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Angelika Beer zur Bundesratsinitiative zur Schaffung eines modernen Einwanderungsrechts #6Piraten
Hauke Bruhns Pressemitteilung Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Stellvertretender Pressesprecher Telefon: +49 [0]431 988-1607 Telefax: +49 [0]431 988-1602 Mobil: +49 [0]160 7080474 hauke.bruhns@piratenfraktion-sh.de Kiel, den 19.02.2015Angelika Beer zur Bundesratsinitiative zur Schaffung eines modernen EinwanderungsrechtsAntrag der FDP-Fraktion (Drucksache 18/2693) Es gilt das gesprochene Wort.Die Debatte um ein Einwanderungsgesetz in Deutschland wird seit Anfang 2000 immerwieder angestoßen. Damals hat der Bundesinnenminister der SPD, Otto Schily, sie blockiertund durch das Zuwanderungsgesetz das Grundrecht auf Asyl weiter eingeschränkt. Jetztkommt die Forderung sowohl aus Teilen der CDU als auch der SPD und FDP. HerrOppermann hat ein Rahmenkonzept noch für diesen Monat angekündigt.Aus unserer Sicht gilt es erst mal festzustellen: Eine Chance auf Asyl in Deutschland hat nur,wer als politisch verfolgt gilt. Sogenannte Armutsflüchtlinge haben kaum eine Chance.Dabei sind selbstverständlich auch unter diesen Flüchtlingen viele Studenten undFachkräfte oder einfach arbeitsfähige und -willige Menschen, die in diesem Land einenwertvollen Beitrag leisten können.Wer eine moderne Einwanderungspolitik fordert, muss auch Menschen berücksichtigen, diekonkrete Hilfe in akuter Not benötigen. PIRATENFRAKTION IM Pressestelle: http://www.piratenfraktion-sh.de SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG Telefon: +49 [0]431 988-1603 fraktion@piratenfraktion-sh.de Düsternbrooker Weg 70 | 24105 Kiel Twitter (Fraktion): @fraktionSH Telefon: +49 [0]431 988-1337 Seite 1 / 6 Diese kann und darf man jedoch nicht einfach aussortieren, weil sie vordergründig kaumoder gar keine persönlichen oder beruflichen Qualifikationen aufweisen, um aktiv zumBruttoinlandsprodukt mitzuwirken. Diese kann man auch nicht aussortieren, weil sie keinenpolitischen sondern einen persönlichen Fluchtgrund haben.Alle Menschen können, wenn man sie an die Hand nimmt, – nicht nur vor dem Hintergrunddes demografischen Wandels in unserem Land – wertvolle Teile dieser Gesellschaftwerden; wenn man sie fördert und fordert.Dabei gilt es zu verinnerlichen, dass nicht nur Krieg ist, wenn Bomben fallen. Auch dieFlucht vor Hunger oder Folter treiben Menschen dazu, ihr Heimatland und das ihnenvertraute Umfeld zu verlassen. Weil sie um ihr Überleben kämpfen, weil sie für sich undihre Kinder in ihrem Heimatland keine Perspektiven mehr sehen.Die Öffnung des Landes für Migranten und Flüchtlinge aus der ganzen Welt und derenAuswahl darf nicht ausschließlich auf der Grundlage individueller Voraussetzungen, die sichan gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Zielvorgaben orientiert, erfolgen. EineÖffnung ausschließlich an Wertschöpfungsprozessen orientiert, eine Willkommenskulturnur für Eliten werden wir Piraten nicht mittragen.Hierin liegt der Fehler der Änderungen der Zuwanderungsbestimmung in all denvergangenen Jahren. Der Leitfaden dafür war nie eine Gesamtanalyse, sondern derWunsch, ökonomische Vorteile für die eigene Wirtschaft zu erzielen. Und aus reinpolitischem Kalkül darf es nicht zu dem Effekt kommen, dass wir falschen Gesetzenzustimmen, weil es gerade die Situation fordert. PIRATENFRAKTION IM Pressestelle: http://www.piratenfraktion-sh.de SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN Telefon: +49 [0]431 988-1603 fraktion@piratenfraktion-sh.de LANDTAG Twitter (Fraktion): @fraktionSH