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Karl-Martin Hentschel zur Untersuchungshaft
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 9 – Untersuchungshaft Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt der Vorsitzende der Fraktion Fax: 0431 / 988 - 1501 Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53Karl-Martin Hentschel: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 298.09 / 15.07.2009U-Haft ist keine StrafhaftSehr geehrter Herr Präsident , sehr geehrte Damen und Herren,meine Fraktion begrüßt es, dass – endlich nach 38 Jahren Überlegungszeit– der Voll- zug der U-Haft einzelgesetzlich geregelt wird.Auch begrüßen wir es, dass sich Schleswig-Holstein mit weiteren elf anderen Bundes- ländern zusammengetan hat, um eine möglichst einheitliche Regelung zu schaffen und um so einer Rechtszersplitterung auf Grund der Föderalismusreform entgegen zu wir- ken.Bislang ist die Untersuchungshaft lediglich in Einzelbestimmungen in der Strafprozess- ordnung, dem Strafvollzugsgesetz und dem Jugendgerichtsgesetz sowie in der Unter- suchungshaftvollzugsordnung geregelt. Dieser Zustand ist, gemessen an den weit rei- chenden Auswirkungen der Untersuchungshaft für die Betroffenen, unbefriedigend.Nun zum vorgelegten Gesetzesentwurf im Einzelnen: Positiv ist zu werten, dass der Gesetzentwurf unterstreicht, dass die Untersuchungshaft keine Strafhaft ist, sondern allein der Sicherung des Strafverfahrens dient. Für die Un- tersuchungsgefangenen gilt die Unschuldsvermutung. Zudem ist ein zentraler Grund- satz, dass das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen anzugleichen ist.Der Trennungsgrundsatz soll gelockert und Ausnahmen von der Einzelunterbringung erleichtert werden. Dies dürfte die Unschuldsvermutung und den Verhältnismäßigkeits- grundsatz verletzen. Insbesondere sollte die Aufhebung des Trennungsgrundsatzes un- ter Richtervorbehalt gestellt werden. Zudem ist die gemeinsame Unterbringung zeitlich zu konkretisieren. Seite 1 von 2 Die Untersuchungsgefangenen sind nicht zur Arbeit verpflichtet. Sie sollen aber nach Möglichkeit eine Arbeit aufnehmen können. Ihr Arbeitslohn soll an den der Strafgefan- genen angeglichen werden, was dringend notwendig war, hält man sich vor Augen, dass für den Untersuchungsgefangenen die Unschuldsvermutung gilt. Strafgefangene verdienen durchschnittlich 11 Euro pro Tag.Weiterhin positiv hervorzuheben, ist die Möglichkeit des Erwerbs oder der Verbesse- rung schulischer und beruflicher Kenntnisse. Das halte ich für einen sehr wichtigen Punkt.Vorgesehen ist auch die monatliche Besuchszeit bei Erwachsenen auf zwei, und bei jungen Untersuchungsgefangenen auf vier Stunden zu erhöhen. Dies ist zwar eine Ver- doppelung, dürfte aber immer noch im Hinblick auf die Unschuldsvermutung unverhält- nismäßig kurz sein.Kritisch betrachte ich auch die Möglichkeit der akustischen Überwachung der Besuche durch Anordnung der Anstaltsleitung. Hier erscheint mir eine richterliche Anordnung im Hinblick auf den besonderen Eingriffscharakter, insbesondere bei Gesprächen mit Fa- milienangehörigen, erforderlich.Gleiches gilt für Anordnung von besonderen Sicherungsmaßnahmen wie der Unterbrin- gung und Beobachtung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände, auch mittels Videoüberwachung und der Fesselung. Diese besonders grundrechtsrelevanten Eingriffe dürfen daher nur mit richterlicher Genehmigung ange- ordnet werden.Die Übertragung aller vollzuglichen Entscheidungen auf die Verantwortlichen vor Ort an Stelle der Gerichte scheint wegen der Sachnähe auf den ersten Blick als gute Lösung, ist aber bei genauerem Hinsehen wegen der oftmals besonderen Grundrechtsrelevanz der Eingriffe als sehr kritisch anzusehen. Hier bedarf es noch Verbesserungen.Insgesamt stelle ich fest: Der Entwurf findet generell unsere Zustimmung, bedarf aber in einer ganzen Reihe von Punkten noch erheblicher Nachbesserung. *** 2