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Lars Harms: Gewährleistung der Versammlungsfreiheit und Wahrung des Anspruchs auf Gewaltfreiheit - eine gute Mischung
Presseinformation Kiel, den 21.05.2015Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 6 Entwurf eines Gesetzes zum Versammlungsrecht Drs. 18/119 und 18/2988 „Es geht um die Gewährleistung des Grundrechtes der Versammlungsfreiheit und gleichzeitig um die Wahrung des Anspruchs auf Gewaltfreiheit.“Die Föderalismusreform hat uns durch die Neuzuschneidung der Kompetenzen viel Arbeit insLand gespült. Der SSW empfindet das allerdings nicht als Last, sondern als Chance, denbesonderen Gegebenheiten und Strukturen Schleswig-Holsteins Rechnung zu tragen. Es istrichtig, dass wir uns nicht auf ein Versammlungsrecht verlassen, das vor mehr als 60 Jahrenseinen Anfang nahm, sondern uns Gedanken über einen eigenen Gesetzentwurf machen. DieVersammlungsgesetze der einzelnen Bundesländer, von denen einige ja noch ausstehen,wurden als Insellösungen kritisiert. Dieser Vorwurf ist nicht haltbar, schließlich wollen wir einVersammlungsrecht, das die Besonderheiten unseres Landes berücksichtigt. Die Formen derdemokratischen Auseinandersetzung haben sich in den letzten Jahren grundlegend gewandeltund die Vielfalt ist gewachsen. Wir haben uns nichts weniger vorgenommen als dasVersammlungsrecht zu modernisieren. 2Ich habe im Laufe der Beratungen viel gelernt. Die Anhörung hat dem Landtag einen gutenEinblick in die Arbeit verschiedener Organisationen gegeben. Wir haben im Ausschuss imwahrsten Sinne des Wortes miteinander gerungen, weil es schließlich um das Grundrecht derVersammlungsfreiheit geht. Die Diskussionen waren sachlich und lösungsorientiert. Eigentlichwaren wir uns weitgehend einig. Allerdings hatte der Entwurf der CDU-Fraktion überhauptkeine Chance; denn der Text ist ein Versammlungsverhinderungsentwurf. Damit ignoriert erdie aktuelle politische Debatte und schürt die Angst vor gewalttätigen Demonstrationen.Tatsächlich sind Ausschreitungen bei Demonstrationen die absolute Ausnahme. Wir habenhier vor dem Landeshaus immer wieder Demonstrationen, die zwar laut sind, aber keineswegsgewalttätig. Die Bürgerinnen und Bürger sagen ihre Meinung. Und das ist auch gut so. Mit demSSW wird es keine Einschränkungen des Versammlungsrechts geben! Auch die anderenFraktionen stimmten gegen den CDU-Entwurf - quer über die Grenzen von Oppositions- undRegierungsfraktionen.Die Koalition wünscht eine lebendige Demokratie, an der sich möglichst alle Menschen inSchleswig-Holstein beteiligen. Demonstrationen sind keine Gefahr, auch wenn einem nichtimmer zusagt, was die Demonstrantinnen und Demonstranten fordern. Sich außerhalbparlamentarischer Prozesse zu Wort melden zu können oder parlamentarische Diskussionenanzustoßen, ist das höchste Recht des Volkes. Dieses Recht muss gegen Gewalttäter undExtremisten geschützt werden. Allerdings möchte ich dieser Stelle ganz deutlich machen, dassüber ein neues Versammlungsrecht die Ursachen von gewaltsamen Protesten nicht beseitigtwerden können. Wir reden bei dem Gesetz eben nicht von sozialen und politischen Konflikten.Diese müssen parlamentarisch und gesellschaftlich thematisiert und bearbeitet werden.Polizei und Justiz können durch Kontrolle Gewalt einhegen, aber deren Ursachen nichtbeseitigen. Eben mal eine Hundertschaft hinschicken und dann ist der Protest weg – das glaubthoffentlich inzwischen keiner mehr. 3Dennoch müssen wir gegen Verletzungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheitkonsequent vorgehen. Darum ist im Gesetz ein Uniformierungsverbot auf Demonstrationenintegriert. Extremisten wollen nämlich mit ihren Uniformen die Menschen einschüchtern. Dazuwird es auf Schleswig-Holsteins Straßen nicht mehr kommen. Die Regelung im neuen Gesetzist entsprechend eindeutig.Eindeutig geregelt ist auch das sehr umstrittene Vermummungsverbot. Demonstranten dürfensich nicht vermummen. Sie müssen mit offenem Visier für ihr Recht eintreten. Allerdings wirdzukünftig ein Verstoß dagegen als Ordnungswidrigkeit eingestuft, weil es kein Verbrechen ist,anonym bleiben zu wollen. Schließlich gibt es durchaus Demonstrationen, auf denenDemonstranten aus gutem Grund ihre Identität nicht preisgeben wollen. Im Internet kursierenListen mit Namen und Adressen von Bürgerinnen und Bürgern, die gegen rechtsextremistischeUmtriebe eintreten. Die Nazis verunglimpfen alle Journalisten und Kritiker als Zecken, die es zuvernichten gilt. Sie rufen offen zur Gewalt gegen Menschen auf, die sie systematisch aufDemonstrationen fotografieren. Dass sich vor diesem Hintergrund Bürgerinnen und Bürger aufDemonstrationen gegen rechtsextreme Aufmärsche nicht zu erkennen geben wollen, damit sienicht auf solchen Listen landen, ist also durchaus nachvollziehbar.Darum ist es richtig, das Vermummungsverbot als Ordnungswidrigkeit einzustufen. Nach derAnhörung haben wir die Höchstsätze von Bußgeldern bei mehreren Ordnungswidrigkeits-Delikten halbiert: von 3.000 auf 1.500 Euro.Abschließend möchte ich den Gesetzentwurf als einen gelungenen Kompromiss bezeichnen. Esgeht um die Gewährleistung des Grundrechtes der Versammlungsfreiheit und gleichzeitig umdie Wahrung des Anspruchs auf Gewaltfreiheit und Schutz vor extremistischem Gedankengut.Das ist gelungen.