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21.01.15 , 11:04 Uhr
SSW

Jeden Menschen willkommen heißen und bürgerliche Freiheiten verteidigen

Presseinformation Kiel, den 21. Januar 2015

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 13 Anträge zur Verteidigung freiheitlich-demokratischer
Grundwerte
Drs. 18/2618, 18/2617, 18/2625


„Für den SSW ist klar, dass wir jeden Menschen, der zu uns
kommt, willkommen heißen und es nicht hinnehmen werden,
dass versucht wird, die bürgerlichen Freiheiten einzuschränken“


Ich glaube wir alle sind uns in unseren Zielsetzungen hier im Hohen Hause einig: Wir
wollen, dass die Meinungsfreiheit und auch alle anderen bürgerlichen Freiheiten, die in
unserem Land geschützt sind, weiterhin geschützt werden. Deshalb muss ganz klar
gesagt werden, dass diejenigen, die diese Freiheit für die Menschen in Frage stellen,
damit die Werte unsere Landes mit Füßen treten. Es geht hier nicht nur um
Flüchtlingspolitik oder Einwanderung, es geht hier vor allem um die Grundfesten der
Demokratie in unserem Land. Man kann über alles diskutieren, solange man akzeptiert, 2
dass ein Mensch ein Mensch ist und alle Menschen die gleichen Rechte haben. Das ist
unser Wertesystem, das seit der Aufklärung am Ende des 18. Jahrhunderts
unverrückbar zum gesellschaftlichen Erbe Europas gehört.


Dass Menschen für die merkwürdigsten Ziele in unserem Land frei demonstrieren
können, ist eine Errungenschaft, für die anderenorts Menschen kämpfen und
manchmal sterben müssen. Ich glaube, es ist dringend notwendig, immer wieder
darauf hinzuweisen, dass dieses Recht – wie auch alle anderen Bürgerrechte – keine
Selbstverständlichkeit ist. Dass ich meine Meinung hier frei äußern kann, ist
anderenorts eben nicht möglich. Und dass eine Presse hier eben gerade nicht von einer
Regierung, die bei uns ohnehin regelmäßig in ihrer Couleur wechselt, gesteuert wird,
sondern unabhängig ist, ist nicht nur eine Tatsache, sondern ein tragendes Element
unserer Demokratie. Dann von Lügenpresse zu sprechen, nur weil einem die Meinung
einzelner Medien nicht passt, ist im Endeffekt nur der Ruf nach Zensur. Die Medien
sollen nicht mehr frei berichten, sondern nur so, wie es beispielsweise den Machern der
Pegida-Demonstrationen passt. Das ist nicht das Land, in dem ich leben möchte.


Wir als Politiker wissen, dass nicht alles, was die Medien berichten, einem immer passt.
Aber Demokratie muss das aushalten und kann das aushalten. Wer dies nicht
aushalten will, der will auch keine Meinungsvielfalt. Aber genau diese Meinungsvielfalt
und die Freiheit, die damit verbunden ist, ist das Fundament unserer Gesellschaft. Das
schließt nicht aus, dass die Menschen, die bei uns leben, in dem was sie tun, sich dieser
demokratischen Gesellschaft verpflichtet fühlen sollen und sie nicht gegen diese
Prinzipien verstoßen dürfen. Das gilt aber unabhängig von Hautfarbe, Religion oder
weltanschaulichem Bekenntnis. Eine strafbare Handlung ist immer eine strafbare 3
Handlung, egal von wem sie verübt wurde. An diesem unverrückbaren Grundsatz
müssen wir festhalten, weil sonst alles nur noch der Willkür unterliegt.


