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30.06.11 , 16:33 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 4, 7 + 33 - Mittelstandförderung und Tariftreue

Presseinformation Kiel, den 30.06.2011 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 4, 7 + 33 Mittelstandförderung und Tariftreue Drs. 17/1604, 17/1607 & 17/1616

Nicht überall, wo Tariftreue draufsteht ist auch Tariftreue drin. Betrachtet man das
Gesetz zur Förderung des Mittelstandes der Landesregierung, so ist alleine dieser
Gesetzentwurf schon ein Grund sich ein Wechsel der Landesregierung herbei zu
wünschen. Denn dieser Gesetzentwurf reduziert sich in der Frage der Tariftreue auf
die Regelungen, die im Arbeitnehmerentsendegesetz zusammengefasst sind. Das ist
aber bei weitem nicht das Maximale, was sich herausholen ließe. Da ist zum einen, die
Möglichkeit, Bereiche mit in das Gesetz aufzunehmen, die nicht vom seinerzeitigen
Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum niedersächsischen Vergabegesetz umfasst
waren. Stellvertretend seien hier der ÖPNV und der SPNV genannt. Wir könnten hier
immer noch die Tariftreue bezogen auf den Tariflohn und nicht auf irgendeinen
Mindestlohn anwenden. Das heißt, hier könnten wesentlich höhere Standards gelten.


Weiter wäre es auch möglich gewesen, regionale branchenspezifische Tariflöhne hier
in Schleswig-Holstein für allgemeinverbindlich zu erklären und so die Tariftreue
anwenden zu können. Aber die Landesregierung hat in ihrem Gesetzentwurf genau 2
diese Möglichkeit verbaut und war auch nicht bereit, im Sinne der Beschäftigten und
der Unternehmen, hier eine konzeptionelle Grundlage zu schaffen. In den meisten
Branchen wäre es kein Problem gewesen, mit den Arbeitgebern und Gewerkschaften
zu einer regionalen Lösung zu kommen. Das Engagement der Landesregierung war
hierbei aber gleich Null.
Das ist umso schmerzlicher, weil schon im vergangenen Jahr durch uns eine
Kompromisslösung aufbauend auf das damals bestehende Tariftreuegesetz in den
Landtag eingebracht wurde und von der Mehrheit im Haus abgelehnt wurde.


Wir werden also für die nächsten Monate eine tariftreuelose Zeit haben, obwohl alle
Oppositionsparteien sich aktiv an der Diskussion beteiligt haben und viele
Anzuhörende in den verschiedenen Anhörungen zum Thema eindeutig die
Auffassungen und Positionen der Opposition geteilt haben. Es gibt somit einen
übergreifenden Konsens, dass Tariftreue wichtig und notwendig ist und es wird eine
der dringendsten Aufgaben einer neuen Regierung sein, diesen tariftreuelosen
Zustand in Schleswig-Holstein so schnell wie möglich zu beenden.


Neben vielen Einzelfragen zog sich vor allem die Frage nach der Notwendigkeit eines
gesetzlich vorgeschriebenen Mindeslohns durch die Beratungen. Wir haben immer
gesagt, dass wir es uns wünschen würden, dass der Mindestlohn durch die
Tarifpartner ermittelt würde. Wir können uns auch branchenspezifische Mindestlöhne
denken und bei einer bundesweiten Tariftreuelösung könnte der Mindestlohn sich
sogar am vereinbarten Tariflohn orientieren. Dann wären wir ganz nah an den
skandinavischen Lösungen.


Das was wir feststellen können ist, dass es keine einheitliche Meinung dazu gibt, ob
man auf Landesebene – wie in einigen Bundesländern im Rahmen von
Vergabegesetzen geschehen – Mindestlöhne festschreiben darf oder ob dies 3
ausschließlich in der Kompetenz des Bundes liegt. Gefühlsmäßig würde ich sagen,
dass der überwiegende Teil der Rechtsprechung eher zur Bundeslösung tendiert. Und
wenn dies so ist, dann geht der Antrag der SPD natürlich in die richtige Richtung.
Dann muss es auf Bundesebene eine wie auch immer geartete Mindestlohnlösung
geben. Die Frage ist dann, darf es nur einen geben oder müsste es
branchenspezifische Mindestlöhne geben. Und wer legt diese fest?


Dass eine unabhängige Kommission den oder die Mindestlöhne überprüft und in der
Höhe anpasst ist ein vernünftiger Gedanke. Wir haben dieses ja auch schon in
mehreren Debatten angeregt, weil dies eben die Chance bietet, dass Arbeitgeber und
Gewerkschaften in einer solchen Kommission ebenfalls vertreten sind und so die
Tarifautonomie gewahrt bleiben kann.


Ob man allerdings dabei mit einem gesetzlichen Mindestlohn auskommt, ist immer
noch unsicher. Ein einziger Mindestlohn kann auch in manchen Branchen, wo es
derzeit noch gute Löhne gibt, zu einer Abwärtsspirale führen. Dieses sollten wir
deshalb noch einmal im Ausschuss beraten.


Abschließend möchte ich aber noch einmal deutlich machen, dass wir mit dem vom
SSW seinerzeit initiierten Tariftreuegesetz schon wesentlich weiter waren, als wir es
mit dem Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz von CDU und FDP sein werden.
Und Rückschritte sind bekanntermaßen etwas, was wir uns gar nicht leisten können
und deshalb muss es in der neuen Wahlperiode wieder Fortschritt in unserem Land
geben.

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