Düsternbrooker Weg 70 | 24105 Kiel Telefon: +49 [0]431 988-1337 Seite 2 / 6 Und genau diese Fragen werden bei unserer Bewertung der Vorschläge, auch die hiereingebrachten der FDP für eine Bundesratsinitiative, entscheidend sein. Jedem Vorschlag,der zwischen 'guten' und 'schlechten', zwischen 'produktiven' und 'bildungsfernen'Flüchtlingen unterscheiden möchte, jedem Schnellschuss, der einen Keil zwischen demausländischen Facharbeiter auf der einen und dem hungerleidenden Wirtschaftsflüchtlingauf der anderen Seite treibt, werden wir entschieden widersprechen.Der FDP-Antrag sieht einen Auswahlmodus der Migranten nach einem Punktesystem nachkanadischem Vorbild vor. Aber auch dieses System wird in Kanada nicht unkritisch gesehen.Denn auch Kanada gelingt es trotz sorgfältiger Auswahl seiner Einwanderer mit Blick aufBildungstitel und Arbeitserfahrungen nur unzureichend, diesen Neuankömmlingenberufliche Positionen zu eröffnen, die ihrer Qualifikation entsprechen. Wie lässt sich diesesParadoxum erklären, dass die 'Bestenauswahl' nur mangelhaft Zugang zu den beruflichenPositionen finden, für die sie eigentlich qualifiziert sind und für die sie im Auswahlverfahrenerfolgreich waren? Haben Sie, verehrte Kollegen der FDP, eine Erklärung dafür?Deutschland hat in Form des aktuellen Aufenthaltsgesetzes ja per forma bereits einEinwanderungsgesetz. Dieses verfügt schon jetzt über wesentlich unbürokratischere undflexiblere Funktionen als ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild.Mit dem Aufenthaltsgesetz wird schon heute Zuwanderung ermöglicht und gestaltet.Gerade im Bereich der Arbeitsmigration wurde es im Hinblick auf den drohendenFachkräftemangel in den letzten zweieinhalb Jahren intensiv überarbeitet und flexibilisiert:Wir haben die „Blaue Karte EU“ und ein Visum zur Arbeitsplatzsuche für Hochqualifizierteeingeführt. Zusätzlich haben wir die Zuwanderung für Ausbildungsberufe geöffnet, indenen ein Mangel besteht. PIRATENFRAKTION IM Pressestelle: http://www.piratenfraktion-sh.de SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN Telefon: +49 [0]431 988-1603 fraktion@piratenfraktion-sh.de LANDTAG Twitter (Fraktion): @fraktionSH Düsternbrooker Weg 70 | 24105 Kiel Telefon: +49 [0]431 988-1337 Seite 3 / 6 Für Studium und Ausbildung stehen Programme wie ERASMUS Plus zur Verfügung. Bei dergrenzübergreifenden Arbeitssuche hilft das Jobportal EURES. Das Anrechnungs- undÜbertragungssystem European Credit Transfer System – ETCS - sorgt für die Anerkennungvon Studienaufenthalten im Ausland und im Rahmen der EUROPASS-Berufsausbildungwerden Kenntnisse und Erfahrungen festgehalten, die in formaler und nicht formaler Ebeneerworben und gesammelt wurden. Der EUROPASS wird überwiegend in Zusammenhangmit den Mobilitätsprogrammen der EU 'Leonardo' und 'Sokrates' eingesetzt.Das heißt nicht, dass all diese Maßnahmen unkritisch gesehen und nicht angepasst werdendürfen. Vor allem was Zugangsmöglichkeiten von Drittstaatlern angeht, muss sichDeutschland im Rahmen der Europäischen Union öffnen und weiterentwickeln. Aber alldieses sind originäre Aufgaben der Staatengemeinschaft und ich sehe hier kein Bedarf füreine weitere nationalstaatliche Insellösung,Die OECD, die früher die deutschen Zuwanderungsregelungen im Bereich derArbeitsmigration ständig als abweisend und kompliziert kritisiert hat, bestätigt unsinzwischen, dass Deutschland mittlerweile zu den Ländern mit den günstigstenZuwanderungsregelungen für Fachkräfte zählt. Auch der Sachverständigenrat deutscherStiftungen für Integration und Migration ist erst im vergangenen Jahr zu einem ähnlichenUrteil