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Lars Harms zu TOP 19 - Bericht zur Situation des UKSH
PresseinformationKiel, den 31.01.2008 Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 19 Bericht zur Situation des UK S-H Drs. 16/1820Die Situation im und um das UK S-H spitzt sich dramatisch zu und es drängt sich die Frage auf,wie es dazu kommen konnte. Seit dem Regierungswechsel im Jahr 2005 und dem Wechsel ander Spitze des Aufsichtsrates kommt das Uniklinikum nicht mehr zur Ruhe. Das aufgelaufeneDefizit in Höhe von ca. 70 Mio. und der Investitionsstau in Höhe von über 400 Mio. € lassen dieVerantwortlichen offensichtlich in blinden Aktionismus verfallen - ohne Rücksicht auf Verluste.Dabei steht das UK S-H im Vergleich mit anderen Unikliniken in Deutschland nachweislich gutda, weil man Leistungen hier wirtschaftlicher erbringt, als in anderen Bundesländern – nurdiesen Vergleich will man hier im Land nicht gelten lassen. Auch müssen sich die aktuelle und dievergangenen Regierungen die Frage gefallen lassen, wie groß denn ihr Anteil an der angeblichdesaströsen Situation des Uniklinikums ist. Als Geldgeber für die Investitionen sind sie nämlichmaßgeblich mit schuld an dem immer wieder dem UK S-H vorgeworfenen Investitionsstau undder sich daraus ergebenden, zum Teil unwirtschaftlichen, Infrastruktur. Genauso hat die Politikdie geringe Höhe des Basisfallwertes in Schleswig-Holstein mit zu verantworten. Stünde das 2UK S-H nämlich in Nordrhein-Westfalen oder in Hamburg, könnte es jährlich einen Überschuss inzweistelliger Millionenhöhe einfahren.Soviel zur Vergangenheit, jetzt zur aktuellen Situation:Der Presse können wir entnehmen, dass im UK S-H eine Wiederbesetzungssperre verhängtwurde und angeblich bis zu 1.000 Stellen abgebaut werden sollen. Betroffen seien vor allem dienicht-wissenschaftlichen Berufsgruppen. Abgesehen davon, dass Wiederbesetzungssperrennicht gerade ein Kennzeichen von innovativem Sanierungsmanagement sind, fragen wir uns, wielange die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Uniklinikums diese Situation noch ertragen. Siesollen nämlich nicht nur den ständig steigenden Arbeitsdruck aushalten – nein dazu wird imZuge der aktuellen Tarifverhandlungen auch noch mit Gehaltskürzungen im zweistelligenProzentbereich gedroht. Und dass, obwohl die Beschäftigten bereits durch denBeschäftigungspakt eine Gehaltskürzung haben hinnehmen müssen. Es gehört schon sehr vielIdealismus dazu, unter diesen Bedingungen täglich seiner Arbeit zum Wohle der Patientennachzugehen und nicht zu resignieren.Abgesehen davon, wird sich der Personalmix durch die Nicht-Verlängerung von befristetenVerträgen zu Lasten der älteren Beschäftigten verschieben. Aber gerade die Mischung auserfahrenen älteren Beschäftigten und jüngeren Mitarbeitern mit neuen Ideen ist notwendig, umden Anforderungen gewachsen zu sein.Schon jetzt warnen die Beschäftigten aufgrund des Personalmangels öffentlich vor schlechtererPflege im UK S-H – hatte der Sanierer sich nicht u.a. die Verbesserung des Marketings auf seineFahnen geschrieben? Das kann er damit ja wohl nicht gemeint haben. Anstelle durch eineWiederbesetzungssperre planlos Stellen abzubauen, sollte man sich daran machen, die einzelnenGeschäftsbereiche durch modernes Personalmanagement zu stärken. Nur mit gut ausgebildetenund vernünftig bezahltem Personal lässt sich der zukünftige Qualitätswettbewerb gewinnen.Wer an der falschen Stelle spart, spart das UK S-H kaputt. 3Die neu durch die Politik entfachte Diskussion um den Verwaltungssitz ist zum jetzigenZeitpunkt so überflüssig wie ein Kropf und hetzt die Standorte wieder gegeneinander auf. DasUK S-H hatte sich mit dem – anfangs auch vom SSW kritisierten - Doppelsitz arrangiert und warauf dem Weg insbesondere in der Verwaltung Prozesse campusübergreifend zu optimieren undAufgaben an dem einen oder anderen Campus zu zentralisieren. Denn entscheidend ist doch,dass Aufgaben nur einmal und nicht doppelt wahrgenommen werden. Zweitrangig ist dabei, obdie für beide Standorte zuständigen Mitarbeiter in Kiel oder in Lübeck sitzen. Es soll doch keinerglauben, dass bei einer Zentralisierung der Verwaltung in Lübeck oder Kiel, das Pendeln zwischenden Standorten