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30.01.08 , 11:07 Uhr
SPD

Thomas Hölck zu TOP 5: Energieeinsparung durch Wärmedämmung hat Vorrang

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 30.01.2008 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 5, Gesetz zur Nutzung Erneuerbarer Wärmeenergie in Schleswig-Holstein (Druck- sache 16/1791)

Thomas Hölck:

Energieeinsparung durch Wärmedämmung hat Vorrang

Die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energie muss ausgebaut werden, aber sinnvoll ist ein bundeseinheitliches Vorgehen, so der SPD-Abgeordnete Thomas Hölck. Wichtig ist, dass die Bevölkerung motiviert wird, erneuerbare Energien einzu- setzen. Das kann der vorliegende Gesetzentwurf nicht leisten, so Hölck. Investitionen in Wärmedämmmaßnahmen würden zugunsten des Einsatzes erneuerbarer Energien eingeschränkt. Für einen wirksamen Beitrag zur CO2 Reduzierung ist jedoch der Woh- nungsbau von besonderer Bedeutung, insbesondere Energieeinsparung im Bestands- wohnungsbau durch Wärmedämmung. Deshalb brauchen wir Förderung von energeti- schen Sanierungsmaßnahmen durch ein neues Wohnraumförderungsgesetz statt diri- gistischer Zwangsmittel mit unverhältnismäßigen Umsetzungsfristen.



Die Rede im Wortlaut: mit dem Gesetzentwurf zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in Schleswig Hol- stein hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Landtag einen Vorschlag unterbrei- tet, der dem hohen Stellenwert der Klimadiskussion nicht gerecht wird.



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Es ist völlig unstreitig, dass die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energie ausge- baut werden muss. Aber ob das gesetzlich vorgeschrieben, dezentral für jedes Ge- bäude geschehen muss, ist unter den derzeitigen Rahmenbedingungen völlig zweifel- haft. Sinnvoller ist ein bundeseinheitliches Vorgehen. Die Gesetzesgrundlagen sind auf Bundesebene auch bereits in der Beratung. Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energie bis 2020 auf 25-30 % zu erhöhen und anschließend weiter auszubauen. Die SPD Landtagsfraktion ist uneingeschränkt für den weiteren Ausbau und die Nutzung der erneuerbaren Energie. Erneuerbare Energien bilden für eine nachhaltige Energie- versorgung und den Klimaschutz das wesentliche Fundament.

Für eine erfolgreiche Energiewende ist es notwendig, dass die BürgerInnen die Geset- zesvorschriften nicht als bürokratischen und finanziellen Ballast empfinden. Wich- tig ist vielmehr, dass die Bevölkerung motiviert wird, erneuerbare Energien einzuset- zen. Das wird mit diesem Gesetzentwurf mit Sicherheit nicht gelingen.

Wer die Bevölkerung finanziell durch neue Vorgaben belastet, kürzeste Übergangs- regelungen will, wer Geldbußen bei Ordnungswidrigkeiten von 50.000 bzw. 100.000,- Euro androht, wer einen Überwachungs-Mechanismus aufbaut, der nur mit einer Bau- polizei zu leisten ist, der wird die Bevölkerung nicht vom Einsatz erneuerbarer Energie überzeugen können. Einen Gesetzentwurf abzuschreiben, die Zielsetzungen zu ver- schärfen ohne die wirtschaftlichen und sozialen Folgen abzuschätzen, ist schlicht mangelhaft.

Um einen wirksamen Beitrag zur CO2-Reduzierung zu erreichen, ist der Wohnungsbau von besonderer Bedeutung. Insbesondere im Bestandswohnungsbau liegen enor- me Energieverbrauchspotenziale, die durch effektive, aufeinander abgestimmte Maßnahmen schnell, unbürokratisch und kostengünstig verringert werden müssen. 90 % der verbrauchten Heizenergie werden von Gebäuden verbraucht, die vor 1982 er- richtet wurden. Deshalb hat die Energieeinsparung in den Wohnungsbeständen ei- -3-



ne zentrale Bedeutung und ist dem Einsatz von erneuerbarer Energie zunächst vor- zuziehen.

