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10.09.14 , 11:30 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zum Haushaltsgesetz 2015

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort. Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 5, 6, 13, 45 und 29A – Haushaltsgesetz 2015 Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Dazu sagt die Vorsitzende Mobil: 0172 / 541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Eka von Kalben: Nr. 340.14 / 10.09.2014


Wir wollen einen Haushalt der Gerechtigkeit aufstellen Sehr verehrte Damen und Herren, Herr Präsident.
Ein Haushaltsplan ist ein abstraktes Werk, doch das, was er bewirkt, ist sehr konkret. Wenn wir Haushaltspolitik machen und unsere Einheit „Tausend Euro“ lautet, wenn wir oft sogar in Millionenbeträgen denken, dürfen wir nicht vergessen, welche Auswirkungen es am Ende für den einzelnen und die einzelne Bürgerin hat.
Wenn ich mit Menschen darüber spreche, was es bedeutet, Politik zu machen und welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt, dann komme ich oft zu dem Punkt, dass fast alles mit der Verteilung des Geldes zu tun hat.
Es geht, etwas zugespitzt formuliert, darum, ob wir Geld entweder für bessere Bildung oder für eine neue Autobahn ausgeben. Wir bewegen uns bei der Haushaltsplanung in einem Dreieck zwischen neuen Projekten und Investitionen an der ersten Spitze, dem Erhalt des aktuellen Standards an der zweiten Spitze und dem Schuldenabbau bzw. der Haushalts- konsolidierung in der dritten Ecke.
Unsere Aufgabe ist es, eine gute Balance zwischen diesen Polen zu finden. Wer das Geld nur für „nice-to-have“ Projekte ausgibt, handelt nicht nachhaltig. Eine neue Umgehungs- straße als Geschenk für den eigenen Wahlkreis kann sinnvoll sein – muss mit Blick aufs Ganze nicht immer höchste Priorität haben.
Die Debatte um Infrastrukturschulden ist richtig, wir betonen immer wieder Erhalt vor Neu- bau. Sie darf aber nicht dazu missbraucht werden, dass wir unserer Schulden nicht mehr Herr werden. Zu schnell öffnet sich die Büchse der Pandora für Konsum und Prestigeobjek- te.

Seite 1 von 4 Sehr geehrte Damen und Herren. Der Haushaltsentwurf 2015 setzt die Serie der guten Nachrichten in der Haushaltspolitik fort. Ein Steuerplus von 400 Millionen und eine überschaubare Nettokreditaufnahme von 98 Millionen Euro zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind. 2011 musste Schleswig- Holstein über fünfmal so viele neue Schulden aufnehmen. Die mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass das Land schon vor 2020 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt erreichen kann.
Sie werfen uns vor, dass sei nur den glücklichen Umständen geschuldet. Doch es ist ein Trugschluss zu glauben, Haushaltspolitik sei in Zeiten guter Konjunktur einfacher. Natürlich ist es schön, wenn die Steuereinnahmen sprudeln. Dadurch eröffnen sich gestalterische Handlungsspielräume. Gleichzeitig setzt aber auch das Ringen um die Schwerpunkte ein, die Suche nach dem richtigen Platz im Dreieck beginnt erneut.
Gerade bei guter Konjunktur ist es schwer, unbeirrt an wichtigen und langfristig gedachten Konsolidierungsmaßnahmen festzuhalten – allen voran dem Personalabbau. Monika Hein- old gebührt großer Respekt dafür, wie ihr der Spagat zwischen Konsolidierung und Gestal- tung gelingt. Vielen Dank dafür!
Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Präsident. Jahrelang hat die Politik die Risiken vor sich hergeschoben. Wir haben mit diesen Stil der Generationenungerechtigkeit gebrochen. Wir Grüne glauben nicht ans ewige Wachstum, nicht an die Unendlichkeit der Ressourcen und wir verlassen uns auch nicht auf die gute Konjunktur!
