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15.07.15
18:33 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Bericht des Landeszentrums für Datenschutz

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin TOP 48 – Bericht des Unabhängigen Landeszentrums Claudia Jacob für Datenschutz in Schleswig-Holstein Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher 24105 Kiel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Burkhard Peters: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 308.15 / 15.07.2015 Großer Dank an Thilo Weichert!
Wir haben heute den letzten Tätigkeitbericht des ULD zu verhandeln, der unter Verant- wortung von Dr. Thilo Weichert für den Zeitraum 2013 und 2014 verfasst wurde.
Ziemlich zu Beginn des Berichtzeitraums, genau am 6.6.2013, steht ein Ereignis, in dessen Folge für den Datenschutz weltweit ein geradezu brutaler Ernüchterungspro- zess eingetreten ist. Am 6.6.2013 veröffentlichte die ‚Washington Post‘ und der ‚Guar- dian’ die geheimen Dokumente der NSA und GCHQ mit Hilfe des Whistleblowers Edward Snowden.
Immer neue Enthüllungen Snowdens haben seitdem das Vertrauen in die Unverletz- lichkeit unserer Computer und unserer Kommunikation in Deutschland zutiefst erschüt- tert.
Heute wissen wir, dass die Geheimdienste der Staaten USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland, die sogenannten Five Eyes, bereits seit Ende der 1990er bis heute weltweit die Telekommunikation von Milliarden Menschen, von Regierungs- mitgliedern und PoltikerInnen, von Unternehmen und Institutionen abfangen, aufzeich- nen, analysieren und verwerten. Und dies beileibe nicht nur zum Zwecke der Terrorbe- kämpfung. Im Mittelpunkt stehen mindestens gleichberechtigt politische und wirtschaft- liche Interessen der USA und Großbritanniens.
Inzwischen müssen wir auch davon ausgehen, dass deutsche Nachrichtenbehörden wie der BND aktiv und wissentlich in das illegale Agieren der ausländischen Geheim- dienste verstrickt sind.
Wir haben lernen müssen, dass das gestern noch Undenkbare durch ständig neue Enthüllungen heute schon Gewissheit ist. Viele haben das Vertrauen in den faktischen Bestand des Grundrechts auf informelle Selbstbestimmung mittlerweile verloren.

Seite 1 von 2 Gemessen daran mögen die im vorliegenden Bericht für Schleswig-Holstein aufgezeig- ten Probleme und Verstöße wenig gravierend erscheinen. Die Enthüllungen Snowdens machen aber schlagartig deutlich, wie verletzlich unsere informationstechnischen Struk- turen sind und welchen enormen Stellenwert der Schutz unserer Daten angesichts der unermesslichen Datensammelwut von Behörden und Unternehmen bei gleichzeitig kaum begrenzten Speicherungs- und Verarbeitungskapazitäten hat.
Wir schätzen uns daher glücklich, über elf Jahre in Person von Thilo Weichert einen in ganz Deutschland und Europa hoch anerkannten Datenschützer in unserem Land ge- habt zu haben, der wie kaum ein anderer für den Schutz unserer Daten kompetent, streitlustig und öffentlichkeitswirksam nicht nur eingetreten ist. Er hat mit Leib und See- le dafür gekämpft.
Lieber Thilo Weichert, dafür gebührt Dir großer Dank!
Du wärst auch nicht der Datenschützer, den wir alle kennen und schätzen, wenn Du uns in den Bericht nicht einige Dinge zur dringlichen Erledigung hineingeschrieben hät- test, verbunden mit dem Hinweis auf bisherige Saumseligkeit.
Dies betrifft zum Beispiel die notwendige Anpassung des Landesverwaltungsgesetzes an die erheblich erweiterten Anwendungsbereiche des Polizeisoftware @rtus. Dieses vormals nur zu Bearbeitung von Vorgängen genutzte System hat sich in der Praxis zwi- schenzeitlich zu einem umfassenden Programm aus Vorgangsbearbeitung, Information und Auswertung entwickelt. Diese Weiterentwicklung wird vom bestehenden Wortlaut der Vorschriften des Landesverwaltungsgesetzes aber nicht gedeckt. Hier ist in der Tat gesetzlicher Handlungsbedarf gegeben.
Auch die Weiterentwicklung des Informationszugangsgesetzes zu einem Transparenz- gesetz nach Hamburger Vorbild steht noch aus. In Art. 53 der Landesverfassung haben wir uns zwar zwischenzeitlich zu umfassender Transparenz verpflichtet. Die erforderli- che einfachgesetzliche Umsetzung steht aber noch an. Auch die technischen und or- ganisatorischen Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um den Verfassungs- auftrag für mehr Transparenz in der öffentlichen Verwaltung mit Leben zu erfüllen.
Die Mahnungen des Berichts, endlich tätig zu werden, sind also sehr berechtigt. Pa- cken wir es an.
Lieber Thilo Weichert, ich persönlich wünsche Dir, dass die gerichtliche Auseinandersetzung des ULD um die Frage der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit der Betreiber von Facebook- Fanpages vor dem Bundesverwaltungsgericht von Erfolg gekrönt sein wird. Das letzte Wort in diesem Rechtsstreit ist noch nicht gesprochen. Vielleicht gilt auch in dieser Fra- ge, in der Du bisher so viel Kritik erfahren hast, der schöne Satz: wer zuletzt lacht, lacht am besten.
In diesem Sinne: kämpfe weiter für den Datenschutz! Andere werden sich glücklich schätzen, Deine enormen Kompetenzen weiter nützen zu dürfen. ***



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