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28.06.11 , 10:01 Uhr
B 90/Grüne

Marlies Fritzen zum Umbruch von Moorgrünland

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 356.11 / 28.06.2011

Umbruch von Moorgrünland: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“
Zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zum Umbruch von Moorgrün- land (Drs.:17/1543) sagt die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Marlies Fritzen:
„Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“, nach diesem Motto scheint die Landesre- gierung beim Umbruch von Grünland auf Moorböden zu verfahren. Jüngst hat sie einen Moorschutzbericht vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass in Schleswig-Holstein 94.000 Hektar Moorböden landwirtschaftlich genutzt würden (Drs. 17/1490). Sie weiß aber nicht, oder will nicht wissen, wie viel davon als Dauergrünland genutzt werden und wie viel als Acker. Die Antwort auf die Frage lautet: es liegen keine Zahlen vor.
Dabei stammen die Angaben aus dem Moorschutzbericht aus der Reichsbodenschät- zung, diese Daten liegen flächenscharf vor. Auch die Angaben zur Nutzung aus der Ag- rarförderung, die jede/r LandwirtIn in Schleswig-Holstein machen muss, liegen den Be- hörden vor. Es ließe sich sehr wohl ermitteln oder zumindest abschätzen, wie viel Hek- tar Moorböden ackerbaulich genutzt werden und wie viel Hektar Moorgrünland in den letzten Jahren unter den Pflug genommen wurde.
Laut Bundesnaturschutzgesetz entspricht der Umbruch von Grünland auf Moorböden nicht der guten landwirtschaftlichen Praxis und ist deshalb als Eingriff in Natur und Landschaft anzusehen. Ein solcher Eingriff wäre genehmigungspflichtig und müsste ausgeglichen werden. Eine naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung für den Um- bruch von Moorgrünland wurde in Schleswig-Holstein jedoch in den letzten Jahren nicht Seite 1 von 2 erteilt.
Schilda lässt grüßen: Seit 2008 ist der Umbruch von Grünland aufgrund von EU- Vorgaben generell genehmigungspflichtig. Die zuständige Behörde, das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) überprüft dabei aber gar nicht erst, ob es sich um Moorboden handelt. Denn das schreibt die EU nicht vor.
Es ist also gut möglich bzw. wahrscheinlich, dass Moorgrünland auch mit Genehmigung durch das LLUR umgebrochen wurde. Wer in den letzten Jahren mit offenen Augen durch das Land gefahren ist, konnte beobachten, wie an vielen Stellen Grünland auf Moorstandorten dem Maisanbau gewichen ist. Wir wissen jetzt, dass dies geschehen ist, ohne dass in einem einzigen Fall ein naturschutzfachlicher Ausgleich geleistet wur- de.
Anlage: Drs. 17/1543



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2 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 17/1543 17. Wahlperiode 2011-06-21



Kleine Anfrage der Abgeordneten Marlies Fritzen (Bündnis 90/Die Grünen) und
Antwort der Landesregierung – Ministerin für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume



Umbruch von Grünland auf Moorböden
Vorbemerkung: Laut Moorschutzbericht der Landesregierung (Drs. 17/1490) werden ca. 94.000 ha Moorböden in Schleswig-Holstein landwirtschaftlich genutzt. Laut BNatSchG (§ 5 Absatz 2 Nr. 5) entspricht ein Umbruch dieser Flächen nicht der guten land- wirtschaftlichen Praxis.

1. Wie viel der oben erwähnten 94.000 ha befinden sich z. Z. in Grünlandnutzung (Dauergrünland), wie viel werden ackerbaulich genutzt? (Auf Basis der Daten der Reichsbodenschätzung und der Flächennutzungsdaten aus der Agrarför- derung).
Über die aktuelle Nutzungsart der Moorböden liegen der Landesregierung kei- ne Zahlen vor.


2. Wie viel der oben erwähnten 94.000 ha befanden sich 2003 in Grünlandnut- zung bzw. Ackernutzung? (Auf Basis der Daten der Reichsbodenschätzung und der Flächennutzungsdaten aus der Agrarförderung).
S. Antwort zu Frage 1. Drucksache 17/1543 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode


3. Wie viel ha Dauergrünland auf Moorböden wurden in SH seit 2003 bis heute umgebrochen? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Bitte Netto-Umbruch ange- ben, d.h. einzelflächenbezogen, nicht Saldo aus Umbruch und Neuansaat. Falls die genaue ha-Zahl nicht ermittelt werden kann, bitten wir um eine Schätzung.
Siehe Antwort zu Frage 1. Die dem Dauergrünlanderhaltungsgebot zugrunde liegenden EU-Vorgaben enthalten keine Differenzierung nach Bodenarten. Hinsichtlich der für die ge- meinsame Region Schleswig-Holstein/Freie und Hansestadt Hamburg maß- geblichen Daten zum Umbruch von Dauergrünland wird auf die LT- Drucksachen 17/1485 und 17/1492 verwiesen.