Der Knackpunkt des Haushaltsentwurfs ist die Investitionsquote, also der Anteil im Haushalt der für die Zukunft angelegt wird. Das haben inzwischen alle erkannt. Wenn das Sachver- mögen des Landes, das aus Straßen, Brücken, Gebäuden und so weiter besteht, langsam verrottet, geht das genauso zu Lasten zukünftiger Generationen wie Landesschulden.
Aber, wenn wir in Bildung nicht investieren würden, dann ist das nicht nur ein menschliches Problem, sondern auch hier Vernachlässigen wir die Zukunft unseres Landes.
Der demografische Wandel zwingt uns nicht nur mehr in den Erhalt von Infrastruktur, son- dern eben auch noch mehr in die Menschen zu investieren. In die Bildung von Menschen egal ob sie hier geboren sind, oder zugereist. Deshalb haben wir ab nächstem Jahr 500 Lehrerstellen mehr als geplant, 45 Millionen mehr für Kindertagesstätten, 4,5 Millionen mehr für freie Schulen und 30 Millionen mehr für Schulsozialarbeit/Assistenzstellen in Schulen. Wer da unseren Schwerpunkt Bildung in Frage stellt kann vor lauter Zahlenakro- batik die Grundrechenarten nicht!
Zu Beginn der Legislaturperiode standen wir im Sanierungsstau vor einem Schuldenberg. Oder, besser gesagt, vor einem Schuldenloch. Denn wo das Geld fehlt ist eben kein Berg aus Scheinen, sondern nur ein Loch, das gefüllt werden muss. Wir befinden uns auf einem guten Weg und wir haben einen Plan, wie die Schuldenlast zukünftig schrumpfen kann, oh- ne das Sanieren zu vernachlässigen.
Wir nutzen Einmaleffekte wie die Zensusgelder und Zinsersparnisse für energetische Sa- nierungen, den Breitbandausbau und, das ist neu, für Verwaltungsgebäude. So schaffen wir Beides: Einen klaren Kompass beim Sparkurs und Investitionen in die Zukunft.
Entscheidend dafür, dass wir unsere Aufgaben weiter finanzieren können, ist aber auch, wie sich das Verhältnis von Bund und Ländern entwickelt, wie sich die Finanzströme in der
2 Republik entwickeln. Daher ist es so wichtig, dass die Landesparlamente in die Kommission zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen mit einbezogen werden!
Selbst wenn es den von uns geforderten Altschuldentilgungsfonds geben sollte, können wir mit unseren anderen großen Aufgaben, den Zukunftsinvestitionen, nicht warten bis der Schuldenberg abgetragen ist.
Sehr geehrte Damen und Herren. Sie werfen uns vor, dass die Investitionsquote sinkt. Technisch, haushälterisch, mag das richtig sein. Aber darum geht es doch gar nicht. Wir haben uns entschieden, die Investitio- nen, die wir als Einmalzahlungen vornehmen können, in Sondervermögen abzubilden und dadurch werden sie nicht Teil der Investitionsquote.
Und, ohne den Investitionsbedarf völlig relativieren zu wollen, werden wir Grüne nicht mü- de, darauf aufmerksam zu machen, dass die Investitionsquote als Kennziffer unzureichend ist. Sie spiegelt nur bestimmte Haushaltstitel wider.
Nämlich Baumaßnahmen, den Erwerb von beweglichen und unbeweglichen Sachen, Betei- ligungen an Unternehmen, Kapitalheraufsetzungen für Unternehmen und Darlehen. Alle anderen Ausgaben werden nicht bei der Berechnung der Investitionsquote berücksichtigt.
Natürlich braucht der Investitionsbegriff Grenzen, damit er nicht beliebig wird. Dennoch gilt für uns, auch und gerade Bildungsausgaben sind wichtige Investitionen in die Zukunft des Landes und in jene unsere Kinder.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen einen Haushalt der Gerechtigkeit aufstellen. Und dabei denke ich ausdrücklich an die Gerechtigkeit der Generationen. Der Verantwortung für die uns nachfolgenden Men- schen. Deshalb brauchen wir Investitionen in Klima und Bildung. Für die Energiewende sind im Haushaltsentwurf 2015 noch einmal 1,2 Millionen Euro mehr eingestellt. Der Klima- schutz ist und bleibt grünes Kernthema!
