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Bernd Voß zum Moratorium für die Zulassung von Glyphosat
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 20 – Moratorium für die Zulassung von Glyphosat Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt der agrarpolitische Sprecher Zentrale: 0431 / 988 – 1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Bernd Voß: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 415.15 / 14.10.2015Es darf keine Verlängerung der Zulassung gebenFrau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Wirkstoff Glyphosat steht in der Kritik. Nicht erst seit der Meldung vom März diesen Jahres, wonach die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation diesen Stoff als „wahrscheinlich Krebserregend beim Menschen“ einstuft. Lange davor gab es Hinweise darauf, dass Glyphosat Bodenorganismen schädigt, die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigt, Biodiversität zurückdrängt und sich negativ auf die Tiergesundheit aus- wirken könnte.Besonders bedenklich ist dies auch deshalb, weil Glyphosat breit, in großen Mengen und von verschiedenen Herstellern zum Einsatz kommt. Allein in Deutschland werden jährlich mehr als 5 Tausend Tonnen dieses Wirkstoffes eingesetzt. Es ist nach Ablauf des Patents immer kostengünstiger geworden. Es ist das „Allround-Mittel“ der Unkraut- bekämpfung; sei es im Hobbygarten, sei es entlang der Bahntrasse oder auch auf dem Acker, um vor der Saat den Acker schier zu bekommen.Es ist weltweit das am häufigsten eingesetzte Pflanzenschutzmittel. Unter anderem auch deswegen, weil es massenhaft im Kombipaket beim Anbau von Herbizid resisten- ten Gentechnikpflanzen eingesetzt wird. Glyphosatrückstände finden sich daher nicht nur im Boden und in Gewässern, sondern auch in den Futtertrögen.Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die EU hat jetzt die Entscheidung über die Neuzulassung um ein halbes Jahr hinausge- schoben. Vielleicht ein Zeichen, dass begonnen wird, in den verantwortlichen Gremien der EU das Problem nicht mehr zu leugnen oder kleinzureden. Damit ist die EU schon mal ein Stück weiter als das Bundesamt für Risikoforschung. Damit sind die Forderun- gen aus unserem Antrag jedoch noch lange nicht erfüllt. Wer dies meint, hat wohl nur die Überschrift unseres Antrages gelesen und diese auch noch falsch interpretiert. Seite 1 von 3 Die Erteilung einer Neuzulassung für Glyphosat, die sich auf die unvollständige, Bewer- tung des Bundesamtes für Risikoforschung stützt, wäre grob fahrlässig. Es wird nicht reichen, dass Verfahren lediglich um ein paar Monate zu verlängern. Es muss vielmehr neu aufgerollt und vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Dazu müssen ausreichend unabhängige wissenschaftliche Studien durchgeführt und ausgewertet werden.Es darf keine Verlängerung der Zulassung geben, solange es Zweifel an der Wissen- schaftlichkeit und Objektivität der Begutachtung gibt. Solange diese Zweifel an der ge- sundheitlichen Unbedenklichkeit bestehen, muss ein Anwendungsmoratorium für Gly- phosat verhängt werden. Wir bitten daher die Landesregierung, sich auf EU-Ebene für ein möglichst weit gehendes Verwendungsverbot einzusetzen.Die Verwendung von Glyphosat im Haus- und Kleingartenbereich ist vollkommen über- flüssig. Die Dunkelziffer unzulässiger Anwendungen hierbei ist hoch. Es ist zum Bei- spiel unzulässig, Zufahrten und Wege damit unkrautfrei zu halten. Viele wissen das gar nicht oder ignorieren dies. Weil die Mittel frei verkäuflich in Bau- und Gartenmärkten zugänglich sind, lässt sich das nicht kontrollieren. Es ist abwegig, hinter jeden Garten- zaun einen Kontrolleur aufzustellen. Diese Mittel gehören daher vom Markt genommen. Einige Baumärkte haben auch schon reagiert und die Mittel freiwillig aus dem Regal genommen.Weiter sprechen wir uns für ein Verbot der Anwendung zur Ernte aus. Viele Landwirte setzen das bereits um. Als Standardmaßnahme zur Vorsaatbehandlung ist dieser Wirk- stoff aufgrund der Nebeneffekte völlig ungeeignet. Da gibt es jedoch einen ziemlichen Bedarf an Entwicklungen von Alternativen in den Anbauverfahren.Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir fordern ein möglichst weitgehendes Verbot von Glyphosat. Wir sehen natürlich auch, dass es andere, zugelassene Mittel oder Mittelkombinationen gibt auf die ausge- wichen werden könnte, die aber keinesfalls unbedenklicher sein müssen. Ein Verbot des einen Stoffes, um ihn durch einen anderen, womöglich noch gefährlicheren auszu- tauschen, macht keinen Sinn.Darum brauchen wir auch eine Reform des Zulassungsverfahrens auf EU-Ebene bzw. eine entsprechende Umsetzung in den Mitgliedsländern. Die Pflanzenschutzmittelin- dustrie darf sich nicht mehr durch selbst in Auftrag gegebene Studien Unbedenklich- keitsbescheinigungen ausstellen. Sie müssen aber im Antragsverfahren und bei der Laufenden Evaluierung zur Finanzierung von unabhängigen Studien herangezogen werden.Und wir brauchen Strategien, um den Einsatz von Glyphosat, aber auch von anderen chemischen Pestiziden, zu reduzieren, ihn möglichst überflüssig zu machen. Wir müs- sen es langfristig schaffen, durch neue breitere Anbaustrategien die anstehenden Probleme in den Griff zu bekommen. Der Bund hat, weil die EU Pflanzenschutzverord- nung aus dem Jahr 2009 ihn dazu verpflichtet, einen nationalen Aktionsplan zur nach- haltigen Anwendung des Pestizideinsatzes aufgestellt.Auch wenn von Reduktionszielen von 30 % bis 2023 die Rede ist, lässt der Plan keine konsequenten Maßnahmen und Strategien erkennen wie das umgesetzt werden soll. Da geht noch mehr. Es muss ein Mix an Maßnahmen geben: verbesserte Zulassungs- verfahren, Verbote für besonders problematische Stoffe, Beratung, und auch ökonomi- sche und ökologisch wirksame Lenkungsinstrumente, wie beispielsweise die schon an- 2 gesprochenen Pestizidabgabe. Der Handlungsbedarf müsste auch aus konventioneller landwirtschaftlicher Sicht groß sein.Die Konsequenzen aus dem plötzlich nahenden Ende der Wirkstoffe wie Neonikotinoi- de und Glyphosat macht deutlich, dass viel zu lange auch auf kritische Pestizide ge- setzt wurde, ohne Alternativen zu entwickeln. Bäuerinnen und Bauern müssen aber handlungsfähig bleiben. *** 3