Die Energievermeidung ist der beste Klimaschutz. Jede nicht verbrauchte Kilowatt- stunde schont Ressourcen, senkt Kosten und vermindert die Abhängigkeit von Ener- gieimporten. CO2 reduzierende technische Anforderungen, die gerade im Neubau eine wichtige Rolle spielen können, müssen in der Energieeinsparverordnung geregelt wer- den.

Sollte der von den Grünen vorgelegte Gesetzentwurf beschlossen werden, würde sich die Gewichtung der künftigen Investitionen im Wohnungsbau verändern. Investitionen in Wärmedämmmaßnahmen würden zugunsten des Einsatzes erneuerbarer Energien eingeschränkt. Das kann nicht gewollt sein und hat negative Folgen für den Bestandswohnungsbau und die Mieter.

Es lohnt sich daher einen Blick in die Wohnungsmarktprognose für Schleswig Holstein bis 2020 zu werfen. Nach Angaben der Wohnungswirtschaft sind 40 % der Mietwoh- nungen in den nächsten Jahren ohne Modernisierung nicht mehr wettbewerbsfähig, dabei gehen 65 % der Befragten davon aus, dass sich die notwendigen Aufwendun- gen durch die erzielbaren Mieten nicht finanzieren lassen. Mit dem Einbau von Haus- technik zum Einsatz erneuerbarer Energie werden sie die Wettbewerbsfähigkeit gan- zer Stadtquartiere nicht wieder herstellen. Nicht mehr marktgerechte Wohnungsbe- stände werden vom Markt genommen. Der Gesetzentwurf wird diese Entwicklung wei- ter beschleunigen. Damit wird bezahlbarer Wohnraum vernichtet, mit unabsehbaren Folgen für Mieter mit geringem Einkommen.

Aufgrund der hohen Sanierungsrückstände in Schleswig Holstein, brauchen wir ein Handlungskonzept, das den sozialen, wirtschaftlichen und energetischen Aspekten im Bestandswohnungsbau gerecht wird. Das bedeutet: Förderung von energetischen -4-



Sanierungsmaßnahmen durch ein neues Wohnraumförderungsgesetz statt diri- gistischer Zwangsmittel mit unverhältnismäßigen Umsetzungsfristen. Bei den notwen- digen Modernisierungsmaßnahmen werden die Betriebskosten abgesenkt, die Refi- nanzierung der Maßnahmen erfolgt durch vertretbare Mieterhöhungen.

Entscheidend ist, dass im Ergebnis die Summe der Belastungen der MieterInnen nicht überproportional ansteigt. Das wird in weiten Bereichen nur gelingen, wenn Wohn- raumfördermittel oder KfW–Mittel des Bundes zur energetischen Erneuerung der Wohneinheiten zu Verfügung stehen.

Je intensiver man sich mit den Auswirkungen des Gesetzentwurfs der Fraktion der Grünen beschäftigt, umso offensichtlicher wird, dass der ganzheitliche Politikansatz fehlt. Ich will dies an einem weiteren Beispiel verdeutlichen. Man könnte argumentie- ren, es ist ja egal, ob vorhandene Wohnungsbestände, Ein- oder Zweifamilienhäuser energetisch saniert oder der Anteil der erneuerbaren Energien zur Wärmeerzeugung erhöht wird. Hauptsache, der CO2-Ausstoß wird verringert und die Klimaschutzziele werden erreicht. Das ist eindeutig falsch. Auf die Reihenfolge kommt es an: Dämmung als erster Schritt und wenn möglich Einsatz erneuerbarer Energie als zweiter Schritt.

Die energetische Modernisierung der Fassaden dient gleichzeitig der Wohnumfeldver- besserung. Die Quartiers- und städtebauliche Erneuerung ist ein wichtiges Nebenpro- dukt wenn die Gebäudehüllen wärmedämmtechnisch saniert werden. Auf diesen As- pekt dürfen wir hinsichtlich der wichtigen integrativen Funktion von Quartieren nicht verzichten.

