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Uns geht es darum, dass deutlich gemacht wird, dass jeder hier willkommen ist und eine Chance bekommt
Presseinformation Kiel, den 19. Februar 2015Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP Bundesratsinitiative zur Schaffung eines modernen Einwanderungsrechts Drs. 18/2693„Bei einem Einwanderungsrecht geht es darum, dass deutlich gemacht wird, dass jeder hier willkommen ist und jeder hier eine Chance bekommt“Ja, wir brauchen ein Einwanderungsrecht. Und am besten brauchen wir es aus einer Hand undnicht verteilt auf alle möglichen unterschiedlichen Gesetze. Durch die inzwischenunüberschaubare Vielzahl von Situationen, in denen Einwanderer rechtlich stecken können,ergibt sich automatisch eine Ungleichbehandlung von oft sehr ähnlichen Fallkonstellationenund am Ende haben wir eine riesige Bürokratie, die keiner braucht. Wenn uns also ein neuesEinwanderungsrecht von dieser Bürokratie befreit, dann wäre das schon Grund genug, um hiertätig zu werden. Der Antrag der FDP macht dieses ja auch deutlich und in der Grundtendenzgeht er auch in die richtige Richtung. Die Idealvorstellung muss doch sein, dass das Recht hier 2bei uns zu leben, die Gewährung von Sozialleistungen, die Hilfe bei der Aufnahme von Arbeit,der Familiennachzug und so weiter vollständig aus einer Hand administriert werden kann undauf Basis der selben rechtlichen Grundlage erfolgt.Ich glaube, schon alleine das politische Signal, dass sich aus einem neuen Einwanderungsrechtergeben würde, wäre wichtig. Es ist wichtig, dass die oft negativ besetzten Begrifflichkeitenwie Zuwanderer, Gastarbeiter, Asylbewerber oder Geduldeter nicht mehr das Bild einesMigranten prägen, sondern diese Menschen zuallererst als willkommene Menschen angesehenwerden. Das kann sich auch durch die Gesetzgebung ausdrücken. Die eben genannten Begriffehaben alle eines gemeinsam, sie definieren den Menschen fremder Herkunft als jemanden, derirgendwann nach einer zeitlichen Frist wieder geht. Er ist Gast, er ist geduldet, aber er soll hierkeine Wurzeln schlagen. Das ist die Diktion, die hinter den alten Begriffen des derzeitigenZuwanderungsrechts stehen. Das zieht sich sogar bis in die zweite, dritte – ja vierte –Generation dieser Einwanderer. Selbst diese Menschen, die oft schon einen deutschen Passhaben und deren Bindung eng mit Deutschland verknüpft sind, werden als Menschenangesehen, die irgendwie hier nicht hergehören. Und das ist mit Verlaub völlig an der Realitätvorbei und wir wollen das auch gar nicht!Deshalb geht es bei einem Einwanderungsrecht auch erst einmal darum, dass durch die Diktioneines solchen gesamten Einwanderungsgesetzbuches deutlich gemacht wird, dass jeder hierwillkommen ist und jeder hier eine Chance bekommt. Der große Gewinn wäre, wenn einsolches Regelungswerk die Möglichkeit schaffen würde, dass Menschen, die beispielsweise alsFlüchtlinge zu uns kommen, leichter hier einen dauerhaften Aufenthaltsstatus erhaltenkönnen und sogar zu einem „normalen“ Einwanderer mit allen damit verbundenenMöglichkeiten werden können. Das muss das Ziel eines großen Einwanderungsgesetzbuchessein. Dann hätten wir ein wirklich modernes Einwanderungsrecht. 3Wenn wir uns nun betrachten, wer kommen soll, muss, kann oder darf, dann ist glaube ichschon vieles vorher festgelegt. In der EU gibt es Freizügigkeit, so dass wir hier nicht darüberdiskutieren müssen, ob jemand aus Portugal kommen darf oder nicht. Er darf nämlichkommen. Für den SSW steht es auch außer Frage, dass diejenigen, die als Flüchtlinge zu unskommen und nicht wieder in ihr Ursprungsland zurück reisen, ebenfalls ohne Einschränkungenbei uns bleiben können sollten. In der Realität ist dies im Übrigen schon in einem großenUmfang so – allerdings legen wir diesen Menschen eine Vielzahl von Steinen in den Weg.Wenn wir also davon ausgehen, dass EU-Bürger und Flüchtlinge bei uns bleiben, dann kann dasangedachte Punktesystem nur noch auf die Menschen angewandt werden, die über diesebeiden Gruppen hinaus zu uns kommen wollen. Ich wage voraus zu sagen, dass dies einevergleichsweise kleine Gruppe sein wird. Deswegen eignet sich