Thorsten Fürter zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen
PresseinformationEs gilt das gesprochene Wort!TOP 15 – Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Dazu sagt der für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Pressesprecherin Claudia Jacob Thorsten Fürter: Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 121.11 / 23.02.2011 Minderjährige schützenSehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!Seit dem 1. Oktober 2005 schreibt das Kinder- und Jugendhilfegesetz des Bundes ver- pflichtend vor, dass ausnahmslos alle minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge in Ob- hut genommen werden müssen. Dieses Recht gilt für alle minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge, unabhängig von Nationalität, Einreisezweck oder Alter. Trotzdem kommt es in Schleswig-Holstein immer noch vor, dass unbegleitete Flüchtlinge zwischen 16 und 18 Jahren oder noch jünger, nicht in Obhut genommen werden, sondern in der Erstauf- nahmeeinrichtung oder in der Abschiebehaft landen. Meine Damen und Herren, wir fin- den: Das ist nicht akzeptabel. Wir sollten diesen Missstand unverzüglich abstellen. Lie- ber heute als morgen.Eine Inobhutnahme dient dem Schutz der Jugendlichen. Sie sollen die Möglichkeit er- halten, sich in einem vertrauenswürdigen Umfeld zu stabilisieren. Ihre Situation soll ge- klärt werden. Möglichkeiten für Hilfe und Unterstützung können aufgezeigt und eingelei- tet werden. Gleichzeitig ist es das Recht des Flüchtlings, dass ihm unverzüglich ein Vormund, Pate oder Pfleger unterstützend zur Seite gestellt wird. Es ist weder ange- messen noch rechtlich vertretbar, wenn einzelnen Jugendlichen dieses Recht verwehrt wird.Wir alle sollten uns klar machen: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge befinden sich in einer sozial und kulturell isolierten, in einer heimatlosen Situation. Sie sind allein, ein- sam, hilflos, schutzlos, häufig traumatisiert, physisch wie psychisch stark belastet und verstehen unsere Sprache nicht. Es ist unredlich, diesen jungen Menschen einen Er- wachsenenstatus per Arztbescheid zuzuschreiben, den sie gar nicht haben, weder rechtlich noch psychisch. Seite 1 von 2 Ich sage das, obwohl ich weiß, dass die Altersermittlung manchmal schwierig sein kann und es auch Situationen gibt, in denen die Nichtnennung oder Falschnennung des Al- ters unzulässiger Weise als Schutz dienen soll. Ein wirklich Minderjähriger darf nicht Leidtragender einer solchen Ungewissheit sein.Ja, Jungendliche sind keine Heiligen und ja, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ent- ziehen sich auch manchmal dem Asyl-Verfahren insgesamt und tauchen unter. Des- halb schlagen Flüchtlingsorganisationen auch weiterhin vor, ein speziell auf diese Ziel- gruppe abgestimmtes Clearingverfahren einzurichten, das einem Untertauchen dieser Jugendlichen entgegen wirkt.Ist ein Jugendlicher erst einmal untergetaucht, hat er keinen Zugang zu jeglicher Art von Hilfsangeboten und Unterstützung. Dieser Zustand ist aus unserer Sicht nicht hin- nehmbar. Deshalb weise ich für meine Fraktion erneut ausdrücklich darauf hin, dass die Einrichtung einer Clearingstelle oder zumindest ein landeseinheitliches Verfahren nicht aus den Augen verloren werden darf.Zentral ist für Kinder- und Jugendliche zudem der Zugang zu Bildung. Diese Kinder und Jugendlichen sind zwar schulpflichtig, gehen aber in der Regel nicht in eine „normale“ Schule, wo sie beim Spielen mit anderen Kindern die deutsche Sprache leicht lernen würden, sondern sie werden von Lehrer in der Einrichtung unterrichtet. Ähnlich ist es im KiTa-Bereich. Wir sagen: Die Kinder und Jugendlichen so schnell wie möglich in regulä- re KiTas und Schulen integrieren. Das wäre ein erheblicher Fortschritt für die Integrati- on von Flüchtlingen, die in vielen Fällen für viele Jahre in Deutschland bleiben werden.Ein weiterer, wichtiger Punkt, den ich noch ansprechen möchte: Für Kinder und Ju- gendliche – als besonders schutzbedürftige Personengruppe – ist die Abschiebungs- haft eine besonders schwere und unverhältnismäßige Belastung. Die ernsten psychi- schen Folgen, die Haft besonders auf Kinder und Jugendliche haben kann, sind offen- sichtlich und bedürfen keiner Erläuterung. Deshalb muss klar sein: Kinder und Jugend- liche gehören nicht in Abschiebehaft.Ein abschließender Satz noch: Kinder und Jugendliche, die, aus welchen Gründen auch immer, ohne Eltern in einem fremden Land, in einer fremden Kultur gelandet sind, brauchen vor allem eines: Unsere Unterstützung. *** 2