Dr. Gitta Trauernicht zu TOP 51: Frühe Hilfen sind entscheidender Grundstein für positive Entwicklung
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 30. Mai 2013TOP 51, Bericht zur Situation von Kindern und Jugendlichen bei Gefahren für ihr körperliches, geistiges oder seelisches Wohl – Zweiter Landeskinderschutzbericht (Drucksache18/711)Dr. Gitta Trauernicht:Frühe Hilfen sind entscheidender Grundstein für positive EntwicklungDie zügige Vorlage des Landeskinderschutzberichtes in dieser Legislaturperiode zeigt, dass im Sozialministerium wieder mit Herz und fachpolitischer Dynamik an der Verbesserung des Kinderschutzes in unserem Land gearbeitet wird. Dafür der Ministerin und ihren Mitarbeiter/innen vielen Dank!Der Staat muss sich für das Schicksal von geschlagenen, missbrauchten, vernachlässigten Kindern verantwortlich fühlen, sein Wächteramt wahrnehmen und präventiv wirkende Strukturen aufbauen. Der Bedarf ist groß, das ist belegt durch die Verdoppelung der Inobhutnahmen auf inzwischen fast 2.000 Kinder und junge Menschen pro Jahr in Schleswig-Holstein, durch ca. 200 Sorgerechtsentzüge, die rasant steigende Nachfrage an Hilfe bei den Kinderschutzzentren und anderes mehr.Hilfe tut not und – so der vorgelegte Kinderschutzbericht – findet im zunehmenden Maß auch statt. Eltern werden in Kursen der Familienbildung geschult, durch (Familien-)Hebammen begleitet, durch Familienpatinnen und Wellcome-Projekte entlastet und, wenn nötig, intensiv im Rahmen von Hilfen zur Erziehung unterstützt.All diese Infrastruktur ist gut und richtig. Mit der politischen Entscheidung in Schleswig-Holstein, ein Landeskinderschutzgesetz auf den Weg zu bringen und systematisch frühe Hilfen 2auszubauen, wurde ein Quantensprung – das zeigt der vorgelegte Bericht – im Kinderschutz erreicht.Frühe Hilfen als lokale und regionale Hilfenetzwerke mit koordinierten Angeboten für Eltern und Kinder ab Beginn der Schwangerschaft und in den ersten Lebensjahren sind ein entscheidender Grundstein für eine positive und gesunde Entwicklung. Damit lassen wir Familien mit ihren Rechten und Pflichten nicht allein, sondern übernehmen öffentliche Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern. Der Staat investiert, erwartet aber auch ein verantwortliches Miteinander von privatem und gesellschaftlichem Engagement, ohne jedoch Eltern aus ihrer primären Verantwortung zu entlassen. Kinder haben ein Recht auf Hilfe – und zwar schon auf frühe Hilfe!Deshalb müssen Angebote leicht zugänglich sein und konzeptionell alle Zielgruppen erreichen. Dies kann eine besondere Herausforderung im ländlichen Raum sein aufgrund langer Wege und mit Blick auf Familien, die ihre Tür eher verschlossen halten und keinen Einblick in möglicherweise problematische Lebensumstände ihrer Kinder lassen. Ich begrüße daher, dass die Landesregierung diese Schwerpunkte in der Neukonzeption des Landesprogramms Schutzengel vorsieht.In Schleswig-Holstein werden ca. 22.000 Babys im Jahr geboren. Die allermeisten dieser Neugeborenen können und werden sich gut entwickeln. Dafür sorgen die Eltern, Verwandte, Bekannte, Krippen- und Kita-Mitarbeiterinnen und ein gutes Umfeld.Studien und Erfahren zeigen aber, dass bei einem Drittel dieser Babys eine fördernde Infrastruktur für Eltern und Kinder wünschenswert ist, bei jedem 10. Baby ist ein dichtes Netz an Hilfen zur Entwicklung und Gesundheitsförderung zwingend erforderlich. Risiken für die Entwicklung müssen frühzeitig erkannt und eine Gefährdung vermieden werden. Eine fehlende Passung zwischen elterlichen Möglichkeiten (aus welchen Gründen auch immer) und erhöhten kindlichen Fürsorgebedingungen kann zu erschütternden Schicksalen führen. Davor verschließen wir die Augen nicht und tun von Landesebene, was möglich ist.Wir sind in Schleswig-Holstein gut voran gekommen, aber längst noch nicht weit genug. Deshalb sind wir gefordert, den erreichten Stand im Kinderschutz immer wieder kritisch zu reflektieren. Das sind wir den gefährdeten Kindern schuldig! 3Ich begrüße daher, dass die Sozialministerin heute angekündigt hat, für den zweiten Teil des Landeskinderschutzberichtes den im Landesgesetz vorgesehenen Beirat einzusetzen. Wir müssen weiter an einem besseren Kinderschutz arbeiten. Mit Herz und Verstand und dem nötigen politischen Nachdruck. All dies macht einmal mehr deutlich, dass es besser ist, in Infrastruktur zu investieren, als Betreuungsgeld auszuzahlen.