Das Gesetz strotzt nur so von Überregulierung und Überbürokratisierung und trampelt jeden freiwilligen Ansatz, den CO2 Ausstoß zu reduzieren, mit drakonischen -5-



Zwangsmaßnahmen nieder. Dabei ist es gar nicht nötig, Eigentümer und Wohnungs- wirtschaft zu Klima schützenden Investitionen zu zwingen:

Die Wohnungsunternehmen des VnW, des Verbandes norddeutscher Wohnungsun- ternehmen, haben sich in einer Aktion „Energiewende - für Klimaschutz und Wirt- schaftlichkeit“ freiwillig dem Klimaschutz verpflichtet. Ziel ist es, bis 2020 bei nachprüf- baren Kriterien den Energieverbrauch und CO2-Ausstoß um 15 bzw. 25 % zu senken. Ohne passende politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen wird die Selbst- verpflichtung nicht umgesetzt werden können.

Wie wichtig aber die Wärmedämmung ist, können Sie, liebe Kollegen von den Grünen, in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD Landtagsfraktion zur Wohnungspolitik in Schleswig-Holstein nachlesen.

Bei einem Modernisierungsaufwand, der sich auf die Wärmedämmung der Gebäude- hülle und einer gleichzeitigen Modernisierung der Heizungsanlage bezieht, ist eine Reduzierung von 80 kg/ m2 Wohnfläche zu erreichen. Bei 150.000 Wohnungen, die nach Schätzungen auch wiederum aus Wettbewerbsgründen bis 2010 saniert werden müssten, lassen sich bei einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 62 m2 744.000 Tonnen CO2 pro Jahr reduzieren.

Wir haben kein Erkenntnisdefizit sondern ein Handlungsdefizit, weil niemand weiß, wo die 3,1 Mrd Euro herkommen sollen, um die Modernisierungs- Maßnahmen zu finan- zieren. Die Frage der Wirtschaftlichkeit bzw. auch der Verhältnismäßigkeit bleibt in dem Gesetzentwurf der Grünen unbeantwortet.

Beim Abschreiben des Gesetzes aus Baden-Württemberg wurde nicht einmal der Ver- such unternommen, die Verhältnismäßigkeit z.B. durch angemessene Umrüstungsfris- ten zu wahren. Auf die im Baden-Württembergischen Gesetz vorgesehene ersatzwei- -6-



se Erfüllung als Alternative zur anteiligen Nutzungspflicht erneuerbarer Energien wurde ganz verzichtet. D. h. ein Anrechnen bereits umgesetzter oder noch durchzufüh- render Wärmedämmmaßnahmen findet nicht statt. Angerechnet werden geeignete Maßnahmen, die den Transmissionswärmeverlust reduzieren, also die Energie, die beim Wärmedurchgang eines Hauses durch die Gebäudehülle verloren geht. Beson- ders wird das Alter eines Gebäudes berücksichtigt.

Es bleibt festzuhalten: Eine Umstellung der Energieversorgung weg von fossilen Ener- gieträgern, hin zu erneuerbarer Energie ist grundsätzlich technisch heute schon mach- bar. Der Einsatz erneuerbarer Energie wird bei zunehmender Knappheit fossiler Roh- stoffe bereits mittelfristig betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Der Aufbau einer dezen- tralen Energieversorgung ist dafür der geeignetere Weg.

Viele dezentrale Kraftwerke, die sich in der Nähe der Verbraucher befinden und er- neuerbare Energie produzieren, helfen uns, die Klimaschutzziele zu erreichen, zu de- nen sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet hat und die von der EU- Kommission künftig gefordert werden.

Fazit: Idee diskussionswürdig, Gesetz schlecht, aber immer noch besser, als neue Atomkraftwerke im Kreis Steinburg bauen zu wollen.

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