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11.12.14 , 17:54 Uhr
SPD

Simone Lange zu TOP 12: Menschenrechte verwirklichen, verfolgte Homosexuelle rehabilitieren

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 11. Dezember 2014



TOP 12, Rehabilitation verurteilter homosexueller Menschen (Drucksachen 18/2329 und 18/2560)



Simone Lange:
Menschenrechte verwirklichen, verfolgte Homosexuelle rehabilitieren

Im 19. Jahrhundert gab es eine trotz Verfolgung und Bestrafung eine lebendige Homosexuellenbewegung. In Großstädten gab es eine florierende Bar- und Clubszene, die Treffpunkt vieler Homosexueller waren. Berlin zum Beispiel war zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine der wichtigsten Metropolen, in der Homosexuelle relativ frei und gefahrlos leben konnten.
Der Begriff Homosexualität wurde übrigens 1869 durch den österreichisch-ungarischen Schriftsteller Karl Maria Benkert erfunden. Zuvor hatte der Jurist Karl Heinrich Ulrichs die Begriffe Uranismus für männlicher Homosexueller und Urninde für weiblicher Homosexuelle verwendet und bekannt gemacht. Ulrichs forderte 1867 erstmals öffentlich – auf dem deutschen Juristentag in München vor 500 Mitgliedern – die Straflosigkeit homosexueller Handlungen. Es gab tumultartige Szenen, in denen seine Rede unterging.
Die Anfang des 20. Jahrhunderts aufkeimende Emanzipationsbewegung der Homosexuellen wurde durch die Nationalsozialisten Anfang der 1930er jäh gestoppt. Der aus der Kaiserzeit stammende Strafrechtsparagraf, der „homosexuelle Handlungen“ unter Strafe stellte, wurde unter den Nazis erheblich verschärft. Die Höchststrafe wurde von 6 Monaten auf 5 Jahre heraufgesetzt und der Tatbestand um die Tathandlung „unzüchtiges Verhalten“ ausgedehnt. Es genügte demnach, sich Blicke zuzuwerfen oder sich an den Händen zu fassen. In erschwerten Fällen drohte eine 10jährige Zuchthausstrafe. Homosexuelle wurde während der NS-Zeit nicht nur verfolgt, sie wurden in Konzentrationslager verbracht und ermordet. 2



Der Paragraf 175 des Strafgesetzbuches galt in der Fassung der NS-Zeit noch lange in der Bundesrepublik Deutschland und wurde erst 1994 tatsächlich und komplett abgeschafft. Das Fortbestehen dieser NS-Gesetzgebung in der Zeit der Bundesrepublik Deutschland stellte für die ohnehin gesellschaftlich ausgegrenzten Homosexuellen eine darüber hinaus bestehende Härte dar.
Bis zum Ende der 60er Jahre wurden in der Bundesrepublik mehr als 50.000 Männer wegen ihrer Homosexualität verurteilt. In der DDR, wo der Paragraf 1968 abgeschafft wurde, waren es ebenfalls unzählige, die für das Ausleben ihrer sexuellen Identität verurteilt wurden.
Aus heutiger Sicht war und ist die Verfolgung Homosexueller eine Menschenrechtsverletzung. er Eur p ische erichtsh f für enschenrechte hat die estrafung ein ernehmlicher h m se ueller andlungen unter Er achsenen als Verst gegen die Eur p ische Menschenrechtskonvention eingestuft, ebens die estlegung unterschiedlicher strafrechtlicher Schutzaltersgrenzen für h m - und heterosexuelle Handlungen.
2002 hat sich der Deutsche Bundestag offiziell bei den homosexuellen Opfern des Nazi-Regimes entschuldigt und mit einer Ergänzung des NS-Aufhebungsgesetzes symbolisch alle Urteile aus der NS-Zeit aufgehoben. Doch die Rehabilitation blieb aus. Die Rehabilitation verfolgter und verurteilter Homosexueller ist aber nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, vielmehr ist sie eine Notwendigkeit bei der Verwirklichung der Menschenrechte.
Die Verwirklichung der Menschenrechte darf nicht vom Datum abhängig sein. Menschenrechte gelten jetzt, gelten in Zukunft und galten in der Vergangenheit. Auch hier gilt der Satz: Unrecht bleibt Unrecht, auch wenn es rechtsförmig daherkam. Den Homosexuellen wurde mit dem Paragrafen 175 Strafgesetzbuch Unrecht getan und dafür bitten wir erneut um Entschuldigung und fordern die Bundesregierung auf, alle Verurteilten endlich zu rehabilitieren!

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