Antidiskriminierungsstelle zum Reformbedarf des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)
Nr. 7 / 30. Januar 2023Antidiskriminierungsstelle zum Reformbedarf des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist 2006 in Kraft getreten. Der Sinn und Zweck des Gesetzes ist es, Menschen vor Benachteiligungen aufgrund bestimmter personenbezogener Merkmale zu schützen. Jedoch besteht aus Sicht der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein, Samiah El Samadoni, ein dringender Reformbedarf des Gesetzes. „Bereits im ersten Tätigkeitsbericht der Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein für die Jahre 2013 und 2014 habe ich auf den Änderungsbedarf des AGG, der sich vielfach in der Beratungspraxis gezeigt hat, hingewiesen. Die damals genannten Änderungsvorschläge sind immer noch aktuell“, erklärt El Samadoni. „Ich begrüße die Bemühungen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der vielen in der Antidiskriminierungsarbeit aktiven Vereine und Verbände um eine zügige AGG-Reform ausdrücklich“.Anlässlich der Veröffentlichung des Forderungskataloges zur Änderung des AGG des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „AGG Reform-Jetzt!“ äußerte sich auch die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, und forderte die Politik auf, das AGG, wie im Koalitionsvertrag festgehalten, entsprechend zu reformieren. Dieser Forderung schließt sich auch die Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein an. „Es muss nun endlich etwas in punkto einer Reform des AGG passieren. Die Schutzlücken und Änderungsbedarfe sind schon lange bekannt und werden von allen Akteur*innen aus der Antidiskriminierungsarbeit seit der Einführung des AGG immer wieder benannt“, berichtet El Samadoni. Schutzlücken bestehen zum Beispiel im Bereich der im AGG abschließend aufgeführten personenbezogenen Merkmale. Diese müssten aus Sicht der Antidiskriminierungsstelle dringend ergänzt werden. „Die Antidiskriminierungsstelle erreichen regelmäßig Anfragen von Menschen, die z. B. aufgrund des sozialen Status, zum Beispiel bei der Wohnungssuche, benachteiligt werden. Das AGG schützt zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht vor dieser Form der Benachteiligung“, erklärt die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle. Ebenfalls problematisch ist, dass eine Anwendung des AGG nicht in allen Lebensbereichen möglich ist und dass Betroffenen von Diskriminierung durch Regelungen im AGG die Durchsetzung z.B. von rechtlichen Ansprüchen erschwert wird. Dies betrifft z. B. 2Diskriminierungen von Behörden, die in dieser Form bisher nur in Berlin in einem Landesantidiskriminierungsgesetz geregelt ist. „Das AGG schützt beispielweise zwar vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, nicht aber jedoch bei Massenverträgen oder Mietverhältnissen. Weiterhin können Betroffene Entschädigungsansprüche nur innerhalb von zwei Monaten geltend machen. Dies ist viel zu wenig Zeit, wenn man bedenkt, dass manche Betroffene das Erlebte erst einmal verarbeiten müssen, bevor sie an weitere rechtliche Schritte und Unterstützung durch Dritte – wie die Antidiskriminierungsstelle des Landes – überhaupt denken können“, sagt El Samadoni. „Ich wünsche mir, dass die Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung zur AGG-Reform nun endlich angegangen werden und der Schutz vor Diskriminierung noch in dieser Legislatur gestärkt wird“, fordert Samiah El Samadoni.