gekommen.Der Beschluss der letzten Integrationsministerkonferenz 2014 beschreibt eigentlich alleMaßnahmen, die notwendig sind. Wenn der mehrheitliche Beschluss von allen umgesetztwürde, wäre auch sichergestellt, dass keine Rosinenpickerei daraus resultiert.Und ich bin gespannt von der Landesregierung zu hören, welchen Focus sie als Vorsitz derIntegrationskonferenz, die im März hier in Kiel tagt, setzen möchte. PIRATENFRAKTION IM Pressestelle: http://www.piratenfraktion-sh.de SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN Telefon: +49 [0]431 988-1603 fraktion@piratenfraktion-sh.de LANDTAG Twitter (Fraktion): @fraktionSH Düsternbrooker Weg 70 | 24105 Kiel Telefon: +49 [0]431 988-1337 Seite 4 / 6 Ich möchte einen weiteren Aspekt ansprechen: Es geht nicht nur um die Abwerbung vonFachkräften aus Drittstaaten oder Mitgliedsstaaten der EU, sondern auch um Verbesserungder Arbeitsmarkt- und Bildungssituation in den Herkunftsstaaten. Hierzu gehört auch eineverantwortungsvolle Anti-Korruptionspolitik, damit Förderprogramme und Fördermittelnicht einfach versanden, sondern dort ankommen, wo sie benötigt werden. StaatlicheBeihilfen können einen fairen, wirksamen Wettbewerb zwischen Unternehmen in denMitgliedstaaten verfälschen und der Wirtschaft schaden. Aus diesem Grund übt dieEuropäische Kommission Beihilfekontrollen aus. Diese gilt es weiter auszubauen undbesser zu organisieren.Außerdem darf die Anwerbung von bei uns dringend benötigten Fachkräften nicht dazuführen, dass sich der Fachkräftemangel zu Ungunsten der Herkunftsländer entwickelt.Auch das gehört zu einer verantwortungsvollen Politik, die sich nicht auf dennationalstaatlichen Grundgedanken beschränkt. Ich habe das bereits gestern am BeispielKosovo deutlich gemacht. Gerade gut gebildete Jugendliche und Studienabsolventen, die ander Universität in Tetovo ausgebildet wurden, sollten einen Anreiz bekommen, in ihremLand zu bleiben, anstatt sich in Deutschland niederzulassen.Insgesamt gilt: Deutschland braucht nicht nur ausländische Ärzte und Ingenieure, sondernauch Altenpfleger und Hilfsarbeiter. Die Hürden für die Arbeitsmigration müssen flacherwerden. Das ist aber keine isolierte nationalstaatliche Aktivität, sondern ein breit angelegtesund vor allem gesamt-europäisches Projekt. Das bildet der FDP-Antrag nicht ab, denn erblendet die humanitären Verpflichtungen, die sich ebenfalls aus einem modernenEinwanderungsrecht ergeben, aus und beschränkt sich nur auf Migranten alsWirtschaftsfaktor. PIRATENFRAKTION IM Pressestelle: http://www.piratenfraktion-sh.de SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN Telefon: +49 [0]431 988-1603 fraktion@piratenfraktion-sh.de LANDTAG Twitter (Fraktion): @fraktionSH Düsternbrooker Weg 70 | 24105 Kiel Telefon: +49 [0]431 988-1337 Seite 5 / 6 Brauchen wir also ein neues Einwanderungsgesetz? Wir können darüber gern im Ausschussberaten. Es empfiehlt sich auch, eine Anhörung dazu durchzuführen – ggf. gemeinsam mitdem Innen- und Rechtsausschuss und dem Europaausschuss.Das Ergebnis, das wir Piraten uns wünschen? Ein interfraktioneller Ansporn, einenotwendige und überfällige gesellschaftliche Debatte mit in Gang zu bringen und dannkonkrete Forderungen daraus abzuleiten.Vielen Dank !Ansprechpartner: Angelika Beer, MdL, Tel: +49 431 988 1640 PIRATENFRAKTION IM Pressestelle: http://www.piratenfraktion-sh.de SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN Telefon: +49 [0]431 988-1603 fraktion@piratenfraktion-sh.de LANDTAG Twitter (Fraktion): @fraktionSH Düsternbrooker Weg 70 | 24105 Kiel Telefon: +49 [0]431 988-1337 Seite 6 / 6