4. In wie viel Fällen und für wie viel ha wurde für einen Umbruch von Grünland auf Moorboden eine naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung erteilt? Bitte wenn möglich nach Kreisen differenzieren.
Eine kurzfristig bei den zuständigen Unteren Naturschutzbehörden durchge- führte Abfrage hat ergeben, dass im angefragten Zeitraum kein Grünlandum- bruch auf der Basis des Naturschutzrechtes genehmigt wurde.


5. In welcher Form wurde in diesen Fällen ein naturschutzfachlicher Ausgleich für diesen Umbruch geleistet? Für wie viel ha wurde eine Neuansaat an ande- rer Stelle vorgenommen? Welche weiteren Ausgleichsmaßnahmen gibt es? In wie viel Fällen und in welcher Höhe wurden Ersatzzahlungen geleistet?
Siehe Antwort zu Frage 4.


6. In wie viel Fällen wurde seit 2003 seitens der Naturschutzbehörden in Bezug auf Nichtbeachtung des BNatSchG § 5 (2) Nr. 5 bzw. die Vorläuferregelungen im BNatSchG und LNatSchG ermittelt? In wie vielen Fällen wurden ordnungs- rechtliche Konsequenzen gezogen? Welcher Art waren diese Konsequenzen?
§ 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG enthält, ebenso wie die Vorgängerregelungen, kein unmittelbar anwendbares Verbot, sondern eine grundsätzliche Aussage, die für eine Ableitung von Rechtsfolgen im Einzelfall ungeeignet ist. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung wird diese Bestimmung nicht unmittelbar vollzogen; sie erlangt vielmehr Wirkung im Rahmen der Eingriffsregelung (§ 14 BNatSchG) und des Artenschutzrechtes (§ 44 BNatSchG).


2 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1543



7. Wie beurteilt die LR den Vollzug des § 5 (2) Nr. 5 BNatSchG und deren Vor- läuferregelungen in Schleswig-Holstein? Werden Defizite gesehen und wenn ja, wo sieht die LR Möglichkeiten zur Beseitigung dieser Defizite?
Siehe Antwort zu Frage 6. Die Landesregierung sieht keine Defizite im rechtlichen Vollzug. Über das Moorschutzprogramm (Drucksache 17/1490), den Vertragsnaturschutz und die Ankaufsförderung setzt sie sich für den Erhalt der Hoch- und Niedermoore des Landes ein.


8. In wie vielen Fällen bzw. für wie viel ha wurde seit Inkrafttreten der DGLV 2008 eine Genehmigung zum Umbruch von Grünland auf Moorboden erteilt? Ist die Prüfung des Bodentyps Gegenstand der Überprüfung der Genehmi- gungsvoraussetzung? Wenn nein, warum nicht?
Siehe Antwort zu Frage 3. Das Land Schleswig-Holstein hat in seiner Dauergrünland- Erhaltungsverordnung (DGL-VO SH) über eine 1:1-Umsetzung der gemein- schaftsrechtlichen Vorgaben hinaus sowohl eine sofortige Neuanlage von Dauergrünland in gleichem Umfang wie die Umbruchfläche als auch eine Ein- schränkung auf denselben Hauptnaturraum verfügt. Der Bodentyp ist nicht Gegenstand der Genehmigungsvoraussetzungen, da er sowohl auf Schlag- als auch erst recht auf Feldblockebene starken Schwankungen unterworfen sein kann. Des Weiteren bleiben die schon bestehenden gesetzlichen Rege- lungen des Wasser- und Naturschutzes unberührt, so dass beim Vorliegen bestimmter naturschutz- oder wasserrechtlich relevanter Tatbestände ein DGL-Umbruch nicht genehmigt wird.


9. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung zum Schutz des noch vor- handenen Grünlandes auf Moorboden?
Siehe Antwort zu Frage 7. Ein wichtiger Aspekt zur Grünlandregeneration auf Moorstandorten stellt die Anhebung des Grundwasserspiegels dar. Das MLUR fördert zusammen mit der Innovationsstiftung ein Forschungsvorhaben des Instituts für Pflanzen- bau/Pflanzenzüchtung zur Klimarelevanz landwirtschaftlich genutzter Nieder- moore am Beispiel der Eider-Treene-Sorge-Niederung. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, konkrete Handlungsoptionen für eine klimaverträglichere Nut- zung unserer Niedermoorstandorte zu ermöglichen. Dabei sollen die Treib-


3 Drucksache 17/1543 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode


hausgasemissionen unter Beibehaltung der landwirtschaftlichen Nutzung mi- nimiert werden.


10. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung zur Umwandlung der Acker- nutzung auf Moorboden in Grünlandnutzung oder andere klimaverträglichere Landnutzungsformen?
In geeigneten Fällen wird über den Vertragsnaturschutz eine Umwandlung in extensiv genutztes Grünland gefördert. Darüber hinaus wird erwogen, im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eine ergänzende Förderung in Form einer Agrarumweltmaßnahme anzubieten.



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