. So seien mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz ein Pflegestellen-Förderungsprogramm in Höhe von 660 Millionen Euro für die Jahre 2016 bis 2018 und ein Pflegezuschlag von jährlich 500 Millionen Euro für mehr Pflegepersonal auf den beschlossen worden.
„Und es werden neue Pflegedokumentationen auf den Weg gebracht, um zu entbürokratisieren und um mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten zur Verfügung zu haben. Außerdem soll die Pflege in sensiblen Bereichen der Krankenhäuser mit Personaluntergrenzen gezielt gestärkt werden“, erklärte Rathje-Hoffmann. Bohn ergänzte, sie wünsche sich ein Sofortprogramm im Bund für die Pflege mit einem Etat von einer Milliarde Euro.
Dennys Bornhöft (FDP) forderte, umgehend Maßnahmen zur Personalgewinnung und Imagekampagnen für den Pflegeberuf zu starten. Zudem müsse mit dem Abbau von Bürokratie dafür gesorgt werden, dass wieder mehr Zeit für Pflege vorhanden ist.
Der AfD-Politiker Frank Brodehl sprach sich für eine Erhöhung des Pflegeschlüssels aus, damit Pfleger „wieder motiviert arbeiten können“. Und der SSW fordert für Schleswig-Holstein eine höhere Investitionskostenfinanzierung der Krankenhäuser. „Die Kliniken finanzieren derzeit oftmals nötige Investitionen aus laufenden Betriebskosten – und das sind eben auch die Personalkosten.“ Eine auskömmliche Finanzierung würde dieses Schlupfloch schließen, so SSW-Mann Flemming Meyer.
Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) verwies darauf, dass die aktuelle Situation in der Pflege in großen Teilen auf bundesgesetzliche Gesetzgebung basiere. So seien das Fallpauschalen-Modell oder die „zersplitterte Versorgungslandschaft“ politisch gewollt. „Personalmindestvorgaben sind richtig, aber müssen eingehalten werden“, mahnte der Minister. Er kündigte eine Million Euro zusätzlich in 2018 für die vom Land finanzierten Schulplätze für die Altenpflege, ein Landesstipendium für Pflegekräfte sowie Wiedereinstiegsprogramme für den Beruf an.
Die vorliegenden Anträge von SPD und AfD fanden keine Mehrheit.