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20.02.14 , 10:57 Uhr
SSW

Lars Harms: Wer meckert, der muss auch Alternativen vorlegen

Presseinformation Kiel, den 20. Februar 2014

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 20 Reform des kommunalen Finanzausgleichs neu starten
Drs. 18/1564
„Wer meckert, der muss auch Alternativen vorlegen“


Der kommunale Finanzausgleich ist in der Tat eine komplizierte Sache. Er ist aber,
betrachtet man den Status Quo, auch ein in sich veraltetes Instrument, das den
heutigen Ansprüchen nicht mehr genügt. Er stammt von der Struktur her aus den
fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und er wurde das letzte Mal 1970
überarbeitet. Seit über vierzig Jahren hat sich keine Koalition, gleich welcher Couleur,
mehr an dieses Instrument heran gewagt, um es zu reformieren. Zu groß waren wohl
auch die Ängste, es nicht allen recht machen zu können. Deshalb haben wir heute ein
Instrument zur Finanzierung der kommunalen Aufgaben, dass sich an teilweise
veraltete Parameter orientiert und hierbei möchte auch ich daran erinnern, dass zum
Beispiel die Zonenrandförderung immer noch Teil der Finanzausgleichs ist, obwohl die
DDR schon vor fast 25 Jahren untergegangen ist. 2
Die Bürgerinnen und Bürger können mit Fug und Recht erwarten, dass die Politik sich
darum kümmert, wie die kommunale Ebene in Zukunft finanziert wird.


Dabei gibt es mehrere Komponenten, die nach unserer Ansicht betrachtet werden
müssen. Erstens muss man Bereiche definieren, die vorab finanziert werden müssen.
Und danach müssen dann Kriterien festgelegt werden, nach denen die Aufgaben der
Kommunen finanziert werden müssen. Genau das hat die Landesregierung jetzt zum
ersten Mal seit 43 Jahren getan.
Welche übergeordneten Aufgaben hat nun eigentlich das System des kommunalen
Finanzausgleichs? Zuerst einmal muss man sich um die Dinge kümmern, die vorab von
allen Kommunen gemeinsam getragen werden müssen. Und da ist natürlich
zuallererst aus Sicht des SSW die Kultur zu nennen.


Der neue kommunale Finanzausgleich, den wir umsetzen wollen, soll insbesondere die
Theater im Land und das Büchereiwesen stärken. Beide Bereiche kommen nicht ohne
eine solide Grundfinanzierung aus. Und beide Bereiche sind durchaus personalintensiv.
Deshalb kann es nicht sein, dass man Finanzmittel einfriert und eine
Aufrechterhaltung der Struktur so infrage stellt. In der Vergangenheit hat man sowohl
bei den Theatern als auch im Büchereiwesen erhebliche Einschnitte hinnehmen
müssen. Jetzt steht man allerdings vor erheblichen Herausforderungen: Die Theater
müssen insbesondere Personalkostensteigerungen auffangen können und die
Büchereien haben zusätzlich damit zu kämpfen, dass sie sich auf die neuen Medien, die
gar nicht mehr so neu sind, einstellen und ihre Angebote entsprechend anpassen
müssen. 3
Für uns als SSW, mit unserer skandinavischen Sichtweise, sind Theater unverzichtbar
und die Angebote der Büchereien sind quasi eine Grundlage dafür, dass man das
Menschenrecht auf ungehinderten Zugang zu Bildung auch erfüllen kann. Deshalb
sollen die Zuschüsse für diese Bereiche in Zukunft dynamisiert werden. Es bleibt also
nicht nur beim Vorwegabzug, sondern es wird stetig mehr Geld in diese Bereiche
fließen. Hier sind wir uns mit den kommunalen Spitzenverbänden einig und deshalb
muss man ganz deutlich sagen, dass hier in einem für uns alle wichtigen Bereich
endlich Sicherheit einkehrt.


Betrachtet man nun die Verteilung der Gelder, die direkt an die Kommunen gehen, so
gilt gerade dort, dass die Gelder den Aufgaben folgen sollen. Eigentlich ist das eine
Binsenweisheit, aber trotzdem muss man dies anscheinend immer wieder betonen.
Deshalb ist das „Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung“ im Einvernehmen
mit den kommunalen Spitzenverbänden beauftragt worden, die Verteilung der Gelder
innerhalb der kommunalen Familie zu untersuchen. Die Kriterien, die dafür angelegt
wurden, sind ebenfalls mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt worden
und dann kam irgendwann ein Ergebnis. Dass dabei klargestellt wurde, dass die
kreisfreien Städte und die größeren zentralen Orte für die Vielfalt ihrer Aufgaben, die
sie auch gerade für ihren Umlandbereich leisten, bisher zu wenig Geld bekommen
hatten, konnte nicht wirklich jemanden überraschen. Allerdings hatte ich seinerzeit
auch nicht erwartet, dass die kleinen kreisangehörigen Gemeinden unterfinanziert
waren und die Landkreise eher zu gut dastünden, wie es das Ergebnis des Gutachtens
war. Deshalb machte es ja auch Sinn, die Resultate des Gutachtens noch einmal zu
überprüfen. 4
Allerdings kam bei der Prüfung der Resultate heraus, dass das Gutachten eben nicht
daneben lag, sondern die Wirklichkeit recht gut abgebildet hatte. Natürlich wurde
etwas korrigiert, aber am Grundtenor der Aussagen des Gutachtens konnte eben nicht
gerüttelt werden. Dass also eine Verschiebung zwischen den einzelnen kommunalen
Einheiten stattfinden musste, war klar und nachvollziehbar. Und ich möchte hierbei
noch einmal daran erinnern, dass sich das Gutachten an Fragestellungen orientierte,
die mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt waren.


