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19. Juli 2017 – Nachbetrachtung zum G20-Gipfel

Landtag prangert „unvorstellbar brutale Gewalt“ an

Die Krawalle beim G20-Gipfel in Hamburg lösen im Landtag eine Diskussion über die politische Orientierung der Gewalttäter aus. CDU und AfD halten der SPD vor, sich nicht deutlich genug von den Randalierern zu distanzieren. Sie weist die Vorwürfe zurück.

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Bewohner des Schanzenviertels in Hamburg säubern besprühte Fassaden nach den Krawallen beim G20-Gipfel. Foto: dpa, Christophe Gateau

Die Ereignisse rund um den G20-Gipfel in Hamburg beschäftigen auch den Schleswig-Holsteinischen Landtag. CDU, Grüne und FDP stellen sich hinter die Einsatzkräfte und verurteilen die Krawalle „aufs Schärfste“. Denn: In einem Rechtsstaat könne Gewalt, Brandschatzung und Vandalismus nicht gerechtfertigt werden, heißt es in ihrem Antrag.

Gleichzeitig bedanken sich die Koalitionsfraktionen bei den Polizei- und Rettungskräften, die während des Gipfeltreffens im Einsatz waren. Ihnen gelte Respekt und Anerkennung.

SPD: „Null Toleranz bei Gewalt“

Die SPD-Fraktion schließt sich dem im Grundsatz an, ergänzt aber einige Aspekte in ihrem Antrag. Es gebe viele Gründe, friedlich gegen Globalisierungspolitik zu demonstrieren. Allerdings werde das Recht auf Demonstration von denjenigen abgewertet, „die mit oder ohne politische Begründung Gewalt ausüben“. Zudem fordern die Sozialdemokraten eine Initiative vom Bundesinnenministerium, so „dass sich die Sicherheitsbehörden in Europa vernetzen“.

Am Rande des Treffens der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer Anfang Juli in Hamburg war es zu schweren Ausschreitungen gekommen. Unter anderem plünderten gewaltbereite Demonstranten Geschäfte, zerstörten Autos und griffen Polizisten an. Im Einsatz waren auch rund 1.800 Polizisten aus Schleswig-Holstein.

(Stand: 14.07.2017)

Die Krawalle beim G20-Gipfel in Hamburg haben im Schleswig-Holsteinischen Landtag einen Streit über die politische Einordnung der Gewalttäter und das Verhältnis der SPD zu ihnen ausgelöst. Vor allem CDU und AfD hielten den Sozialdemokraten vor, sich nicht deutlich genug von den Krawallmachern zu distanzieren. Die SPD wies die Vorwürfe zurück. Fraktionsübergreifend verurteilten alle Redner die „unvorstellbar brutale Gewalt“ und dankten den beim Gipfel eingesetzten Polizisten. Sie seien bis an ihre Erschöpfungsgrenze gegangen.

„Der Versuch von Ihnen, Herr Dr. Stegner, und dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, alles was links ist, per se mit Frieden und Toleranz gleichzusetzen, ist schlichtweg Unsinn. Die politische Linke und Gewaltanwendungen schließen sich keinesfalls gegenseitig aus“, hielt CDU-Fraktionschef Tobias Koch dem Oppositionsführer vor. Stegner hatte sich via Twitter mit seinem Parteigenossen Tom Schreiber eine Auseinandersetzung über die politsche Einordnung der Krawalle geliefert und erklärt, die Täter seien keine Linken. Koch sagte, die einzig richtige und verantwortungsvolle Reaktion auf G20 könne nur darin bestehen, dass alle demokratischen Kräfte gemeinsam Gewaltexzesse verurteilen und dabei auch die Täter eindeutig benennen.

Vogt kritisiert „Realitätsverweigerung“

Ähnlich äußerte sich Christopher Vogt (FDP): „Herr Dr. Stegner, es ist doch eigentlich keinem vernunftbegabten Menschen zu erklären, warum Sie wiederholt öffentlich erklärt haben, dass jemand, der Gewalt ausübt, nicht links sein kann.“ Wenn dies so wäre, müsste man sich mit dem Linksextremismus nicht mehr ernsthaft beschäftigen und weite Teile der jüngeren Geschichte müssten neu geschrieben werden. „Das hat mit der Realität nichts zu tun“, sagte Vogt.

Noch weiter ging Claus Schaffer (AfD). Der Staat habe angesichts „einer entfesselten linkorientierten Gewalt“ in Hamburg die Kontrolle verloren. Linksextremismus habe „den Staat entmachtet, den Krieg erklärt und offenen Terror ausgeübt.“ Dieser Extremismus werde auch von der SPD unterstützt, so Schaffer: „Sie haben ein Linksextremismus-Problem.“

Stegner: „Mit Gewalttätern haben wir nichts gemein“

Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) zeigte sich angesichts der Anschuldigungen erbost. Sozialdemokraten hätten Rechte und Freiheiten immer verteidigt und bräuchten keine Ratschläge. „Wir sind von links wie von rechts gewaltsam verfolgt und bedroht worden. Mit Gewalttätern haben wir überhaupt nichts gemein. Jeden Vorwurf in diese Richtung - und sei es auch nur, wir würden damit klammheimlich sympathisieren - weise ich mit aller Entschiedenheit zurück“, entgegnete er.

Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben erklärte, bei der Aufklärung dürfe es nicht um Partei-Taktik gehen. Sie halte es für problematisch, wenn in Hamburg eine Sonderkommission zur Aufarbeitung aller Straftaten gegründet werde, aber Bürgermeister Olaf Scholz den Vorwurf zu Übergriffen durch die Polizei pauschal vom Tisch wische. „Genauso erschrocken bin ich über die angebliche Polizeistrategie, das Wohlergehen der Staatsgäste tatsächlich über das Wohlergehen der Hamburger Bevölkerung zu stellen.“

Harms: Jetzige Gesetze reichen aus

Lars Harms (SSW) schließlich sprach sich gegen Gesetzesverschärfungen aus. „Die gesetzliche Lage ist vollumfassend und tragfähig. Doch natürlich müssen die Geschehnisse einsatztaktisch nachbereitet werden“, forderte er.

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) mahnte, linksextreme Gewalt nicht zu verharmlosen. „Wir dürfen auf diesem Auge nicht blind sein.“ Man dürfe sich von Straftätern nicht vorschreiben lassen, wo Treffen und Demonstrationen gegen solche Treffen stattfinden. Die Polizei nahm Günther in Schutz: „Die Straftäter sind aus ganz Europa angereist. Sie wollten Gewalt, da bedurfte es keiner Provokation.“

Der Landtag nahm die Anträge von CDU und SPD an. Die AfD stimmte mehrheitlich dagegen.

Antrag

Rechtsstaat muss politisch motivierter Gewalt konsequent begegnen
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP
Drucksache 19/78 (neu)

Antrag

Recht auf friedliche Demonstration sichern – null Toleranz bei Gewalt
Antrag der Fraktion der SPD zu "Rechtsstaat muss politisch motivierter Gewalt konsequent begegnen" Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP
Drucksache 19/81