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Lars Harms: Wer meckert, der muss auch Alternativen vorlegen
Presseinformation Kiel, den 20. Februar 2014Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 20 Reform des kommunalen Finanzausgleichs neu starten Drs. 18/1564 „Wer meckert, der muss auch Alternativen vorlegen“Der kommunale Finanzausgleich ist in der Tat eine komplizierte Sache. Er ist aber,betrachtet man den Status Quo, auch ein in sich veraltetes Instrument, das denheutigen Ansprüchen nicht mehr genügt. Er stammt von der Struktur her aus denfünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und er wurde das letzte Mal 1970überarbeitet. Seit über vierzig Jahren hat sich keine Koalition, gleich welcher Couleur,mehr an dieses Instrument heran gewagt, um es zu reformieren. Zu groß waren wohlauch die Ängste, es nicht allen recht machen zu können. Deshalb haben wir heute einInstrument zur Finanzierung der kommunalen Aufgaben, dass sich an teilweiseveraltete Parameter orientiert und hierbei möchte auch ich daran erinnern, dass zumBeispiel die Zonenrandförderung immer noch Teil der Finanzausgleichs ist, obwohl dieDDR schon vor fast 25 Jahren untergegangen ist. 2Die Bürgerinnen und Bürger können mit Fug und Recht erwarten, dass die Politik sichdarum kümmert, wie die kommunale Ebene in Zukunft finanziert wird.Dabei gibt es mehrere Komponenten, die nach unserer Ansicht betrachtet werdenmüssen. Erstens muss man Bereiche definieren, die vorab finanziert werden müssen.Und danach müssen dann Kriterien festgelegt werden, nach denen die Aufgaben derKommunen finanziert werden müssen. Genau das hat die Landesregierung jetzt zumersten Mal seit 43 Jahren getan.Welche übergeordneten Aufgaben hat nun eigentlich das System des kommunalenFinanzausgleichs? Zuerst einmal muss man sich um die Dinge kümmern, die vorab vonallen Kommunen gemeinsam getragen werden müssen. Und da ist natürlichzuallererst aus Sicht des SSW die Kultur zu nennen.Der neue kommunale Finanzausgleich, den wir umsetzen wollen, soll insbesondere dieTheater im Land und das Büchereiwesen stärken. Beide Bereiche kommen nicht ohneeine solide Grundfinanzierung aus. Und beide Bereiche sind durchaus personalintensiv.Deshalb kann es nicht sein, dass man Finanzmittel einfriert und eineAufrechterhaltung der Struktur so infrage stellt. In der Vergangenheit hat man sowohlbei den Theatern als auch im Büchereiwesen erhebliche Einschnitte hinnehmenmüssen. Jetzt steht man allerdings vor erheblichen Herausforderungen: Die Theatermüssen insbesondere Personalkostensteigerungen auffangen können und dieBüchereien haben zusätzlich damit zu kämpfen, dass sie sich auf die neuen Medien, diegar nicht mehr so neu sind, einstellen und ihre Angebote entsprechend anpassenmüssen. 3Für uns als SSW, mit unserer skandinavischen Sichtweise, sind Theater unverzichtbarund die Angebote der Büchereien sind quasi eine Grundlage dafür, dass man dasMenschenrecht auf ungehinderten Zugang zu Bildung auch erfüllen kann. Deshalbsollen die Zuschüsse für diese Bereiche in Zukunft dynamisiert werden. Es bleibt alsonicht nur beim Vorwegabzug, sondern es wird stetig mehr Geld in diese Bereichefließen. Hier sind wir uns mit den kommunalen Spitzenverbänden einig und deshalbmuss man ganz deutlich sagen, dass hier in einem für uns alle wichtigen Bereichendlich Sicherheit einkehrt.Betrachtet man nun die Verteilung der Gelder, die direkt an die Kommunen gehen, sogilt gerade dort, dass die Gelder den Aufgaben folgen sollen. Eigentlich ist das eineBinsenweisheit, aber trotzdem muss man dies anscheinend immer wieder betonen.Deshalb ist das „Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung“ im Einvernehmenmit den kommunalen Spitzenverbänden beauftragt worden, die Verteilung der Gelderinnerhalb der kommunalen Familie zu untersuchen. Die Kriterien, die dafür angelegtwurden, sind ebenfalls mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt wordenund dann kam irgendwann ein Ergebnis. Dass dabei klargestellt wurde, dass diekreisfreien Städte und die größeren zentralen Orte für die Vielfalt ihrer Aufgaben, diesie auch gerade für ihren Umlandbereich leisten, bisher zu wenig Geld bekommenhatten, konnte nicht wirklich jemanden überraschen. Allerdings hatte ich seinerzeitauch nicht erwartet, dass die kleinen kreisangehörigen Gemeinden unterfinanziertwaren und die Landkreise eher zu gut dastünden, wie es das Ergebnis des Gutachtenswar. Deshalb machte es ja auch Sinn, die Resultate des Gutachtens noch einmal zuüberprüfen. 