Werner Kalinka zum TOP 43: Zur Wahrung der sozialen Balance gibt es einiges zu tun
SozialpolitikNr. 340/07 vom 14. September 2007Werner Kalinka zum TOP 43: Zur Wahrung der sozialen Balance gibt es einiges zu tun1.931 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 11 bis 17 Jahren haben an der Studie „Kinder- und Jugendgesundheitsbericht für Schleswig-Holstein“ (Drs. 16/1517) teilgenommen. Ziel war es, aussagekräftige Daten zu deren Gesundheits- und damit auch Sozialsituation zu gewinnen.Das Robert-Koch Institut hat seit 2004 im Rahmen einer bundesweiten Studie umfangreiche Beragungen und Analysen in unserem Bundesland durchgeführt. Für die gründliche Arbeit, in einem 237-seitigen Bericht dokumentiert, gebührt dem Institut Dank.2003 hat die CDU-Landtagsfraktion im Landtag die Initiative zur Vorlage eines solchen Berichtes ergriffen. Dies geschah, weil soziale und gesundheitliche Probleme in den jüngeren Jahrgängen zunehmend erkennbar wurden. Die CDU hat schon damals Handlungsbedarf gesehen und in ihrem 2004 vorgelegten Papier „Die soziale Balance wahren“ wesentliche Handlungsfelder beschrieben. Die jetzt vorgelegte Studie bestätigt wichtige Aussagen.Angesichts des Umfangs des Kinder- und Jugendgesundheitsberichtes ist es im zeitlich engen Rahmen der heutigen Parlaments-Aussprache nur möglich, sich auf einige wichtige Aspekte zu konzentrieren, wir sollten in den Ausschüssen aber weiter gründlich beraten. Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de Seite 1/4 Die Suchtgefahren werden immer größer, wir müssen erschreckend Werte verzeichnen. Vor allem Rauchen, Alkohol und Cannabis sind zu nennen. 18 % der 11- bis 17-Jährigen rauchen in Schleswig-Holstein, bereits bei den 11- bis 13-Jährigen erklären 2,7 % der Mädchen und 3,4 % der Jungen, dass sie rauchen. 62 % der 11- bis 17-Jährigen haben schon einmal Alkohol getrunken, bei den 17-Järhigen sind es 98,5 %. 18 % der Jungen geben an, wöchentlich hart Alkoholika zu trinken. 4 % der 17-Jährigen hat es im letzten Jahr „oft“ Cannabis konsumiert. 0,3 % der 11-Jährigen hat in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal Cannabis zu sich genommen! Es gibt eine Vielzahl präventiver Maßnahmen und aktiver Programm, aber wir müssen feststellen: Angesichts dieser Zahlen muss mehr getan werden. Das Konsumieren von Suchtmitteln ist Alltagsrealität, auch die Jugendchen in Schleswig-Holstein.75 % der 11- bis 17-Järhigen waren „ in den letzten zwölf Monaten weder als Täter noch als Opfer von Gewalthandlungen betroffen“, so der Bericht. Der Umkehrschluss macht doch die dramatische Dimension deutlich, nämlich dass 25 % der Jugendlichen betroffen sind. 14 % gaben an, Gewalt ausgeübt zu haben, jeder zwanzigste Jugendliche ist Opfer. Gerade Kind und Jugendliche dürfen nicht das Gefühl haben, mit ihren Problemen und Ängsten allein zu sein. Seelischen und körperlichen Verletztzung ist von Anfang an energisch zu begegnen, Anti-Mobbing-Programme und Anti-Gewalt-Programme müssen intensiviert werden.„Auch für Kinder und Jugendliche in Schleswig-Holstein gilt, dass gesunde und wertevolle Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Fisch, im Schnitt in zu geringen Mensche verzehrt wird. Dies gilt auch für Brot/Getreide und Beilage, z. B. Kartoffen“, so der Bericht. Gerade im jungen Alter kommt der richtigen Ernährung hohe Bedeutung z. Ich erinnere an dieser Stelle daran, was die CDU 2004 in dem Papier „Die soziale Balance sichern“ erklärte: „Sozial- und Gesundheitslehre muss ein fester Bestandteil des Unterrichts an allen Schulen sein.