Ich möchte noch einmal drei Punkte besonders hervorheben.
Erstens: Der Bericht gestern Abend im S-H-Magazin über die falsche Kennzeichnung von Fleisch zeigt wieder einmal allzu deutlich: Wir brauchen eine verlässliche und ausreichende Finan- zierung der Verbraucherzentralen. Die chronische Unterfinanzierung ist nicht hinnehmbar! Wir setzen uns für eine Aufstockung der Landesmittel, aber auch für eine verursacherorien- tierte Finanzierung ein. Wenn die Fleischindustrie immer wieder Katzenfutter als Wurst ver- packt, muss sie auch die Kosten für die Lebensmittelkontrolle tragen!
Zweitens: Auch die Aufnahme der vielen Flüchtlinge, die in unser Land kommen und es bereichern, kann zur Zukunftsinvestition werden. Nämlich dann, wenn wir den Menschen von Anfang an das Gefühl geben, dass wir sie in unserer Gesellschaft willkommen heißen, wenn wir ihnen die Möglichkeit eröffnen, unsere Sprache zu lernen, ihren Beruf auszuüben. Eben genau dann, wenn wir ihnen die Möglichkeit geben, sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen.
Drittens: Gerade das Flüchtlingsthema zeigt, dass wir mit den Kommunen in einem Boot sitzen. Und der vorliegende Haushaltsentwurf stärkt die Kommunen. Die Reform des kommunalen Fi-
3 nanzausgleichs befindet sich noch in der parlamentarischen Beratung, doch schon jetzt sind zusätzliche Mittel für die Kommunen eingeplant. Die Gesamtmasse soll um 13,5 Millio- nen für die Schulsozialarbeit und 11,5 Millionen für Infrastrukturmaßnahmen aufgestockt werden.
Nochmal zusammengefasst: Wenn wir Geld in die Hand nehmen um mehr Lehrerstellen zu schaffen, sinkt die Investiti- onsquote. Wenn sich das Land an Unternehmen beteiligt, Stichwort HSH, steigt die Investi- tionsquote.
Wenn wir Grüne über Investitionen sprechen, denken wir an die Zukunft: An gedämmte Gebäude, an Hörsäle und Labore in Universitäten, an moderne Krankenhäu- ser, an den Öffentlichen Nahverkehr und an den Breitbandausbau in ländlichen Regionen. Sogar meine fast 90 jährige Tante berichtete mir kürzlich begeistert, dass sie durch den neuen, schnellen Internetanschluss bei ihr im Dort nun regelmäßig Fotos und Videos von ihrer Enkelin aus Australien bekommt.
Wir dürfen auch als Konsolidierungsland nicht den Anschluss an die Zukunft verlieren. Wir denken nicht an Leuchtturmprojekte und Wahlkreisgeschenke, sondern an notwendige Inf- rastruktur und an den Erhalt von Sicherheitsstandards an Gebäuden und Brücken. Ganz konkret denken wir zurzeit an die Sanierung des UKSH. Wir werden am Freitag detailliert darüber sprechen.
Fakt ist, dass wir neben den Pensionslasten und den Altschulden mit dem Verfall der Infra- struktur keine weitere Belastung auf den Schultern der kommenden Generationen aufladen dürfen. Das, meine Damen und Herren, wäre zutiefst unsolidarisch!
Sehr geehrte Damen und Herren. Die Haushaltsberatungen haben gerade erst begonnen. Wir werden unsere Schwerpunkte setzen und ich lade auch die Opposition dazu ein, sich konstruktiv an der Gestaltung zu be- teiligen.
Wir haben einen guten Entwurf vorliegen. Wir haben gute Rahmenbedingungen. Jetzt liegt es an uns, den Haushalt im Sinne der Menschen in Schleswig-Holstein mit i-Tüpfelchen zu versehen.
Ich freue mich auf die parlamentarischen Beratungen!



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