Deshalb darf es kein Verständnis für Organisationen geben, die genau das in Zweifel
ziehen. Egal ob es sich dabei um Islamisten, Rechtsradikale oder auch nur um
Zusammenschlüsse von sogenannten Wutbürgern handelt. Die persönliche
Unzufriedenheit mit der Politik rechtfertigt nicht, dass man radikale Organisationen
bei Demos mitlaufen lässt. Denn dann wird man irgendwann selbst zu einem
Mitläufer. Jeder Bürger hat auch selbst eine Verantwortung, mit wem und unter
welchen Parolen man läuft. Und wir haben auch eine Verantwortung für das, was wir
sagen. Wenn man, wie der Kollege Kubicki am 05. Januar in der Welt sagt: „Wenn ich in
einem Ort XY ein Flüchtlingsheim errichte, kann ich dort nicht gleichzeitig die
Polizeistation schließen.“, dann schürt dass Ängste. Die Analogie „Flüchtlingsheim“
und „Polizeistation“, füttert gerade wieder die Ressentiments, die sicherlich nicht im
Weltbild des Kollegen Kubicki enthalten sind. Trotzdem werden mit einem solchen
Statement diese Ressentiments bedient, ohne dass es auch nur im entferntesten einen
Grund dafür gibt. Wir haben hier eine hohe Verantwortung und deshalb muss man
jedes Wort auf die Goldwaage legen; insbesondere dann, wenn man – wie wir alle – in
der Öffentlichkeit steht.


Es gibt im Übrigen auch keinen sachlichen Grund eine Islamisierung Deutschlands zu
befürchten. Mal davon abgesehen, dass die weit überwiegende Zahl der muslimischen
Mitbürger rechtstreue und ordentliche Menschen sind, spricht auch schon die reine
Anzahl von Muslimen in unserem Land gegen eine solche merkwürdige These. Rund 4,5
Millionen Muslime leben in Deutschland. Die Gesamtbevölkerung beträgt 80,8 4
Millionen Einwohner. Das heißt, 5,6 % aller Einwohner sind Muslime, die anderen 94,4
% sind es nicht. Da von einer angeblichen Islamisierung zu sprechen, ist schon anhand
der vorhandenen Zahlen völliger Blödsinn. Das Wort Islamisierung hat aber ja auch
noch den Beiklang, als wollten alle Muslime in Deutschland den Menschen ihren
Glauben aufzwingen. Das ist aber nicht der Fall. Von radikalen Islamisten auf alle
Muslime zu schließen, ist eine Frechheit und bleibt eine Frechheit.


Im Gegenteil; ich habe einen hohen Respekt vor dem, was der Zentralrat der Muslime
am 07. Januar anlässlich des Pariser Anschlages als Pressemitteilung veröffentlicht hat:
„Wir verurteilen diesen abscheulichen Terroranschlag aufs Schärfste. Wir sind
erschüttert und schockiert über das Massaker, das an Zeitungsredakteuren und
anderen Personen verübt wurde und wir trauern mit den Hinterbliebenen. Es gibt in
keiner Religion und keiner Weltanschauung auch nur einen Bruchteil einer
Rechtfertigung für solche Taten. Dies ist ein feindlicher und menschenverachtender
Akt gegen unsere freie Gesellschaft. Durch diese Tat wurde nicht unser Prophet
gerächt, sondern unser Glaube wurde verraten und unsere muslimischen Prinzipien in
den Dreck gezogen. Es ist zu befürchten, dass der Anschlag neues Wasser auf die
Mühlen von Extremisten jeglicher Couleur sein wird. Wir rufen alle dazu auf, dem
perfiden Plan der Extremisten nicht auf dem Leim zu gehen, die die Gesellschaft
spalten, Hass und Zwietracht zwischen den Religionen schüren und die überwältigende
Mehrheit der friedlichen Gläubigen zu Paria der Gesellschaft machen wollen. Die
Attentäter von Paris müssen schnell gefasst und vor Gericht gestellt werden.“ So weit
der Zentralrat der Muslime. Besser kann man sich zur Verteidigung der
Religionsfreiheit, der bürgerlichen Freiheitsrechte und des Rechtsstaates nicht äußern.
Und das muss ein jeder auch anerkennen. 5



