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Marret Bohn zu Mobilitätskosten im Regelsatz berücksichtigen
Presseinformation Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 29 – Mobilitätskosten im Regelsatz berücksichtigen Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefon: 0431 / 988 - 1503 Marret Bohn: Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 684.10 / 18.11.2010Schwarz-Gelb betreibt Raubbau an sozialen BürgerrechtenSehr geehrte Damen und Herren, seit dem 1. Januar 2005 gibt es das SGB II. Seitdem beschäftigen sich die Politik und die Sozialgerichte mit seinen Lücken. Das Nebenein- ander von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe und der Verschiebebahnhof zwischen bei- den Systemen sollte abgebaut werden. Alleinerziehende Frauen sollten einen Anspruch bekommen auf berufliche Teilhabe. Selbständige mit geringem Einkommen sollten ei- nen Anspruch auf Arbeitslosengeld bekommen. Und vor allem sollte die Arbeitslosigkeit deutlich gesenkt werden.Das waren die Ziele bei der Einführung von Hartz IV, besser gesagt dem SGB II. „För- dern und Fordern“, das war die Devise. So weit so gut. Einige der Ziele wurden umge- setzt. Einige andere nicht. Die Berechnung der Regelsätze soll transparent und nach- vollziehbar erfolgen. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Februar diesen Jahres festgelegt. Der vorliegende Gesetzentwurf zur Neuregelung der SGB II-Leistungen ist vor diesem Hintergrund eine bittere Enttäuschung. Die Bundesregierung will die Regel- sätze für Erwachsene nur um fünf Euro erhöhen, für Kinder gar nicht. Das ist überhaupt nicht gut, das ist eine sozialpolitische Bankrotterklärung.Offensichtliche Defizite und seit langem bekannte und offen kritisierte Mängel werden durch die Bundesregierung nicht beseitigt – im Gegenteil. Das Vorgehen hat den An- schein, als ob hier eine Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils nach Kas- senlage vorgenommen wird. So sollen in die Ermittlung der Regelbedarfe künftig nicht mehr die unteren 20 Prozent sondern nur noch die unteren 15 Prozent der Einkommen einfließen. Seite 1 von 3 Das heißt die Vergleichsgruppe wird willkürlich – und zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik - verkleinert. Das führt folgerichtig dazu, dass der Referenzbetrag für den Regelsatz sinkt. Das ist vorsätzlich klein gerechnet, das ist nicht sozial und das ist nicht gerecht! Wir Grüne fordern hier eine Nachbesserung. Allein wenn dieser Fehler korrigiert würde, läge der Regelsatz schon bei 384 Euro. Es geht weiter: Zirkelschlüsse sind eingebaut worden, die zu niedrigeren Regelleistungen führen. "Aufstocker" werden aus der Beurteilung nicht heraus gerechnet. Das ist und bleibt ein statistischer Fehler! Auch hier fordern wir Grüne eine Nachbesserung!Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur gesellschaftlichen Teilhabe gehört ein Mindestmaß an Mobilität. Das ist gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein wichtig. Für Kinder und Jugendliche sind weder neue noch gebrauchte Fahrräder in den Regelsät- zen vorgesehen. Auch nicht genug Geld für eine Monatskarte für den öffentlichen Nah- verkehr. Ich zitiere den Referentenentwurf zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedar- fen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuches: Seite 64, Betrag für Verkehrsdienstleistungen für Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahre: Monatlich 12,62 Euro. Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer von Ihnen lebt in einem Kreis oder in einer Stadt, in dem Sie für 12,62 Euro eine Monatskarte für den öffentli- chen Nahverkehr bekommen? Das geht an der Lebenswirklichkeit nun wirklich völlig vorbei! Das ist keine Teilhabe, das ist soziale Ausgrenzung! Da verzichten wir doch lie- ber auf eine Chipkarte! So ist die soziale und gesellschaftliche Teilhabe von Familien, Erwachsenen und Kindern, die von Hartz IV leben, zum Scheitern verurteilt.Im Namen meiner Fraktion fordere ich die Landesregierung auf, sich hier für eine Nachbesserung einzusetzen. Dazu brauchen sie gar nicht besonders mutig zu sein. Nach unseren Informationen hat Frau von der Leyen schon Sympathie für unsere For- derung signalisiert. Deswegen fordere ich sie auf: Springen Sie über Ihren Schatten! Schauen Sie nicht darauf, dass diese Forderung von der Opposition kommt. Schauen Sie darauf, was es für einmalige Gelegenheit ist, Bundesmittel für eine bessere Teilha- be nach Schleswig-Holstein zu holen!Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bildungschancen sind viel zu sehr abhängig vom Portemonnaie der Eltern, diese Ungerechtigkeit zeigt sich gerade bei den Schülerbe- förderungskosten. Die werden bisher nur bis zur 10. Klasse übernommen. Wir brau- chen mehr Abiturienten und haben einen Fachkräftemangel, aber der Weg zur besse- ren Schulbildung bleibt vielen jungen Menschen versperrt! Eine bessere Berücksichti- gung der Mobilitätskosten wäre für viele Familien in Schleswig-Holstein eine große Hil- fe. Und sie würde die Chancen vieler Kinder verbessern.Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Zukunft sollen Kinder, die mit ihren Familien von Hartz IV leben, und diejenigen, die einen Kinderzuschlag bekommen, von zusätzlichen "Leistungen für Bildung und Teilhabe" profitieren. Das ist – bei aller Härte in der politi- schen Auseinandersetzung – im Prinzip richtig. Der grünen Forderung nach gleicher Teilhabe für alle Kinder kommt die Reform von Bundesarbeitsministerin von der Leyen allerdings nicht nach. Stigmatisierung, mehr Bürokratie und steigende Verwaltungskos- ten sind programmiert. 2 Länder und Kommunen werden mit den Details der Umsetzung im Regen stehen ge- lassen. Ob das Versprechen der Ministerin „alle Kosten werden durch den Bund getra- gen“ auch wirklich eingelöst wird, bleibt offen. Die Ministerin plant die Einführung einer Bildungschipkarte. Wie die in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein ab dem 1. Ja- nuar funktionieren soll, steht in den Sternen. Wir Grüne wollen, dass alle Kinder ein warmes, gesundes Mittag essen in der Schule bekommen können. Und das die Schul- sozialarbeit ausgebaut wird. Dazu brauchen wir eine bessere Förderung von Ganztags- schulen.Auch in ärmeren Bundesländern wie Schleswig-Holstein. Hierzu muss endlich das Ko- operationsverbot zwischen Bund und Ländern aufgehoben werden! Wir haben die Mo- narchie irgendwann hinter uns gelassen, jetzt müssen wir endlich auch diesen alten Zopf abschneiden! Er ist so überflüssig wie ein Kropf! Es geht weiter: Verschärfte Sank- tionen und eine schlechtere rechtliche Lage, wenn die Bescheide fehlerhaft sind. Schwarz-Gelb betreibt Raubbau an sozialen Bürgerrechten und wundert sich, wenn Sozialverbände, Gewerkschaften und Opposition vor den Folgen warnen!Kommen wir zum nächsten Punkt: Berechnung von Leistungen und Vermittlung in Ar- beit. Das ist die Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit. Nicht die Entscheidung über die Leistungen zur Bildungsteilhabe. So wie geplant darf die aktuelle Hartz IV Reform nicht umgesetzt werden. Sonst entwickelt sie sich zur Dauerbaustelle. Das kann nun wirklich niemand wollen. Wir Grüne haben oft genug gesagt, dass wir was das SGB II, das so- genannte Hartz IV angeht, selbstkritisch sind. Auch wenn der Abbau von doppelten Verwaltungsstrukturen richtig war, sind wir nicht zufrieden mit den Auswirkungen. Hier muss dringend nachgebessert werden.Ich appelliere an Sie alle, machen Sie nicht dieselben Fehler wie wir, stimmen Sie dem Gesetz im Bundesrat nicht zu! Beauftragen Sie ein unabhängiges Expertengremium für die transparente Berechnung der Regelsätze. Und – liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, versuchen Sie noch Einfluss zu nehmen: Für Transparenz und Nachvollziehbarkeit, für angemessene Regelsätze und soziale Gerechtigkeit, für Chan- cengleichheit und Bildungsteilhabe. Das wäre mal eine gute Nachricht für die Arbeitslo- sen in Schleswig-Holstein! *** 3