Dr. Ralf Stegner: Das Vorgehen der Rechten hat ein perfides System
Kiel, 5. September 2018 Nr. 275 /2018Dr. Ralf StegnerDas Vorgehen der Rechten hat ein perfides System Zur aktuellen Stunde über bedrohlich wachsenden Rechtsextremismus in Deutschland, aber auch über den Umgang damit durch die demokratischen Parteien erklärt der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dr. Ralf Stegner:Hinter den Äußerungen der AfD steckt Strategie, die im englischen Sprachraum treffend als „Dog-whistle politics“ bezeichnet wird. Dabei geht es darum, Botschaften zu senden, die in der eigenen Zielgruppe in aller Deutlichkeit ankommen. In der Öffentlichkeit können sie dennoch problemlos relativiert werden. Das war der Fall bei Höckes „Mahnmal der Schande“, bei Gaulands Äußerungen zum 1000-jährigen Reich, wenn er von der „Entsorgung“ von Aydan Özoguz nach Anatolien sprach oder bei dem, was der Fraktionsvorsitzende der AfD hier im Haus über Züge und Hochofen gesagt hat. Das Gleiche gilt für die Aussagen, die der Aktuellen Stunde zugrunde liegen.Die Grenzen des Sagbaren sollen immer weiter verschoben und die Immunisierungskräfte unserer Gesellschaft gegen Nationalismus und Rechtsextremismus geschwächt werden. Dass die AfD daran ein Interesse hat, konnten wir in den vergangenen Tagen beobachten: Aus Tätern sollen Opfer gemacht werden.Auch hinter den Ausschreitungen in Chemnitz steckt Strategie. Eine Strategie, die das eigentliche Opfer missbraucht und Tatsachen verdreht. Und das solange, bis selbst der grölende, Hitlergruß zeigende Neonazi öffentlich als hilfloses Opfer der deutschen Asylpolitik präsentiert werden kann.Nach den Vorfällen in Chemnitz muss wirklich dem Letzten das wahre Gesicht der AfD offensichtlich geworden sein. Diese Partei ist nicht der irgendwie noch gute, bürgerliche Teil der 2deutschen Rechten. Die AfD ist Hand in Hand mit NPD, Pegida und anderen Rechtsextremen durch Chemnitz marschiert.Spätestens jetzt wird es Zeit, die AfD durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen, auch in Schleswig-Holstein. Eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz macht solche Leute – anders als von Ministerpräsident Daniel Günther behauptet – sicher nicht zu Märtyrern. Zum einen sind Märtyrer nach meiner Auffassung unschuldig und zum anderen könnte der Verfassungsschutz dieser Logik folgend seine Arbeit auch direkt in Gänze einstellen.Ohne Zweifel sind die Äußerungen der AfD-Landesvorsitzenden keine Alternative für Deutschland, sondern eine Schande für unser Parlament. Allerdings frage ich mich auch, ob man solchen Äußerungen durch eine Aktuelle Stunde noch zusätzliche Publizität verschaffen muss. Das vielleicht sollten die demokratischen Fraktionen noch einmal gemeinsam überlegen. Die Lehre aus der deutschen Geschichte ist: Nie wieder rechts, nie wieder Rassismus und Gewalt. Für uns Sozialdemokraten gilt, dass es niemals eine „Normalisierung der Beziehung zu rechten Parteien“ gibt. Wir streiten mit den demokratischen Parteien engagiert über den richtigen Weg für unser Land, aber wir bekämpfen leidenschaftlich die rechten Demokratiefeinde.