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6. März 2025 – Gewalt gegen Frauen

Elektronische Fußfessel für Stalker: Positive Reaktionen

Bei einer Anhörung im Innen- und Rechts- sowie dem Sozialausschuss wird die Einführung einer elektronischen Fußfessel insgesamt positiv bewertet. Doch es gilt noch einige Fragen zu juristischen und technischen Details zu klären.

Eine geballte Faust dominiert das Bild. Im Hintergrund kauert eine verängstigte Frau am Boden.
Die elektronische Fußfessel soll gegen Gewalt an Frauen helfen. Foto: dpa, Maurizio Gambarini

Die Polizei registriert seit Jahren steigende Zahlen bei Übergriffen gegen Frauen, auch in Schleswig-Holstein. Die Bedrohung geht häufig vom Lebensgefährten oder Ex-Partner aus. Um die Opfer besser vor Verfolgung und Gewalt zu schützen, plant die schwarz-grüne Koalition die Einführung einer elektronischen Fußfessel. Die Geräte lösen einen Alarm bei der Polizei aus, wenn ein potentieller Täter sich seinem Opfer nähert. Im Innen- und Rechtsausschuss sowie im Sozialausschuss gab es bei einer Anhörung überwiegend positive Reaktionen auf das „Gesetz zum besseren Schutz von Opfern häuslicher Gewalt und bei Nachstellungen durch den Einsatz der elektronischen Aufenthaltsüberwachung“.

Bislang ist die Fußfessel nur zur Terrorabwehr erlaubt – eine Schutzfunktion gegen Stalking per Landesgesetz wäre juristisches Neuland. Die Regelung soll im Landesverwaltungsgesetz verankert werden. Laut Entwurf könnte eine Person auf richterliche Anordnung „zum Tragen eines technischen Mittels verpflichtet werden“, wenn „Leben, Leib, Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung“ einer anderen Person als gefährdet betrachtet werden. Die Polizei dürfte demnach Daten über den Aufenthaltsort verarbeiten und zu einem Bewegungsbild verbinden. Außerdem könnte die gefährdete Person ebenfalls einen Detektor bei sich haben, der die Annäherung des möglichen Täters signalisiert. Damit wäre der Schutzraum nicht mehr nur auf die Wohnung begrenzt, sondern beweglich. Dieses Modell wird in Spanien angewendet.

Voraussetzungen müssen klar definiert werden

Es gehe oft um „hochgradig gewaltbereite Störer“, die „immer weitermachen“, so die Kieler Rechtsanwältin Kerstin Bartsch. Sie vertritt seit Jahren Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind. Bislang seien die Gerichte, „überhaupt nicht in der Lage, jeden einzelnen Verstoß zu sanktionieren“. Mit einer Fußfessel „können wir diese Menschen schnell eindämmen und die Frauen schützen“, hoffte sie. Künftig solle „nicht erst abgewartet werden, bis es zu einer weitgehenden Verletzung der Frau gekommen ist“, betonte die CDU-Abgeordnete Birte Glißmann (CDU). Es müsse möglich werden, „vorher einzuschreiten“. Allerdings müsse es dafür „konkrete Standards“ geben: „Die Tatsache, dass eine Frau sich von einem Mann trennt, reicht nicht.“

Die „rechtstaatlichen Grenzen“ unterstrich auch Prof. Stefanie Grünewald von der Akademie der Polizei in Hamburg. Es handele sich um „polizeiliche Maßnahmen auch gegen potentiell Unschuldige“, deswegen müssten die Voraussetzungen für das Anlegen der Fußfessel klar definiert werden. Zudem sei bei einer Ausweitung des Abstandsgebots auf nahestehende Personen „auf die Verhältnismäßigkeit zu achten“. Einem Vater könne nicht einfach der Kontakt zu den eigenen Kindern verboten werden. Demgegenüber hielt es die Opferschutzbeauftragte des Landes, Ulrike Stahlmann-Liebelt, für wichtig, auch die Kinder in den Blick zu nehmen, „weil sie am allermeisten leiden und am wenigsten eine Änderung herbeiführen können“.  Kinder, die häusliche Gewalt erlebten, sollten grundsätzlich „als gefährdet betrachtet werden“.

Datenschutzrechtliche Schwierigkeiten

Umstritten blieb auch, wie mit den elektronischen Daten der Fußfessel zu verfahren ist. Sven Neumann von der Gewerkschaft der Polizei lobte die geplante „Täterdatenübermittlung“ – diese sei wichtig für die Arbeit der Ordnungshüter. Catharina Nies (Grüne) schlug vor, auch die Familiengerichte zu informieren, wenn es zu Übergriffen kommt. Diese Mitteilungen würden aber „ins Leere“ laufen, entgegnete Bernd Buchholz (FDP), wenn es dort gar keine Verfahren gebe. Auch eine Information an die Kitas oder Schulen der Kinder sei sinnvoll, aber datenschutzrechtlich schwierig. Begleitend zu technischen Schutzmaßnahmen, so die SPD-Abgeordnete Sophia Schiebe, müsse die Täterarbeit ausgebaut werden: „Es reicht nicht, wenn Täter nur ein Angebot für eine Beratungsstelle bekommen. Es muss gewährleistet sein, dass sie die Angebote auch wahrnehmen.“

Ein positives Echo gab es auf das „spanische Modell“, trotz Bedenken im Detail. Es würden auch von der gefährdeten Person Standortdaten erhoben, mahnte Barbara Körffer vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz. Diese dürften nicht dazu verwendet werden, auch vom Opfer ein Bewegungsprofil zu erstellen. Miriam Roßkamp von der Landesarbeitsgemeinschaft Autonomer Frauenhäuser wies darauf hin, dass der Täter über den Annäherungsalarm erfahre, wo das Opfer sich aufhält. Er könne beispielsweise Rückschlüsse ziehen, ob sein Opfer aktuell in einem Frauenhaus wohne. Grundsätzlich müssten die technischen „Kinderschuhe“ überwunden werden, forderte Roßkamp: Es gebe derzeit zu viele Alarme, 60 Prozent der Meldungen seien „zufällige Übertritte“.

Der Innen- und Rechtsausschuss wird den Gesetzentwurf am 19. März noch einmal beraten. In der Plenarsitzung Ende März soll das Gesetz verabschiedet werden.