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Am 4. März 2022 hat der Rat der Europäischen Union erstmals die Anwendung der Massenzustrom-Richtlinie beschlossen. Der Durchführungsbeschluss ist am selben Tag in Kraft getreten. Diese Regelung ermöglicht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG, ohne die individuellen Bedarfe im Rahmen eines Asylverfahrens prüfen zu müssen. Das BMI macht mit den Länderschreiben vom 14. März 2022, 14. April 2022, 5. September 2022 und 30. Mai 2024 Ausführungen zur Umsetzung des Durchführungsbeschlusses. Mit dem Durchführungsbeschluss vom 25. Juni 2024 hat der Rat beschlossen, dass die Massenzustrom-Richtlinie bis zum 4. März 2026 Anwendung findet und vorübergehender Schutz erteilt werden kann. Begünstigte des Durchführungsbeschlusses zur Erteilung von vorübergehenden Schutz sind Menschen in den folgenden Konstellationen
Achtung: Die Massenzustromrichtlinie erlaubt den Mitgliedstaaten auch Menschen zu begünstigen, die keine Ukrainer*innen sind aber mit einer gewöhnlichen Aufenthaltserlaubnis ihren temporären oder dauerhaften Lebensmittelpunkt in der Ukraine hatten. Davon hatte Deutschland in der Vergangenheit in der Form Gebrauch gemacht, dass sonstige nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige, die sich am 24. Februar 2022 nachweislich rechtmäßig und nicht nur zu einem vorübergehenden Kurzaufenthalt - das entspricht in Deutschland einer Aufenthaltserlaubnis - in der Ukraine aufhielten begünstigt waren, wenn sie belegen konnten, dass sie nicht sicher und dauerhaft in ihren Herkunftsstaat oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können. Gemäß der Fünften Verordnung zur Änderung der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung begünstigt Deutschland seit dem 5. März 2024 nur noch diejenigen Menschen, die von der Massenzustromrichtlinie zwingend erfasst sind. Machen sonstige nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige geltend, dass sie nicht sicher und dauerhaft in ihren Herkunftsstaat zurückkehren können, steht ihnen ein regulärer Asylantrag offen.
Das BMI-Schreiben vom 30. Mai 2024 führt in Ziffer 4 aus, dass dieser Personengruppe keine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG mehr erteilt oder verlängert wird, gleichzeitig bereits erteilte Aufenthaltserlaubnisse nach § 24 AufenthG aber ihre Gültigkeit behalten und gemäß der Fortgeltungsverordnung bis zum 4. März 2025 fortgelten. Ob dieser Personengruppe nun eine Ausreisepflicht vor März 2025 droht ist unklar.
Befinden sich sonstige nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige bei denen der vorübergehende Schutz nicht verlängert werden soll in einem Ausbildungsverhältnis, in einem Studium oder einem Arbeitsverhältnis als Fachkraft, kann eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis beantragt werden. Besteht lediglich ein unqualifiziertes Arbeitsverhältnis, sollte erwogen werden eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d Absatz 3 AufenthG zu beantragen. Diese Norm setzt voraus, dass an der Beschäftigung ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht. Das wird angesichts des bestehenden Fachkräftemangels in Berlin bejaht (Verfahrenshinweise zum Aufenthalt in Berlin, Ziffer A 19.3) und könnte auch in Schleswig-Holstein bejaht werden.
Familienangehörige im Sinne der Ziffer 1, 2 und 4 sind:
Diese genannten Familienangehörigen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG aus eigener Berechtigung aufgrund des Durchführungsbeschlusses, auch wenn sich die „Stammberechtigten“ noch nicht in Deutschland befinden. Dann muss glaubhaft dargelegt werden, dass die Stammberechtigten noch beabsichtigen, sich nach Deutschland zu begeben.
Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet: Die Einreise kann jederzeit nach dem 24. Februar 2022 erfolgt sein oder erfolgen. Zudem wird der vorübergehende Schutz auf Personen ausgedehnt, die höchstens 90 Tage vor dem 24. Februar 2022, als die Spannungen zunahmen, aus der Ukraine geflohen sind oder die sich in diesem Zeitpunkt (z. B. im Urlaub oder zur Arbeit) in einem Drittstaat aufgehalten haben und die infolge des bewaffneten Konflikts nicht in die Ukraine zurückkehren können.
Begünstigte können eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG bei der örtlichen Ausländerbehörde stellen. Diese Aufenthaltserlaubnis bietet:
Nach dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG gibt es eine Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Absatz 5 AufenthG. Diese bescheinigt, dass ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt wurde und sich dieser Antrag in Bearbeitung befindet. Bereits die Fiktionsbescheinigung gewährt den Zugang zu den vorangehend aufgelisteten Rechten und Leistungen.
Die Erteilung einer Fiktionsbescheinigung setzt voraus, dass gemäß § 81 Absatz 7 AufenthG eine erkennungsdienstliche Behandlung stattgefunden hat und die Daten im Ausländerzentralregister hinterlegt sind.
