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Anke Spoorendonk zu TOP 6 - Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein
Presseinformation Kiel, den 29. Juni 2011 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 6 Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig- Holstein Drs. 17/268, 17/1606Nach 1998, 2003, 2004 und 2006 ist dies heute der fünfte Versuch, die Sinti und Roma in denArtikel 5 zum Minderheitenschutz in unserer Verfassung aufzunehmen. Die Diskussion ist alsonicht neu, trotzdem müssen wir sie wieder führen. Es gilt nämlich, 20 Jahre nach der Aufnahmeder Dänischen Minderheit und der Friesischen Volksgruppe auch der dritten anerkanntenMinderheit hier im Land endlich Minderheitenschutz und Förderung in der Landesverfassungzuzusichern.Sowohl die erste Lesung zu diesem Gesetzentwurf als auch die Ausschussberatung habendeutlich gemacht, dass die CDU zwar – wie die Kollegin Damerow es im September des letztenJahres ganz richtig erkannte – Diskussionsbedarf hat, aber in Wirklichkeit nur die gleichenArgumente der letzten 20 Jahre gebetsmühlenartig wiederholte, um ihre Ablehnung der Sintiund Roma zu begründen. Das ist bitter, weil uns allen mittlerweile bewusst ist, dass es auchbei der CDU vermehrt Stimmen gibt, die sich für die Aufgabe dieser alt hergebrachtenPositionen aussprechen. Sie führen eine Verliererdebatte, liebe Kolleginnen und Kollegen von 2der CDU und zeigen damit einmal mehr, dass Minderheitenpolitik bei Ihnen keinen ernst zunehmenden Stellenwert hat. Unter dem Strich bleibt aber stehen, dass es völlig inakzeptabelist, den Sinti und Roma nicht den gleichen Schutz der Landesverfassung zukommen zu lassenwie den Dänen und Friesen.Wenn das Argument ist, dass die Minderheit der Sinti und Roma nicht landesspezifisch genugist, weil es auch Sinti und Roma in anderen Bundesländern gibt, dann wissen wir, dass erstensauch die Friesen in Niedersachsen leben und dass zweitens das erste schriftliche Zeugnis aufdie Ansiedlung von Sinti und Roma hier im Land auf 1417 zurückgeht. Seit mindestens 600Jahren leben also Sinti und Roma hier im Land. Sie fühlen sich mit Schleswig-Holsteinverbunden, leben hier seit Generationen, kennen die Kultur und die Lebensweise. Sie sinddeutsche Staatsbürger. Es ist also völlig abwegig zu behaupten, Sinti und Roma seien nicht„landesspezifisch“. Sie sind genau so Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner wieSie und ich, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU.Wenn das Argument ist, dass als nächstes Polen und Türken in die Verfassung wollen, wie derKollege Kalinka bei der ersten Lesung meinte, dann muss einmal mehr gesagt werden, worumes eigentlich geht. Es geht nämlich um den Schutz und die Förderung von autochthonen,nationalen Minderheiten. Davon gibt es bekanntlich vier in der Bundesrepublik: Dänen, Friesen,Sorben und die Minderheit der Sinti und Roma. Auch wenn wir vom Europarat wissen, dass estrotz der Verabschiedung der europäischen Minderheitenübereinkommen nicht gelang, sichauf eine Konsensus fähige Definition von nationalen Minderheiten zu verständigen, so sindsich alle Minderheitenforscher einig, dass es bestimmte Elemente gibt, die in jeder Definitionenthalten sind. Laut Definition der FUEV sind autochthone, nationale MinderheitenGemeinschaften, die im Gebiet eines Staates geschlossen oder in Streulage siedeln,zahlenmäßig kleiner als die übrige Bevölkerung des Staates sind; deren Angehörige Bürgerdieses Staates sind, die sich durch ethnische, sprachliche und kulturelle Merkmale von derMehrheitsbevölkerung unterscheiden. Die Minderheit der Sinti und Roma ist nicht nur eine 3anerkannte autochthone Minderheit in Deutschland und in Schleswig-Holstein, sie ist es auchim Sinne der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen und derRahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten in Europa.Und auch das letzte - immer wieder vorgebrachte Argument der CDU, nämlich die Inflation derStaatszielbestimmungen - ist Unsinn. Zum einen hat die CDU selbst dazu beigetragen, dassweitere Staatszielbestimmungen in die Landesverfassung aufgenommen worden sind. Zumanderen geht es hier eben nicht um eine Überfrachtung der Verfassung, sondern schlichtwegdarum, dass Sinti und Roma genau so akzeptiert werden wie Dänen und Friesen. Dass siegesellschaftlich anerkannt sind und dazu gehören. Daher sage ich klar und deutlich: Auch vordem Hintergrund unserer historischen Verantwortung für die Sinti und Roma ist es an der Zeit,dass die CDU ihre Vorurteile gegen diese Minderheit endlich ablegt, sie nicht weiter ausgrenztund heute für ihre Aufnahme in die Verfassung stimmt. Wenn eine 2/3 Mehrheit zur Änderungder Verfassung heute nicht zustande kommen sollte, sage ich Ihnen, liebe Kolleginnen undKollegen der CDU, schon heute zu, dass der SSW auch zum 6. oder 7. Mal mit einerentsprechenden Änderung unserer Landesverfassung kommen wird.