Wir müssen aufpassen, dass nicht durch die Angst vor allem Fremden auch rassistische
Gedanken und eine gefühlte Angst vor Überfremdung entstehen. Immer, wenn im
Volksmund zu einer angeblichen Islamisierung argumentiert wird, schwingt oft auch
rechtsradikales und völkisches Gedankengut mit. Das werfe ich nicht den einzelnen
Demonstranten vor. Aber wie der einzelne Bürger müssen auch wir wachsam sein,
damit hier die Menschen nicht Extremisten auf dem Leim gehen. Und Sorgen vor einer
Überfremdung sind völlig unbegründet. Während noch 1993 rund 1 Millionen
Menschen aus dem Ausland zu uns kamen, sank die Anzahl jedes Jahr stetig auf jetzt
knapp 600.000 Menschen jährlich. Es verlassen aber mehr Menschen Deutschland –
unter anderem jährlich auch rund 600.000 Ausländer - und deshalb haben wir leicht
sinkende Bevölkerungszahlen.


Nach unserer Auffassung ist es vor dem Hintergrund dieser Zahlen gefährlich, wenn
Politiker wie der ehemalige Innenminister Friedrich sagen, dass die CDU die „rechte
Flanke“ im Parteienspektrum nicht abgedeckt habe und dies zu einer Spaltung und
Schwächung des bürgerlichen Lager führen würde. Da liegt er falsch. Es ist gut, wenn
man diesen Rattenfängern eben nicht nachläuft, sondern die freiheitlich-
demokratische Grundordnung und ihre Prinzipien auch verteidigt. Genau deshalb darf
man sich eben nicht hinreißen lassen, irgendwelchen Ressentiments ideologisch die
Tür zu öffnen. Deshalb ist es nicht getan mit der Äußerung des Kollegen Günther, dass
jeder sachliche Kritiker der rot-grünen Flüchtlingspolitik sofort mit Vorwürfen der
Inhumanität konfrontiert wird und in die ganz rechte Ecke gestellt wird, wie er sagt.
Man stellt sich noch immer selbst in die rechte Ecke. Wer es ablehnt, wie von uns
beschlossen, hilfebedürftige Menschen im Winter nicht in die Obdachlosigkeit nach 6
Rumänien oder Bulgarien abzuschieben, der handelt inhuman. Und dieses Handeln
findet man sonst nur in der ganz rechten Ecke. Wenn der Kollege Günther sich da nicht
wohlfühlt, dann kann er ganz einfach dort herauskommen und unsere humane
Flüchtlingspolitik unterstützen.


Heute ist es wichtiger denn je, dass wir gemeinsam deutlich machen, dass wir ein
tolerantes und weltoffenes Deutschland sind. Sowohl im Reden als auch im Handeln
müssen wir hier zeigen, dass wir einig der Fremdenfeindlichkeit und der Einschränkung
der Bürgerrechte entgegen treten. Sowohl die Bundeskanzlerin als auch ihre beiden
Vorgänger Helmut Schmidt und Gerhard Schröder haben sich rechtzeitig und
unmissverständlich geäußert. Und auch die Gegendemonstrationen gegen Pegida
zeigen, dass die weit überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland für
Toleranz und Weltoffenheit ist. Mit den Gegendemonstrationen und den
verschiedenen Online-Petitionen, die bis zu einer halben Millionen Unterschriften
gesammelt haben, haben die Mitbürgerinnen und Mitbürger ein Zeichen für Toleranz,
Mitmenschlichkeit und die bürgerlichen Freiheitsrechte gesetzt. Das müssen wir heute
hier auch tun. Für uns als SSW ist es deshalb klar, dass wir jeden Menschen, der zu uns
kommt, willkommen heißen und es nicht hinnehmen werden, dass versucht wird, die
bürgerlichen Freiheiten einzuschränken oder abzuschaffen.

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