Dr. Ralf Stegner zu TOP 32: Aufstieg durch Bildung: Chancengerechtigkeit schon ab dem 1. Kita-Jahr!
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 09.10.2008 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 32, Umsetzung eines beitragsfreien Kindertagesstättenjahres in Schleswig-Holstein (Druck- sache 16/2028)Dr. Ralf Stegner:Aufstieg durch Bildung: Chancengerechtigkeit schon ab dem 1. Kita-Jahr!1. Der 1. Oktober war ein guter Tag für Schleswig-Holstein und insbesondere für Kin- der und Eltern. Denn der Koalitionsausschuss hat sich auf einen verbindlichen Stufen- plan für die Einführung der Gebührenfreiheit in Kindertagesstätten geeinigt: 2009 wird das dritte Kita-Jahr gebührenfrei, 2011 das zweite und 2013 das erste. Ich bedanke mich bei unserem Koalitionspartner, dass wir diese Verständigung auf den Stufenplan so schnell hinbekommen haben, denn die CDU musste dazu über ihren Schatten springen. Unser Ziel bleibt, das betone ich, selbstverständlich, dass wir verfassungs- gemäße Haushalte verabschieden.2. Was bedeutet die Einigung auf den Stufenplan? Sie bedeutet, dass ein Aufstieg durch Bildung möglich ist, weil wir große Bildungsbarrieren aus dem Weg räumen. Wir wollen jungen Menschen eine gute Bildung ermöglichen durch mehr Chancenge- rechtigkeit. Diese beginnt bei der beitragsfreien Kita, dazu gehört die Schülerbeförde- rung, längeres gemeinsames Lernen und ein gebührenfreies Studium.3. Die Gebührenfreiheit für den Kita-Besuch ist eine Riesenentlastung für die Fami- lien in Schleswig-Holstein. Denn in unserem Land bezahlen die Eltern die höchsten Ki- ta-Gebühren in ganz Deutschland. Und diese Gebühren wären nicht nur noch höher, sondern wir hätten auch nicht genügend Kita-Plätze, wenn nicht unser damaliger Sozi-Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-alminister Günther Jansen 1988 mit Vehemenz den Ausbau von Kitas forciert und 1991 den Bildungsauftrag für Kitas eingeführt hätte. Schleswig-Holstein war damals Schlusslicht, hatte die schlechteste Versorgung mit Kita-Plätzen.4. Die Einigung im Koalitionsausschuss auf den Stufenplan hatte ihren Preis. Das ist die „umgekehrte“ Folge der Umsetzung der beitragsfreien Kita-Jahre, nämlich der Be- ginn mit dem letzten Jahr vor der Einschulung. Alle Fachleute haben uns empfohlen, mit dem 1. Kita-Jahr zu beginnen, weil hier die finanzielle Barriere am stärksten wir- ke und bisher die wenigsten Kinder eine Kindertagesstätte besuchen. Hier wäre das Steigerungspotenzial, der Nachholbedarf am höchsten. Und zum zweiten, weil Defizi- te, je früher sie erkannt werden, desto besser ausgeglichen werden können. Wir sind aber der Union weit entgegengekommen, um den Stufenplan für eine kom- plette Gebührenfreiheit zu erreichen. Dafür hat die SPD die Verwaltungsstrukturre- form geopfert, obwohl wir wie die Gutachter davon überzeugt sind, dass diese nicht nur strukturell notwendig ist, sondern auch eine Menge Geld einsparen würde, das wir eben für Bildung sehr gut brauchen können. Aber wir wollten auch keine Scheinreform, die das Land 30 Jahre bindet und in die Sackgasse führt. Und wir haben dafür unseren Plan, dass in den Kitas kein Kind ohne warme Mahlzeit bleiben soll, zurückstellen müssen. Dieses Vorhaben bleibt leider weiter ein karitatives Projekt. Wir halten jedoch an unserem Ziel fest, das Projekt „Kein Kind ohne Mahlzeit“ strukturell zu