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Anke Spoorendonk zu TOP 7 - Rechtsextremismus
Presseinformation Kiel, den 5. Oktober 2011 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 7 Rechtsextremismus Drs. 17/1444Der Rechtsextremismus ist ein unausrottbares gesellschaftliches Phänomen. Immer wiedergelingt es rechtsextremen und rassistischen Gruppen, neue Anhänger zu finden, die sich von derIdee einer starken Volksgemeinschaft angezogen fühlen. Fremdenfeindlichkeit,Autoritätsfixierung und Gewalt sind die Eckpfeiler einer ansonsten ideologisch überhaupt nichthomogenen Bewegung; so nachzulesen in der Vorbemerkung des Innenministers zur GroßenAnfrage.Diesem Gemischtwarenladen ist nach wie vor schwer beizukommen; vor allem, wenn man dieTatsache berücksichtigt, dass die offene rechtsextreme Szene quasi nur die Spitze des Eisbergsist. Unter der Wasserlinie wuchert in allen sozialen Schichten generationsübergreifend einefremdenfeindliche, antidemokratische Haltung. Diese scheint aber offensichtlich nicht in dieKompetenz des Innenministers zu fallen. Er fühlt sich dafür nicht zuständig, ihm geht esausschließlich um die „politisch motivierte Kriminalität“, so sein erster Satz. Zweifellos habenPolizei und Verfassungsschutz durchaus solide Erfolge vorzuweisen: die rechtsextreme Szene inSchleswig-Holstein steht unter genauer Beobachtung - rechtsextrem motivierte Straftaten 2werden geahndet. Man kann sagen: Schleswig-Holstein ist kein bequemes Land für dasrechtsextreme Gesocks, es gibt bei uns - weder in den Städten noch auf dem flachen Land -befreite Zonen oder rechtsextreme Hegemonien. Das sage ich hier ausdrücklich, denn wir solltenim Landtag die braunen Parteigänger nicht hochreden, indem wir ausschließlich über ihrBedrohungspotenzial diskutieren; damit täten wir der Szene sogar noch einen Gefallen.Schließlich jubelt sie nach öffentlichen Debatten regelmäßig in den entsprechendenInternetforen über ihre vorgeblich große Bedeutung, die sie aber gar nicht hat.Die rechtsextreme Szene in Schleswig-Holstein ist klein und wächst allem Anschein nicht.Allerdings ist dieser Befund kein Grund, in den Bemühungen im Kampf gegenRechtsextremismus nachzulassen. Der Verfolgungsdruck muss aufrecht erhalten bleiben, weiloffensichtlich die rechtsextremen Vordenker keine andere Sprache verstehen.Wir benötigen dafür unbedingt tragfähige, professionelle Strukturen zur Prävention. DerInnenminister sollte sich dafür hüten, den ehrenamtlichen kriminalpolitischen Räten derKommunen die Hauptarbeit aufzubürden, nämlich die Auseinandersetzung mit rechtsextremenGedankengut und Veranstaltungen. Das ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe undeine Debatte, die unter anderen in Schulen und pädagogischen Jugendeinrichtungen zu führenist.Polizei und Verfassungsschutz sind auf gute und regelmäßige Kontakte zu Schulen, Pädagogenund auch Haftanstalten angewiesen; gerade auch, weil die rechtsextremen Aktionsformen sichständig verändern. Dass in der vorliegenden Antwort des Innenministers überhaupt nicht aufdiese wichtige gesellschaftliche Vernetzung der Polizei eingegangen wird, hängt vielleicht auchdamit zusammen, dass die Fragesteller danach nicht gefragt haben.Außerdem geht es darum, die Nachwuchsrekrutierung der rechtsextremen Grüppchen zubehindern, indem sie ihren Reiz verlieren, den sie besonders auf gewaltbereite junge Männer 3ausübt, die nie gelernt haben, sich ohne Gewalt Respekt zu verschaffen. Sie bedienen sich dessimplen rechtsextremen Weltbildes, um Zugehörigkeit erleben zu können.Pädagogen und Sozialarbeiter, die gegen rechtsextreme Einstellungen und Weltbilder beigefährdeten Jugendlichen vorgehen, fühlen sich oft im Stich gelassen. Mit diesen jungenMännern - Mädchen sind hier in der absoluten Minderheit - zu arbeiten, bedeutet nämlich einjahrelanges, intensives Coaching, das den Rahmen eines broschürenproduzierenden Projektesnaturgemäß sprengt. Der Pädagoge Thomas Mücke berichtet in der aktuellen Ausgabe derZeitschrift für soziale Strafrechtspflege, wie langwierig die Arbeit mit gefährdeten Jugendlichenin Strafanstalten ist. Wenn aber jedes Jahr wieder für die Finanzierung gekämpft werden muss,werden wichtige Ressourcen gebunden. Vielleicht vertraut der Innenminister darauf, dass diebislang beobachtete Erneuerung der rechtsextremen Szene bald an ihre demografischenGrenzen stößt. Das wäre auch ein Erfolg, wenn auch kein politischer.