4Allerdings kam bei der Prüfung der Resultate heraus, dass das Gutachten eben nichtdaneben lag, sondern die Wirklichkeit recht gut abgebildet hatte. Natürlich wurdeetwas korrigiert, aber am Grundtenor der Aussagen des Gutachtens konnte eben nichtgerüttelt werden. Dass also eine Verschiebung zwischen den einzelnen kommunalenEinheiten stattfinden musste, war klar und nachvollziehbar. Und ich möchte hierbeinoch einmal daran erinnern, dass sich das Gutachten an Fragestellungen orientierte,die mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt waren.Wenn man nun weiß, dass die Verteilung der Mittel zwischen Gemeinden, Kreisen undStädten neu gestaltet werden muss, dann kam es jetzt noch darauf an, ein geeignetesKriterium zu finden. Wir meinen, dass die Berücksichtigung von Soziallasten genau einsolches Kriterium ist und dieses Kriterium auch die finanzielle Hauptbelastung unsererKommunen abbildet. Es wird also auch in Zukunft so sein, dass Kommunen, die hoheLasten zu tragen haben, auch mit höheren Finanzmitteln rechnen können. Und das istauch vernünftig so. Natürlich müssen dann auch die eigenen Einnahmemöglichkeitengegen gerechnet werden. So wird im Übrigen die Gemeinde Kampen nicht mehr ausdem KFA bekommen, sondern rund 2 Millionen Euro weniger – aber das nur am Rande,weil der eine oder andere sich als falsch informiert zeigte. Das Grundsystem des neuenFinanzausgleichs war also richtig.Trotzdem haben wir aber den von uns eingeleiteten Dialog natürlich ernst genommenund dieser Dialog ist ja auch nicht abgeschlossen, wenn wir demnächst mit der erstenLesung des Gesetzentwurfs hier im Landtag beginnen. Es sind in den letzten Monateneine Vielzahl von Vorschlägen eingegangen, wie der KFA noch besser gestaltet werdenkönnte. Da ist von einem Flächenansatz gesprochen worden oder auch Sonderfälle wie 5Inseln und Halligen sind genannt worden. Aber auch die Schulsozialarbeit, dieJugendhilfekosten, die Eingliederungshilfe oder auch der ÖPNV und dieSchülerbeförderungskosten sollten nach der Meinung der Angehörten berücksichtigtwerden. Wir haben dies alles beraten und haben diese Vorschläge aufgegriffen. Dasalleine ist schon bemerkenswert und positiv an sich.Nach Ende der Anhörungen durch das Ministerium ist der Vorschlag für einen neuenkommunalen Finanzausgleich um mehrere Komponenten erweitert worden. So sollennun auch Anteile aus der erhöhten Grunderwerbsteuer an die Kommunenweitergeleitet werden. Weiter soll das Geld, das wir für dieses Jahr einmal für dieSchulsozialarbeit in den Haushalt eingestellt haben, auch in Zukunft in dieser Höhe andie Kommunen fließen. Und darüber hinaus kann auch eine Infrastrukturkomponenteberücksichtigt werden, wenn die Steuerschätzung im Mai dies ermöglicht. Wer sich dieSummen ansieht, 15 Millionen Euro extra aus der Grunderwerbsteuer, 13 Millionen Euroextra für die Schulsozialarbeit und möglicherweise noch einmal 12 Millionen Euro fürdie Infrastruktur, der kann nicht ernsthaft meinen, wir täten nichts für die kommunaleEbene – im Gegenteil: Im Bewusstsein des knappen Haushaltes machen wir dasmaximale möglich und stellen bis zu 40 Millionen Euro mehr zur Verfügung und dasunterscheidet uns sehr von unseren Vorgängern.Für den SSW ist es insbesondere wichtig und unerlässlich, dass wir im Bereich derInfrastrukturfinanzierung noch etwas nachlegen. Man könnte sich dabei amStraßennetz der Kreise und kreisfreien Städte orientieren, so wie man es im bisherigenFinanzausgleich ja auch schon macht. So könnte man sicherstellen, dass man – wievon den Angehörten gewünscht – Gelder im ÖPNV und für die Schülerbeförderung 6nutzen kann. Im Übrigen hat sich auch schon die Autokraft an die Fraktionen gewandtund diese Forderung unterstützt. Weiter wären solche Mittel aber auch für den Bauund die Sanierung des teilweise maroden Straßennetzes insbesondere im ländlichenRaum nutzbar und natürlich könnte man dieses Geld auch für den Breitbandausbau imländlichen Raum nutzen. Gerade hier stehen wir vor besonderen Herausforderungen,wenn wir für annähernd gleiche Lebensverhältnisse im ländlichen Raum sorgen wollenund hier muss dann auch zusätzliches Geld fließen.Betrachtet man das Ganze abschließend, so kann man sagen, dass dadurch, dass wirbis zu 40 Millionen Euro mehr in den Finanzausgleich geben und insgesamt 80Millionen Euro zusätzlich in 2017 für Kindertagesstätten bereit gestellt werden, derbisherige Eingriff in den KFA ausgeglichen wird. Gleichzeitig orientiert sich dieFinanzierung der Kommunen an nachvollziehbaren und aufgabenbezogenen Kriterien.Alles in Allem ist das somit eine ziemlich runde Sache. Meckern der Opposition ist dabeiunangebracht. Wer meckert, der muss auch Alternativen vorlegen. Nein sagen, reichtda bei weiten nicht aus.