Eine Fiktionsbescheinigung steht allen aus der Ukraine geflohenen Menschen unter Punkt 1 bis 4 zu, bis rechtskräftig über die Gewährung von vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG entschieden wurde. Es ist nicht rechtmäßig, wenn die Ausländerbehörde aus der Ukraine geflohenen Drittstaatsangehörigen mit einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis eine Fiktionsbescheinigung verweigert, ohne zu prüfen, ob eine sichere und dauerhafte Rückkehr möglich ist. Der Landeserlass vom 12. Oktober 2022 bestimmt nur für den Fall eines offensichtlich unbegründeten Antrags, keine Fiktionsbescheinigung auszustellen.
Die Fiktionsbescheinigung hat ihre Grundlage zu benennen. Dass entweder
Fortgeltungsverordnung. Im Herbst 2023 hat der Rat der Europäischen Union beschlossen die Anwendung der Massenzustromrichtlinie um ein weiteres Jahr zu verlängern. Die Aufenthaltserlaubnis gilt gemäß den Ausführungen zur Ukraine-Aufenthaltserlaubnis-Fortgeltungsverordnung bis zum 4. März 2025. Dabei bestimmt die Verordnung, dass alle Aufenthaltserlaubnisse nach § 24 AufenthG mit einer bisherigen Gültigkeit bis zum 4. März 2024 ein Jahr länger bis zum 4. März 2025 gelten, auch ohne dass die verlängerte Gültigkeit auf dem Aufenthaltstitel von der Ausländerbehörde vermerkt wurde.
Das BMI setzt voraus, dass alle betroffenen Institutionen von der Fortgeltungswirkung wissen. Im Falle eines konkreten Bedarfs für die Neuausstellung der Aufenthaltserlaubnis muss dieser Bedarf der Ausländerbehörde gegenüber nachgewiesen werden. Das BMI-Schreiben vom 30. März 2024 nennt unter Ziffer 8.3 als Beispiele eine Geschäftsreise oder einen Verlust der Aufenthaltserlaubnis.
Mit dem Durchführungsbeschluss vom 25. Juni 2024 hat der Rat der Europäischen Union beschlossen, dass die Massenzustrom-Richtlinie zur Anwendung von vorübergehenden Schutz für aus der Ukraine geflohene Menschen bis zum 4. März 2026 fort gilt. Damit die Aufenthaltserlaubnisse der Betroffenen über den 4. März 2025 hinaus gelten bedarf es noch einer entsprechenden Verordnung des BMI.
Aus einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG heraus kann, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, grundsätzlich eine andere Aufenthaltserlaubnis beantragt werden. Wichtig ist zu wissen, dass auch bei einem Wechsel der Aufenthaltserlaubnis aus § 24 AufenthG heraus ein Visumverfahren nicht nachgeholt werden muss. Ein Wechsel ist beispielsweise möglich hin zu einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung, Arbeit oder Eheschließung. § 19f Absatz 1 AufenthG sieht jedoch vor, Begünstigte vorübergehenden Schutzes von einem Wechsel hin zu bestimmten Aufenthaltserlaubnissen auszuschließen, etwa zum Zweck eines Studiums, studienvorbereitender Maßnahmen, eines studienbezogenen Praktikums im EU-Ausland, Studienbewerbung, einer Blauen Karte EU, Forschung oder des Europäischen Freiwilligendienstes. Dieser Ausschluss gilt für Begünstigte vorübergehenden Schutzes aus anderen EU-Staaten und in Deutschland gleichermaßen. Diese Tätigkeiten können auch mit der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG ausgeübt werden. Um nach einem Auslaufen der Massenzustromrichtlinie weiterhin eine nach § 19f AufenthG gesperrte Tätigkeit auszuüben wäre im Prinzip eine Ausreise und Wiedereinreise nach visumverfahren notwendig. Das BMI-Schreiben vom 30. Mai 2024 sieht in Nummer 8.2 das Durchlaufen eines Visumverfahrens in der Ukraine als unzumutbar an, weist aber weiterhin auf die Sperrwirkung des § 19f AufenthG hin.
Spätaussiedler*innen und Angehörige einer deutschen Minderheit in der Ukraine können nach Durchlaufen eines Aufnahmeverfahrens nach dem Bundesvertriebenengesetz die Einbürgerung beantragen. Sie können auch erst zunächst eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG beantragen und das Aufnahmeverfahren danach beginnen. Informieren Sie sich beim zuständigen Bundesverwaltungsamt, auch hinsichtlich der Voraussetzungen für ein sogenanntes „Härtefallverfahren“, falls Sie vorher schon in Deutschland waren.
Sind die ukrainischen Staatsangehörigen jüdischer Abstammung, können diese nach Durchlaufen eines Aufnahmeverfahrens eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Absatz 2 AufenthG erhalten. Es wird empfohlen, sich von der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein oder dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein beraten zu lassen.
Auch ukrainische Staatsangehörige mit einer Duldung in Deutschland können nach § 24 AufenthG begünstigt werden, wenn der bisherige Duldungsgrund entfallen ist und das Ausreisehindernis nicht auf anhaltender mangelnde Mitwirkung, etwa bei der Identitätsklärung, beruht. Besteht die Duldung fort soll sie für einen großzügigen Geltungszeitraum erteilt und mit einer Arbeitserlaubnis versehen werden.