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17.11.10 , 10:52 Uhr
B 90/Grüne

Robert Habeck zur Regierungsrede über die Entwicklung der Partnerschaft des Landes Schleswig-Holstein mit der chinesischen Provinz Zhejiang

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus TOP 2 – Entwicklung der Partnerschaft des Landes Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Schleswig-Holstein mit der chinesischen Provinz Zhejiang Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Mobil: 0172 / 541 83 53 von Bündnis 90/Die Grünen, presse@gruene.ltsh.de Robert Habeck: www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 669.10 / 17.11.2010

Marktwirtschaft ohne Demokratie
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich zitiere mit Erlaubnis: „Viele Jahre lang wurde ich beobachtet, unter Aufsicht gestellt und zur Umerziehung in ein Arbeitslager gesteckt. Jetzt werde ich wieder von meinen Feinden im Regime unter Druck gesetzt. Aber ich möchte dem Regime, das mir meine Freiheit vorenthält, sagen: Ich habe keine Feinde. Weder die Polizisten, die mich über- wacht, gefangen genommen und verhört haben, noch die Staatsanwälte, die mich an- geklagt, noch die Richter, die mich verurteilt haben, sind meine Feinde.“
Das sagt der chinesische Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo – nachdem er im De- zember 2009 zu elf Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Verurteilt, weil er das Recht auf Freiheit und eine freie Meinung sich nicht nehmen lassen wollte. Ein Recht, das wir alle hier wie selbstverständlich nutzen. Und deshalb ist es gut und mehr als gut, Herr Minis- terpräsident, dass Sie den „Fall Liu“ und seiner Frau bei ihrem China-Besuch ange- sprochen haben. Das ist für mich der Höhepunkt Ihrer Reise gewesen.
Es ist ein politisches Dilemma: Eine Marktwirtschaft kann offenbar auch höchst effektiv ohne Demokratie arbeiten - eine Demokratie ohne Markt jedoch, funktioniert nicht. Wir sind nicht in der Lage demokratische Werte mit den Waren zu exportieren und mit den Handelsabkommen auch Werteabkommen zu schließen. Zu dem Handelsteil Ihrer Rei- se ist nur Lobendes zu sagen. In den 24 Jahren der Partnerschaft mit der Provinz Zeh- jiang sind vor allen Unternehmen der Umwelt- und Erneuerbaren-Energiebranche Joint Ventures eingegangen. Und welcher Grüne hätte kein Interesse, dass der Hunger Chi- nas nach fossiler Energie ökologischer gestillt wird? Die Gewässer reiner werden und die Luftverschmutzung abnimmt. Seite 1 von 2 Gelingt es China nicht, seinen CO2-Ausstoß zu verringern, dann sind all unsere Bemü- hungen hier vergeblich.
Wenn schleswig-holsteinische Firmen dazu beitragen, dann ist das gut und wenn das zusätzliche Arbeitskräfte und Umsatzchancen eröffnet, dann ist es umso besser. Dage- gen steht, dass China jedes Jahr tausende von Menschen hinrichtet – wirklich tausen- de, inoffizielle Statistiken gehen gar von knapp zehn Tausend aus, oft genug, um die Opposition politisch einzuschüchtern. Es gibt Erschießungen von knienden Delinquen- ten, so genannte „Gerichtsbusse“, die die Giftspritze in die Provinzen fahren und Mas- senhinrichtungen nach öffentlichen Urteilsverkündigungen. Dass es keine freien Wah- len gibt, kein Recht auf Meinungsäußerung, keine Gewaltenteilung, keine Selbstbe- stimmung der Regionen, dass Aufstände niedergeschlagen werden.
Es ist richtig, wir brauchen China zur Lösung der globalen Herausforderungen – nicht nur des Klimawandels, auch der Energiesicherheit, der Migration, der Bekämpfung des Terrorismus oder der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen - das alles kann nur mit und nicht gegen China gemeistert werden – und es wäre hilfreich, wenn China auch uns brauchen würde – deshalb ist Kooperation statt Konfrontation angesagt. Aber der fahle Geschmack bleibt. Und Wirtschaft ist nicht alles. Dies anzunehmen, das nennt Liu „Feindenken“.
Es heißt, man kann sich alles zurechtargumentieren. Aber es gibt eine Grenze, wo die Kooperation zur Kollaboration wird. Diese Grenze muss bei jedem Besuch markiert werden. So, wie Sie es getan haben, Herr Ministerpräsident. Und deshalb soll Liu Xiao- bo das letzte Wort haben. Ich zitiere mit Verlaub:
„Freie Meinungsäußerung ist Grundlage der Menschenrechte, Ursprung der Mensch- lichkeit und Mutter der Wahrheit. Freie Meinungsäußerung zu verhindern heißt, auf Menschenrechten herumzutrampeln, Menschlichkeit zu erdrosseln und die Wahrheit zu unterdrücken.“

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