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06.10.10
16:05 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 14 a+b: Jetzt eine Neuregelung für das Abschiebeverfahren entwickeln!

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 6. Oktober 2010


TOP 14a + b, Abschiebehaft abschaffen + Abschiebungshaft muss auf den Prüfstand (Drucksache 17/820, 17/938, 17/821neu)



Serpil Midyatli: Jetzt eine Neuregelung für das Abschiebeverfahren entwickeln!
Wer hätte gedacht, dass binnen weniger Jahre nach Einrichtung der Abschiebehaftanstalt fast Einigkeit darüber besteht, diese abzuschaffen. Im Gespräch mit dem Leiter der Einrichtung haben wir erfahren, dass über 85% der Personen, die in Rendsburg festgehalten werden, nicht in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden, was ja Zweck dieser Einrichtung war.
Sie werden nur innerhalb Europas hin- und hergeschoben. So gibt es z.B. den Fall eines Mannes, der als Flüchtling in Schweden lebte und dauerhaft in seine Heimat zurückkehren wollte. Da der Flug von Frankfurt aus aber viel billiger war als von Schweden, reiste er „illegal“ nach Deutschland ein, wurde an der Grenze festgenommen und nach Rendsburg gebracht, wo er auf seine Rückführung nach Schweden warten musste. Die Klärung der Formalitäten mit den schwedischen Behörden dauerte ihre Zeit. Seine Ersparnisse, die er in seiner Heimat zum Aufbau einer wirtschaftlichen Existenz einsetzen wollte, wurden für die Zahlung von Haftkostenbeiträgen herangezogen, als sie aufgebraucht waren, zahlte der deutsche Staat. Als Ursache hierfür sind Dublin II und Drittstaatregelung als Stichworte zu nennen. Der Aufwand und die Kosten stehen somit in keinem Verhältnis.
Die Abschiebehaftanstalt in Rendsburg verursacht dem Land jedes Jahr erhebliche Kosten für Personal, Unterhaltung der Liegenschaften, Unterbringung und Versorgung der Gefangenen. Hier könnten relativ kurzfristig erhebliche Mittel eingespart werden, wenn wir mit diesem Irrsinn aufhören. In diesem Zusammenhang loht es sich mal wieder, zu unseren europäischen Nachbarn zu schauen, wie sie denn die Richtlinie 2008/115/EG umsetzten. Unsere Nachbarn



1 haben sich im Vergleich zu uns relativ kostenneutrale Lösungen einfallen lassen. Speziell bei den Franzosen und Italienern lohnt eine genauere Betrachtung. Wir bitten Justizminister Schmalfuß, in einer der nächsten Ausschusssitzungen uns einen Bericht über diese Vorgehensweisen zu geben. Wir werden feststellen, dass wir mal wieder päpstlicher als der Papst sind.
Was den Antrag der Grünen angeht, kann meine Fraktion diesen zwar unterstützen. Aber erlauben Sie mir doch bitte die Feststellung, dass bis auf wenige einzelne Punkte diese bereits gängige Praxis in Schleswig-Holstein sind und dass für uns als SPD eine klare Aussage zur Abschaffung der Abschiebehaftanstalt in Rendsburg und darüber hinaus auch zur generellen Abschaffung des Instruments der Abschiebehaft fehlt. Das verwundert mich, zumal wir in dem Rechenschaftsbericht der Landtagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen vom Mai dieses Jahres unter der Überschrift „Ein bürgerliches Trauerspiel“ auf der Seite 18 folgendes lesen konnten:
„Ein weiterer Baustein Grüner Menschenrechtspolitik ist die Abschaffung der Abschiebehaftanstalt in Rendsburg, zumindest die Abschiebehaft für Minderjährige muss abgeschafft werden. Die Zahlen zeigen es deutlich: Lediglich 18 Prozent der Inhaftierten wurden in ihr Herkunftsland abgeschoben. Die anderen müssen aus verschiedenen Gründen wieder frei gelassen werden oder werden innerhalb Europas hin und her verfrachtet.“
Dem könnte ich ohne Zögern zustimmen. Heute wäre nun die Gelegenheit gewesen, Frau Amtsberg, Farbe zu bekennen, wie die Grünen es denn nun wirklich mit der Abschiebehaft halten, es sei denn natürlich, dass „übergeordnete Interessen“ dem entgegenstehen.
Eine Zusammenlegung der Abschiebehaftanstalten mit Hamburg lehnen wir ab. Auf die Gründe hierfür bin ich bereits am Anfang meiner Rede eingegangen. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, eine Neuregelung für dieses Verfahren zu entwickeln. Und gerade in Zeiten schwieriger Haushaltslagen könnten wir die Abschiebehaftanstalt sogar eher schließen und das dadurch Ersparte sinnvoller einsetzten als für Menschen, die sich im Grunde genommen nur auf der Durchreise befinden.
Ich beantrage Ausschussüberweisung.



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