schlagartig aufhört. Wenn z.B. der Vorstand nicht mehr pendelt, dann müssensich wohl diejenigen auf die Straße begeben, die Termine mit dem Vorstand wahrnehmenwollen. Wir werden also zukünftig viele Klinikdirektoren und andere Beschäftigte zwischen denStandorten hin- und her pendeln sehen.Vor diesem Hintergrund haben wir auch ernsthafte Zweifel an den kursierenden Einsparungen,die mal mit 3,6 Millionen, mal mit 4,2 Millionen und mal mit 5 Millionen € beziffert werden, undfordern die Landesregierung auf, diese zu konkretisieren und uns die Maßnahmen konkret zunennen, die zu diesen Einsparungen führen sollen. Auch wüssten wir gerne, wie vieleVerwaltungsmitarbeiter denn nun wirklich an den Standorten betroffen sind und wie viele anden neuen Standort umziehen sollen. Darüber gibt es nämlich auch sehr unterschiedliche Zahlen.Nach unseren Informationen sind aber die hoch dotierten Stellen im UK S-H wie z.B.Dezernatsleitungen oder Stabsstellen sowieso nur einmal besetzt. Diese Aufgaben werden schonseit längerem standortübergreifend wahrgenommen. Daher bezweifeln wir auch die in denRaum gestellten Zahlen. Denn wie gesagt, das UK S-H hat sich seit der Fusion 2003 durchausbewegt und viele Maßnahmen umgesetzt, die zu Einsparungen geführt haben. Wie will man alsodie Einsparungen erzielen und muss man sich dafür wirklich für einen Verwaltungssitzentscheiden? Geht es nicht eher darum, die begonnene standortübergreifende 4Zusammenlegung von Aufgaben fortzuführen und ist dabei nicht völlig zweitrangig, wo derVerwaltungssitz angesiedelt ist? Diese hochgradig emotional geführte angebliche„Sachdiskussion“ zwischen den Standorten Kiel und Lübeck erweckt eher den Eindruck, eswürden hier Nebelkerzen als Ablenkungsmanöver geworfen und wir stellen uns die Frage, wovondie Landesregierung eigentlich ablenken möchte.Wir als SSW haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir uns aus struktur- undregionalpolitischen Gründen oft dafür aussprechen, andere Standorte als die Landeshauptstadtzu wählen. Vor diesem Hintergrund macht die Überlegung Sinn, den Standort nach Lübeck zulegen und diesen Standort dadurch zu stärken. Aber wie gesagt, wir halten diese ganzeDiskussion um den Verwaltungssitz zum jetzigen Zeitpunkt schlicht und ergreifend fürüberflüssig und bedauern im Übrigen sehr, dass dadurch die Diskussion um den Sitz desMedizinausschusses erneut aufflammt. Denn zumindest diese Kuh hatte man ja schon mal vomEis.Andere Fragen als der Standort des Hauptsitzes sind viel wichtiger. Zu Beispiel, wie in Zukunftmit dem Bereich der Pflege umgegangen werden soll. Zum Thema Bedeutung der Pflege undBesetzung der Positionen des Vorstandes für Krankenpflege und Patientenservice können wiruns nur wiederholen. Pflege gehört in den Vorstand, weil sie entscheidend zur bereichs- undberufsgruppenübergreifenden Prozessoptimierung beiträgt und sich schon längst alseigenständige auch wissenschaftlich ausgerichtete Berufsgruppe emanzipiert hat. In vielenanderen Bundesländern und auch außerhalb Deutschlands hat sich diese Erkenntnis schon langedurchgesetzt und man handelt danach. Hier in Schleswig-Holstein unter dem viel beschriebenenwirtschaftlichen Druck macht man eine Rolle rückwärts und entzieht der Pflegeunternehmerische Verantwortung. Und zwar nicht nur auf Vorstandsebene sondern auch in denMedizinischen Leistungszentren, wo die Pflegedirektorinnen mit Satzungsänderung vomDezember 2007 offensichtlich wieder in die zweite Reihe gerückt wurden. 5Wenn so Ihre Sanierung aussieht, Herr Austermann, dann graust es mich wirklich. Nicht nur, dassSie dabei sind, das einzige Uniklinikum des Landes an die Wand zu fahren. Was mindestensgenau so schwer wiegt ist, dass hier das Vertrauen der Menschen in diesem Land in die Politikund deren Entscheidungsträger leichtfertig verspielt wird. Inhalte spielen bei der Diskussion umdas UK S-H keine Rolle mehr. Es geht nur noch ums Verkaufen und um hiervon abzulenken, wirftman Nebelkerzen wie die heutige Standortdiskussion. Notwendig wäre aber eine Diskussiondarüber, wie das UK S-H in Zukunft inhaltlich aufgestellt sein sollte. Diese Diskussion wird abernicht geführt und das zeigt wieder einmal deutlich die Handlungsunfähigkeit der GroßenKoalition.