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21.05.15 , 15:31 Uhr
SSW

Lars Harms: Gewährleistung der Versammlungsfreiheit und Wahrung des Anspruchs auf Gewaltfreiheit - eine gute Mischung

Presseinformation Kiel, den 21.05.2015

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 6 Entwurf eines Gesetzes zum Versammlungsrecht Drs. 18/119 und 18/2988

„Es geht um die Gewährleistung des Grundrechtes der Versammlungsfreiheit und gleichzeitig um die Wahrung des Anspruchs auf Gewaltfreiheit.“

Die Föderalismusreform hat uns durch die Neuzuschneidung der Kompetenzen viel Arbeit ins
Land gespült. Der SSW empfindet das allerdings nicht als Last, sondern als Chance, den
besonderen Gegebenheiten und Strukturen Schleswig-Holsteins Rechnung zu tragen. Es ist
richtig, dass wir uns nicht auf ein Versammlungsrecht verlassen, das vor mehr als 60 Jahren
seinen Anfang nahm, sondern uns Gedanken über einen eigenen Gesetzentwurf machen. Die
Versammlungsgesetze der einzelnen Bundesländer, von denen einige ja noch ausstehen,
wurden als Insellösungen kritisiert. Dieser Vorwurf ist nicht haltbar, schließlich wollen wir ein
Versammlungsrecht, das die Besonderheiten unseres Landes berücksichtigt. Die Formen der
demokratischen Auseinandersetzung haben sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt
und die Vielfalt ist gewachsen. Wir haben uns nichts weniger vorgenommen als das
Versammlungsrecht zu modernisieren. 2
Ich habe im Laufe der Beratungen viel gelernt. Die Anhörung hat dem Landtag einen guten
Einblick in die Arbeit verschiedener Organisationen gegeben. Wir haben im Ausschuss im
wahrsten Sinne des Wortes miteinander gerungen, weil es schließlich um das Grundrecht der
Versammlungsfreiheit geht. Die Diskussionen waren sachlich und lösungsorientiert. Eigentlich
waren wir uns weitgehend einig. Allerdings hatte der Entwurf der CDU-Fraktion überhaupt
keine Chance; denn der Text ist ein Versammlungsverhinderungsentwurf. Damit ignoriert er
die aktuelle politische Debatte und schürt die Angst vor gewalttätigen Demonstrationen.
Tatsächlich sind Ausschreitungen bei Demonstrationen die absolute Ausnahme. Wir haben
hier vor dem Landeshaus immer wieder Demonstrationen, die zwar laut sind, aber keineswegs
gewalttätig. Die Bürgerinnen und Bürger sagen ihre Meinung. Und das ist auch gut so. Mit dem
SSW wird es keine Einschränkungen des Versammlungsrechts geben! Auch die anderen
Fraktionen stimmten gegen den CDU-Entwurf - quer über die Grenzen von Oppositions- und
Regierungsfraktionen.


Die Koalition wünscht eine lebendige Demokratie, an der sich möglichst alle Menschen in
Schleswig-Holstein beteiligen. Demonstrationen sind keine Gefahr, auch wenn einem nicht
immer zusagt, was die Demonstrantinnen und Demonstranten fordern. Sich außerhalb
parlamentarischer Prozesse zu Wort melden zu können oder parlamentarische Diskussionen
anzustoßen, ist das höchste Recht des Volkes. Dieses Recht muss gegen Gewalttäter und
Extremisten geschützt werden. Allerdings möchte ich dieser Stelle ganz deutlich machen, dass
über ein neues Versammlungsrecht die Ursachen von gewaltsamen Protesten nicht beseitigt
werden können. Wir reden bei dem Gesetz eben nicht von sozialen und politischen Konflikten.
Diese müssen parlamentarisch und gesellschaftlich thematisiert und bearbeitet werden.
Polizei und Justiz können durch Kontrolle Gewalt einhegen, aber deren Ursachen nicht
beseitigen. Eben mal eine Hundertschaft hinschicken und dann ist der Protest weg – das glaubt
hoffentlich inzwischen keiner mehr. 3
Dennoch müssen wir gegen Verletzungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheit
konsequent vorgehen. Darum ist im Gesetz ein Uniformierungsverbot auf Demonstrationen
integriert. Extremisten wollen nämlich mit ihren Uniformen die Menschen einschüchtern. Dazu
wird es auf Schleswig-Holsteins Straßen nicht mehr kommen. Die Regelung im neuen Gesetz
ist entsprechend eindeutig.


Eindeutig geregelt ist auch das sehr umstrittene Vermummungsverbot. Demonstranten dürfen
sich nicht vermummen. Sie müssen mit offenem Visier für ihr Recht eintreten. Allerdings wird
zukünftig ein Verstoß dagegen als Ordnungswidrigkeit eingestuft, weil es kein Verbrechen ist,
anonym bleiben zu wollen. Schließlich gibt es durchaus Demonstrationen, auf denen
Demonstranten aus gutem Grund ihre Identität nicht preisgeben wollen. Im Internet kursieren
Listen mit Namen und Adressen von Bürgerinnen und Bürgern, die gegen rechtsextremistische
Umtriebe eintreten. Die Nazis verunglimpfen alle Journalisten und Kritiker als Zecken, die es zu
vernichten gilt. Sie rufen offen zur Gewalt gegen Menschen auf, die sie systematisch auf
Demonstrationen fotografieren. Dass sich vor diesem Hintergrund Bürgerinnen und Bürger auf
Demonstrationen gegen rechtsextreme Aufmärsche nicht zu erkennen geben wollen, damit sie
nicht auf solchen Listen landen, ist also durchaus nachvollziehbar.


Darum ist es richtig, das Vermummungsverbot als Ordnungswidrigkeit einzustufen. Nach der
Anhörung haben wir die Höchstsätze von Bußgeldern bei mehreren Ordnungswidrigkeits-
Delikten halbiert: von 3.000 auf 1.500 Euro.


Abschließend möchte ich den Gesetzentwurf als einen gelungenen Kompromiss bezeichnen. Es
geht um die Gewährleistung des Grundrechtes der Versammlungsfreiheit und gleichzeitig um
die Wahrung des Anspruchs auf Gewaltfreiheit und Schutz vor extremistischem Gedankengut.
Das ist gelungen.

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