eine solche Debatte, wie dieseheute, auch nicht unbedingt dazu, dieses Mittel als eine Möglichkeit zur Begrenzung vonEinwanderung anzusehen, wie es manch einer draußen tut. Vielmehr geht es hier um eine ArtReststeuerung. Ob dies wirklich funktioniert, bin ich mir nicht sicher. Ich glaube, auch dieKanadier und andere traditionelle Einwanderungsgesellschaften zweifeln hier immer mehr.Eigentlich muss sich auch durch ein neues Einwanderungsgesetz eher das ausdrücken, was wiralle wissen – nämlich, dass wir in naher Zukunft einen Fachkräftemangel haben werden.Deshalb brauchen wir rechtliche Regelungen, die es insbesondere Fachkräften attraktiverscheinen lassen, sich hier bei uns niederzulassen. Und dabei denke ich nicht nur wie bisher anHochschulabsolventen, sondern an die ganz normale gut ausgebildete Fachkraft. Sei es imPflegebereich, sei es in der Metallverarbeitung oder eben auch in einem anderen Lehrberuf.Wenn ein Einwanderungsgesetz Erfolg haben soll, muss es eines sein, dass einerseits Rechtformuliert und andererseits auch die Erwartungen der Gesellschaft widerspiegelt. Und da sindwir dann auch schon bei einem Paradoxon angekommen. Die Gesellschaft erwartet, dass dieMenschen Deutsch lernen, aber gleichzeitig verweigern wir denjenigen, die es am nötigstenbrauchen, das Recht dazu. Wenn wir hier klare Ansprüche der Betroffenen hätten und damit 4auch die Erwartungen verknüpfen würden, dass man diese Sprach- und Integrationskurse auchbesucht, hätten wir einen riesigen Schritt hin zu mehr Integration getan. Das setzt aber voraus,dass hierfür auch die Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Aber man kann sich auchsicher sein, dass dieses sich um ein Vielfaches wieder auszahlt.Der zweite Bereich, der für die Integration wichtig ist, ist der Bereich des Berufes. Ja, wirmüssen Berufsausbildungen wieder besser anerkennen. Selbst zwischen Deutschland undDänemark hat es da immer wieder Schwierigkeiten gegeben. Wie muss es da erst bei derAnerkennung von Abschlüssen aus Kasachstan, dem Iran oder Honduras sein. Hier muss Stückfür Stück immer wieder nachgearbeitet werden. Allerdings nützt die beste Anerkennung einesBerufsabschlusses oder eines Studiums nichts, wenn sich dann ein ausländischer Mitbürger -trotz bester Qualifikation – hinten anstellen muss. Erst kommen deutsche Staatsbürger, dannEU-Bürger und erst dann darf die Arbeitsvermittlung auf die weiteren Einwandererzurückgreifen. Eigentlich ein völlig irres System, wenn man daran denkt, dass die Leute geradedurch Arbeit und auf ihrer Arbeitsstätte integriert werden. Flüchtlinge sind sogar für eineZeitlang ganz von Arbeitsleben ausgeschlossen. Es wirkt fast so, als wollten wir nicht, dass dieMenschen Arbeit finden, damit sie wieder gehen. Genau das ist aber die falsche Sichtweise. Siemüssen Arbeit bekommen, damit sie bleiben können!Erst danach ist es für die Menschen wirklich relevant, ob sie ein Ausländerwahlrechtbekommen oder ihnen irgendwann auch eine Mehrfachstaatsbürgerschaft ermöglicht wird.Wir als SSW wollen beides. Aber elementar sind vor allem die Fragestellungen rund um dasAufenthaltsrecht, die Deutschkurse und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.Im Kern geht es immer wieder darum, dass die Menschen, die zu uns kommen, mit denEinheimischen rechtlich gleichgestellt werden. Es darf nicht zweierlei oder dreierlei Maßstäbegeben, wie eine Sachlage bewertet wird. Es darf auch nicht unterschiedliche Rechtsfolgengeben. Die Sozialleistungen und die Ansprüche auf Leistungen müssen in allen Fällen gleichsein oder zumindest auf der gleichen Rechtsgrundlage beruhen. Hier gibt es noch viel 5Spielraum. Und je einheitlicher der Rechtsrahmen ist, desto leichter und unbürokratischer lässtsich das Ganze administrieren. Erst dann werden diese Entscheidungen auch wirklichobjektivierbar und gerechter. Wer also Bürokratieabbau will, der braucht einheitlicheEinwanderungsregelungen. Letztendlich geht es bei einem Einwanderungsrecht darum, dassdeutlich gemacht wird, dass jeder hier willkommen ist und jeder hier eine Chance bekommt.Hierfür brauchen wir ein neues Einwanderungsrecht und das gerne auch aus einer Hand.