veran- kern. Das wird dann erst in der nächsten Legislaturperiode sein.5. Können wir uns das leisten? Das ist keine Frage des Könnens, sondern des Müs- sens. Es geht um unsere Zukunft! Unsere Kinder sind unsere Zukunft! Und ich erinne- re daran: Das, was wir in frühzeitige Förderung von Kindern „investieren“, zahlt sich volkswirtschaftlich um ein Vielfaches aus. Das fängt damit an, dass wir Sozialkosten vermeiden, beispielsweise für die Jugendhilfe. Ich verweise hier gerne auf einen be- rühmten Amerikaner, den ehemaligen Präsidenten John F. Kennedy, der gesagt hat: Nur eines ist auf Dauer teurer als Bildung: keine Bildung. -3-Die aktuelle Finanzkrise ist kein Grund, es nicht zu machen. Vielmehr lernen wir jetzt, dass es wieder Sinn macht, über Gemeinwohl zu reden statt über Eigennutz. Dass wir die Handlungsfähigkeit des Staates brauchen. Es ist nicht moralisch, Managerver- sagen und Verluste zu sozialisieren, Gewinne zu privatisieren und dann den Bürgern, die das alles bezahlen, zu sagen, für ihre Bedürfnisse sei kein Geld da. Die Bürger ak- zeptieren nicht, dass wir sagen, wir haben kein Geld für Bildung – und zwar gleich, welche Ebene das sagt. Denn die Bürger sind keine Dorfbürger, Kreisbürger, Landes- bürger, Bundesbürger.6. Was ist mit den Kommunen? Auch die Kommunen werden nicht an Kindern sparen wollen. Was sie bisher für die Sozialstaffeln und Bürokratie ausgeben, können und müssen sie in die Finanzierung der Beitragsfreiheit einbringen. Durch die Funktionalre- form und Einsparungen durch freiwillige Fusionen und Kooperationen werden sie ebenfalls Geld sparen. Auch die Gemeinden wissen, dass gute Bildung und Betreu- ung ein Standortvorteil ist. Wir werden mit den Kommunen über den Finanzierungs- pakt für Eltern und Kinder partnerschaftlich reden.7. Was ist mit dem Bund? Auch der Bund muss sich an dem Ziel, dass Aufstieg durch Bildung ohne finanzielle Hürden für junge Menschen und ihre Eltern möglich ist, betei- ligen. Frau Merkel tourt durch das Land und besucht Kitas mit der Botschaft, dass El- tern entlastet werden sollen. Deshalb rechne ich damit, dass dabei auch etwas he- rauskommt.8. Es gab einige Turbulenzen in den letzten Tagen. Wir haben gute Erfahrungen damit, Herr Carstensen, wenn Fraktions- und Parteivorsitzender am selben Strick in dieselbe Richtung ziehen. Wir sollten aber der Opposition und den Medien kein Spektakel lie- fern, sondern Handlungsfähigkeit zeigen, denn diese ist zum Wohle der Kinder und ih- rer Eltern. -4-9. Wie geht es weiter? Wir werden im Dezember einen verfassungsgemäßen Haus- halt 2009/2010 beschließen mit der Regelung im Haushaltsstrukturgesetz, dass das 3. Kita-Jahr ab Sommer 2009 beitragsfrei gestellt wird. Wir werden im Mai ein Kita- Gesetz für die Beitragsfreiheit des 2. und des 1. Jahres 2011 und 2013 beschlie- ßen. Bis dahin werden wir Gespräche mit den Kommunen über deren Beteiligung füh- ren. Nach der Landtagswahl wird sich zeigen, wer in der Verantwortung ist, das umzuset- zen. Für die SPD sage ich: Für uns hat die Beitragsfreiheit Priorität, und wenn die Verfassungskonformität des Haushaltes an der Frage der Kosten für die Beitragsfrei- heit der Kitas hängt, werden wir diese Kosten anderswo einsparen, z. B. durch eine konsequente Verwaltungsstrukturreform. Ich bin sicher: 2015 werden die Eltern nirgendwo in Deutschland noch Kita-Gebühren zahlen müssen.