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Lars Harms zu TOP 13 - Wohnraumversorgung
Presseinformation Kiel, den 25. April 2013Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 13 Wohnraumversorgung Drs. 18/280 u. 18/563In Schleswig-Holstein bestehen teilweise erhebliche regionale Unterschiede. Da ist es gut, dassder Innenminister das auch für den Wohnungsbereich gleich zu Beginn seines ausführlichenBerichtes betont. Die regionalen Rahmenbedingungen unterschieden sich teilweise beträchtlich.Tatsächlich haben wir Regionen mit Leerstand und andere, wie den Hamburger Rand oder dieInseln, wo Arbeitgeber ihre Beschäftigten verlieren, weil es vor Ort keinen bezahlbarenWohnraum gibt. In beiden Fällen besteht, das möchte ich ausdrücklich betonen,Handlungsbedarf.Der Minister betont, dass er das weitere Auseinanderdriften des Landes aufhalten möchte. ImBericht heißt es dazu, dass „Entwicklungen, die regionale Unterschiede verstärken, möglichstentgegenzuwirken“ seien (Seite 7). Das ist das richtige Signal.Die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner können aktuell die ganze Bandbreiteder Wohnangebote nutzen; allerdings nicht immer am gewünschten Ort. Viele Initiativen sindvon unten gewachsen, weil Mieter und Eigentümer neue Formen des Zusammenlebens selbstschaffen wollten. In Husum ist in den letzten Tagen der Startschuss für das Trommelberg-Projektgefallen, wo behinderte und nicht-behinderte Mieter und Eigentümer auf dem Gelände einer 2ehemaligen Schule eine neue Nachbarschaft mit vielen Gemeinschaftsflächen undGemeinschaftsräumen gründen wollen. Dem individuellen Wohnen haben die Trommelbergereine Absage erteilt, weil es für sie zu abgeschottet und anonym ist und darum keineMöglichkeiten der Begegnung bietet und gegenseitige Unterstützung sogar verhindert. DieTrommelberger wollen ausdrücklich zusammen wohnen und zusammen leben. Die Initiatorenbrauchten dafür einen langen Atem, um dicke Bretter in der Kommunalpolitik zu durchbohren,die mit diesem innovativen Konzept zunächst in Teilen nicht viel anfangen konnte. DieAnstrengungen haben sich aber ausgezahlt. Inzwischen ist auch den letzen Politikern in der Stadtnämlich auch aufgefallen, dass sie mit so einem Projekt einen echten sozialen Mehrwerteinfahren konnen.Das Land kann in solchen und ähnlichen Fällen, und an dieser Stelle begrüße ich ausdrücklich dieKlarheit des vorgelegten Berichts, nur mittelbar eingreifen. Das Innenministerium kannVorgaben machen und flankierende Initiativen ergreifen. Es muss aber weiterhin vielÜberzeugungsarbeit geleistet werden. Aber ich bin davon überzeugt, dass es sich lohnt. Einintaktes Wohnumfeld ist nicht nur ein Beitrag zur Zufriedenheit Einzelner, sondern ist einGewinn für die gesamte Stadt. Allerdings warne ich in diesem Zusammenhang, den Begriff der„bedarfsgerechten Stadtentwicklungspolitik“ (Seite 20) überzustrapazieren. Die Entwicklung derletzten Jahre hat gezeigt, wie dramatisch sich die Wohnbedarfe geändert haben: kleine,behindertengerecht ausgestattete Wohnungen sind mehr denn je gefragt. Dazu kommenWohnungen für Alleinerziehende, Alleinlebende und bezahlbarer Wohnraum für Schüler undStudenten. Die klassische, großzügige Familienwohnung scheint dagegen auszusterben. Undgerade die wurde noch vor wenigen Jahren als Spitze des Bedarfs ausgemacht.Angesichts der rasanten Entwicklung in einem Bereich, der schon vom Wort her immobil, alsounbeweglich, ist, sind neue, innovative Konzepte gefragt; also sollten Studentenwohnungen, diewir dringend brauchen, weil Schleswig-Holstein deutlich unter dem Bundesschnitt liegt, sich inwenigen Jahren ohne großen Aufwand zu Zweipersonen-Wohnungen umgestalten lassenkönnen. Das wäre ein nachhaltiger Beitrag zur Wohnungsversorgung und sollte bei den runden 3Tischen, die es derzeit in den Unistädten gibt, thematisiert werden, damit wir nicht in ein paarJahren viele leere kleine Ein-Zimmer-Apartments in Uni-Nähe haben.Der Bericht zeigt gut, mit welcher Dynamik wir es zu tun haben. Die steigende Belastung durchMieten, die immer einkommensstärkere Schichten erreicht, lässt in Zukunft viel mehr Bewegungauf den Wohnungsmarkt erwarten als das jetzt der Fall ist. Eltern werden aus Kostengründen inder nachelterlichen Phase aus der großen Familienwohnung oder dem Haus ausziehen und alsSenioren noch einmal in eine seniorengerechte Wohnung umziehen. So wird die soziale Realitätaussehen, nach denen sich der Wohnungsmarkt zu richten hat.Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die enormen Leistungen der Genossenschaftenhinweisen. Diese Selbsthilfeorganisationen bieten sich in dieser dynamischen Situation alsProblemlöser geradezu an. Die Genossenschaften haben nämlich ihr Ohr ganz dicht bei ihrenMitgliedern und bieten bereits jetzt angemessenen Wohnraum für verschiedene Lebensphasenan, ohne dass die Menschen ihr Quartier verlassen müssen. Die Genossenschaften haben sehrviele Wohnungen gebaut und gehören zu den Akteuren auf dem Markt, die innovativen undintegrativen Konzepten eine Chance geben, gerade weil ihnen die Quartiersentwicklung amHerzen liegt. Ihre Bevorzugung bei der Privatisierung kommunaler Wohnbestände ist richtig undsollte beibehalten bleiben. Für selbstverwaltete Wohnprojekte bietet sich dasGenossenschaftsmodell geradezu an. Aus diesem Grund wünsche ich mir, dass dieLandesregierung für dieses Modell noch offensiver wirbt, damit mehr Menschen davon Kenntniserhalten und dessen Vorzüge jenseits des individuellen Eigenheimbaus nutzen können. Dieangekündigten Justierungen der Fördermaßnahmen für neue Wohnprojekte sind der richtigeWeg.Schleswig-Holstein hat eine lange und starke genossenschaftliche Tradition, der wir unsverpflichtet fühlen. Daran sollten wir bei der Wohnraumentwicklung anknüpfen.