Wenn man nun weiß, dass die Verteilung der Mittel zwischen Gemeinden, Kreisen und
Städten neu gestaltet werden muss, dann kam es jetzt noch darauf an, ein geeignetes
Kriterium zu finden. Wir meinen, dass die Berücksichtigung von Soziallasten genau ein
solches Kriterium ist und dieses Kriterium auch die finanzielle Hauptbelastung unserer
Kommunen abbildet. Es wird also auch in Zukunft so sein, dass Kommunen, die hohe
Lasten zu tragen haben, auch mit höheren Finanzmitteln rechnen können. Und das ist
auch vernünftig so. Natürlich müssen dann auch die eigenen Einnahmemöglichkeiten
gegen gerechnet werden. So wird im Übrigen die Gemeinde Kampen nicht mehr aus
dem KFA bekommen, sondern rund 2 Millionen Euro weniger – aber das nur am Rande,
weil der eine oder andere sich als falsch informiert zeigte. Das Grundsystem des neuen
Finanzausgleichs war also richtig.


Trotzdem haben wir aber den von uns eingeleiteten Dialog natürlich ernst genommen
und dieser Dialog ist ja auch nicht abgeschlossen, wenn wir demnächst mit der ersten
Lesung des Gesetzentwurfs hier im Landtag beginnen. Es sind in den letzten Monaten
eine Vielzahl von Vorschlägen eingegangen, wie der KFA noch besser gestaltet werden
könnte. Da ist von einem Flächenansatz gesprochen worden oder auch Sonderfälle wie 5
Inseln und Halligen sind genannt worden. Aber auch die Schulsozialarbeit, die
Jugendhilfekosten, die Eingliederungshilfe oder auch der ÖPNV und die
Schülerbeförderungskosten sollten nach der Meinung der Angehörten berücksichtigt
werden. Wir haben dies alles beraten und haben diese Vorschläge aufgegriffen. Das
alleine ist schon bemerkenswert und positiv an sich.


Nach Ende der Anhörungen durch das Ministerium ist der Vorschlag für einen neuen
kommunalen Finanzausgleich um mehrere Komponenten erweitert worden. So sollen
nun auch Anteile aus der erhöhten Grunderwerbsteuer an die Kommunen
weitergeleitet werden. Weiter soll das Geld, das wir für dieses Jahr einmal für die
Schulsozialarbeit in den Haushalt eingestellt haben, auch in Zukunft in dieser Höhe an
die Kommunen fließen. Und darüber hinaus kann auch eine Infrastrukturkomponente
berücksichtigt werden, wenn die Steuerschätzung im Mai dies ermöglicht. Wer sich die
Summen ansieht, 15 Millionen Euro extra aus der Grunderwerbsteuer, 13 Millionen Euro
extra für die Schulsozialarbeit und möglicherweise noch einmal 12 Millionen Euro für
die Infrastruktur, der kann nicht ernsthaft meinen, wir täten nichts für die kommunale
Ebene – im Gegenteil: Im Bewusstsein des knappen Haushaltes machen wir das
maximale möglich und stellen bis zu 40 Millionen Euro mehr zur Verfügung und das
unterscheidet uns sehr von unseren Vorgängern.


Für den SSW ist es insbesondere wichtig und unerlässlich, dass wir im Bereich der
Infrastrukturfinanzierung noch etwas nachlegen. Man könnte sich dabei am
Straßennetz der Kreise und kreisfreien Städte orientieren, so wie man es im bisherigen
Finanzausgleich ja auch schon macht. So könnte man sicherstellen, dass man – wie
von den Angehörten gewünscht – Gelder im ÖPNV und für die Schülerbeförderung 6
nutzen kann. Im Übrigen hat sich auch schon die Autokraft an die Fraktionen gewandt
und diese Forderung unterstützt. Weiter wären solche Mittel aber auch für den Bau
und die Sanierung des teilweise maroden Straßennetzes insbesondere im ländlichen
Raum nutzbar und natürlich könnte man dieses Geld auch für den Breitbandausbau im
ländlichen Raum nutzen. Gerade hier stehen wir vor besonderen Herausforderungen,
wenn wir für annähernd gleiche Lebensverhältnisse im ländlichen Raum sorgen wollen
und hier muss dann auch zusätzliches Geld fließen.


Betrachtet man das Ganze abschließend, so kann man sagen, dass dadurch, dass wir
bis zu 40 Millionen Euro mehr in den Finanzausgleich geben und insgesamt 80
Millionen Euro zusätzlich in 2017 für Kindertagesstätten bereit gestellt werden, der
bisherige Eingriff in den KFA ausgeglichen wird. Gleichzeitig orientiert sich die
Finanzierung der Kommunen an nachvollziehbaren und aufgabenbezogenen Kriterien.
Alles in Allem ist das somit eine ziemlich runde Sache. Meckern der Opposition ist dabei
unangebracht. Wer meckert, der muss auch Alternativen vorlegen. Nein sagen, reicht
da bei weiten nicht aus.

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