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Die Landesbeauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen

des Landes Schleswig-Holstein bei der Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Wie wird festgestellt, ob aus der Ukraine geflohene Staatenlose und Drittstaatsangehörige mit einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sicher und dauerhaft in ihren Herkunftsstaat zurückkehren können?

Wie im vorherigen Abschnitt zum vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG unter 4. ausgeführt, können auch Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die sich nachweisbar vor dem 24. Februar 2022 auf der Grundlage eines nach ukrainischem Recht erteilten, gültigen Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben, einen vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG erhalten, wenn sie nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückzukehren.

Gemäß dem BMI-Länderschreiben vom 30. Mai 2024, Ziffer 2, wird das zuvor lediglich für Drittstaatsangehörige mit einfacher Aufenthaltserlaubnis angewendete Verfahren jetzt auf Drittstaatsangehörige mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis angewendet:

Staatenlose und Drittstaatsangehörige mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis in der Ukraine. Für diese Gruppe soll nach dem BMI zunächst davon ausgegangen werden, dass zur Ukraine eine engere Bindung besteht als zum jeweiligen Herkunftsstaat. Diese Bindung stehe „prima facie“ einer sicheren und dauerhaften Rückkehr entgegen. Prima facie bedeutet hier, dass von dieser Annahme solange auszugehen ist, bis gegenteilige Kenntnisse vorliegen. Etwa dadurch, dass im Einzelfall die persönliche Entscheidung getroffen wird, doch in den Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen.

Wird die prima-facie Annahme einer engeren Bindung an die Ukraine als an den Herkunftsstaat widerlegt gilt folgendes Verfahren zur Ermittlung, ob eine sichere und dauerhafte Rückkehr möglich ist:

Zunächst soll geprüft werden, ob Menschen dieser Gruppe aufgrund eines internationalen Schutzstatus in der Ukraine oder aufgrund entsprechender Familienangehörigkeit nach § 24 AufenthG begünstigt werden können. Nachrangig soll geprüft werden, ob ein Rückkehrwunsch in den Herkunftsstaat besteht, und ggf. auf die Fördermöglichkeiten der Rückkehr und Reintegrationsprogramme hingewiesen werden. Andernfalls erfolgt folgende Prüfung:

  • Sichere und dauerhafte Rückkehr. Zu berücksichtigen sind die allgemeine Lage im Herkunftsstaat oder der Herkunftsregion sowie die individuellen Umstände der Betroffenen. Das beinhaltet auch, ob sie im Herkunftsstaat oder der Herkunftsregion aktive Rechte in Anspruch nehmen können, damit sie Perspektiven für die Deckung ihrer Grundbedürfnisse und die Möglichkeit der Reintegration in die Gesellschaft haben. Betroffene sollen die Möglichkeit haben, ihre Situation individuell vorzutragen. Besondere Bedürfnisse von vulnerablen Menschen sollen angemessen berücksichtigt werden.
  • Vorgehen. Ermittelt werden soll die Rückkehrmöglichkeit nach einem außerordentlichen Verfahren („sui generis“). Menschen aus den Herkunftsstaaten Eritrea, Syrien und Afghanistan wird generell eine Unmöglichkeit der sicheren und dauerhaften Rückkehr zugesprochen. Bei Menschen aus anderen Herkunftsstaaten findet eine individuelle Prüfung statt.
    • Werden zielstaatsbezogene Sachverhalte vorgetragen, die einem Asylgesuch gemäß  § 13 AsylG entsprechen, soll ein Asylverfahren durchgeführt werden. Das ist der Fall, wenn eine Furcht vor Verfolgung wegen der „Rasse“, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe einerseits oder eine Furcht vor ernsthaftem Schaden (Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung, eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts) geltend gemacht wird. Der formelle Asylantrag kann aber nur durch die betroffene Person selbst beim BAMF gestellt werden. Eine entsprechende „Umdeutung“ eines Antrags auf vorübergehenden Schutzes durch die Ausländerbehörde wäre unzulässig.
    • Kann die Ausländerbehörde nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass eine sichere und dauerhafte Rückkehr nicht möglich ist, hat sie die Antragstellenden davon schriftlich oder bei einer mündlichen Anhörung (dann ist eine Verhandlungsniederschrift auszufertigen) in Kenntnis zu setzen und die Gelegenheit zu geben, Gründe vorzubringen und zu begründen, die gegen eine sichere und dauerhafte Rückkehr sprechen. Können die vorgetragenen Gründe von der Ausländerbehörde nicht nachvollzogen werden, kann auf Grundlage von § 72 Absatz 2 AufenthG das BAMF für eine Beurteilung der zielstaatsbezogenen Sachverhalte eingebunden werden, etwa zur Zugehörigkeit zu vulnerablen Gruppen, zu medizinischen Gründen oder in Bezug auf ein fehlendes Existenzminimum. Das BAMF legt dabei die Maßstäbe des Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG zugrunde.

Alle entscheidungserheblichen Angaben und Unterlagen über den Gesundheitszustand, fehlende Perspektiven, sich im Herkunftsstaat sicher und dauerhaft rechtlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich reintegrieren zu können, sind zugunsten einer Entscheidungsfindung nach Möglichkeit der Ausländerbehörde zugänglich zu machen. Wichtig ist, dass die betroffene Person die Gelegenheit erhält, Hinderungsgründe einer sicheren und dauerhaften Rückkehr individuell vortragen zu können.

Gemäß den Ausführungen im obigen Abschnitt zu vorübergehendem Schutz nach § 24 AufenthG haben grundsätzlich alle von der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung erfassten Menschen ein Recht darauf, einen Antrag auf vorübergehenden Schutz zu stellen. Für die Dauer der Prüfung dieses Antrags haben sie einen Anspruch auf eine Fiktionsbescheinigung und auf die damit einhergehenden Rechte und Leistungen. Nur wenn ein Antrag auf vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG offensichtlich unbegründet ist und auch keine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck ausgestellt werden kann, ist die Fiktionsbescheinigung zu verwehren und direkt ein Ablehnungsbescheid auszustellen. Nach Ablehnung eines Antrags auf vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG erfolgt ein Ablehnungsbescheid. Gemäß dem Landeserlass vom 12. Oktober 2022 beginnt die Frist der Abschiebungsandrohung und zur freiwilligen Ausreise erst mit Ablauf von 90 Tagen nach Einreise.

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