“Dass das Fernsehen gerade für die jüngere Generation häufig problematisch ist, wissen wir. Wie stark die „zentrale Stellung des Fernsehens im Alltag der Jugendlichen“, wie der Bericht formuliert, tatsächlich ist, belegt das erhobene Datenmaterial: Mehr als 95 % der Befragten im Altern von 11 bis 17 Jahren geben an, täglich fernzusehen. Dazu kommen vor allem Computer und problematisch sind vor allem die „Vielseher“ mit drei und mehr Stunden Fernsehkonsum pro Tag. Weiter aus dem Bericht: „Kinder aus sozial schlechter gestellten Familien sind in dieser Gruppe deutlich überrepräsentiert.“ Die körperliche Anstrengung mit Schwitzen ist demgegenüber nur bei 25 % täglich gegeben. 10 % sind seltener als einmal die Woche in der Freizeit körperlich aktiv, „ein großer Teil von ihnen lebt in Familien mit niedrigem Seite 2/4 Sozialstatus“, wie es in der Studie heißt.Die Wichtigkeit des Sports in Schulen und Vereinen kann nicht eindringlicher begründet werden. Was wir vor allem aber auch schaffen müssen: Die „Köpfe“ für geänderte Verhaltensweisen zu erreichen, zu überzeugen und zu verankern, dass die „Glotze“ weniger wichtig ist als Sport, kreative Freizeitgestaltung und gesunde Ernährung. Und man darf wohl auch vermuten, dass das Problem des zuviel und unkontrollierten Fernsehens für mache junge Menschen eine falsche Realität erzeugt und nicht selten zur Vereinsamung führt.Ich habe die soziale Komponente hervorgehen, weil sie insgesamt bedeutsam ist, wie der Bericht dokumentiert. Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Familien, dazu erwähnt der Bericht ausdrücklich auch solche mit Migrationshintergrund, haben es in der Regel schwerer und sind von den Problemen meist stärker betroffen. Insoweit ist die Studie auch hier eine realistische Bestandaufnahme der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Und unsere politische Schlussfolgerung kann doch nur lauten: Wir müssen alles tun, dass die soziale Schere in der Gesellschaft nicht größer wird. Unserer Anstrengungen müssen sich vielmehr darauf konzentrieren, den sozialen Ausgleich z fördern!Rund 50 % der Alleinerziehenden und rund 15 % der Paare – mit Kindern unter 18 Jahren – muss mit einem monatlichen Netto-Einkommen von unter 1.300 Euro auskommen. Dazu der Bericht treffend: „Bereits im Kindesalter resultieren aus dem Aufwachsen in einem Haushalt mit finanziellen Engpässen zahlreiche Einschränkungen. Angesichts des allgemein hohen Wohlstands nehmen sie ihre eigene unterpriviligierte Lebenssituation besonders stark wahr.“90 % der Alleinerziehenden sind in Schleswig-Holstein Frauen, auch dies eine bemerkenswerte Zahl. Die Zahl der Empfänger staatlicher sozialer Leistung ist in Schleswig-Holstein mit 4,1 % höher als der Bundesdurchschnitt; rund 10 % der Kinder und Jugendlichen in unserem Land wachsen in diesem sozialen Rahmen auf. Die CDU hat schon 2004 auf diese besorgniserregende Entwicklung aufmerksam gemacht. Wir müssen weiter die Anstrengungen intensivieren, dass möglichst viele Menschen einen Arbeitsplatz haben. Hier gilt besonders: Sozial ist, was Arbeitsplätze schafft.Und wenn es in dem Bericht heißt: „Insbesondere allein erziehende Frauen über oftmals keine Erwerbstätigkeit aus, haben eine ungünstigeren Einkommenssituation und geraten verstärkt in Sozialhilfeabhängigkeit“, so ist dies eine Mahnung, bei unseren Anstrengungen bei Kindergärten, Krippen und Tagesmüttern nicht nachzulassen. Die konkret mögliche Vereinbarkeit Seite 3/4 von Familie und Beruf ist ein sozialpolitischer Elementarpunkt.Die dem Kinder- und Jugendgesundheitsbericht zugrunde liegende Studie nennt eine Vielzahl weiterer wichtiger Punkte wie zum Beispiel- die Probleme Ängste, Vereinsamung bei Kinder und Jugendlicher; bis zu 10 % fühlen sich hiervor betroffen; - zahlreiche Schulunfälle (89,7 je 1.000 Schüler) und Schulweg-Unfälle (8,9 je 1.000 Schüler), was auch hier weitere Anstrengungen geboten erscheinen lässt; - übergewicht bei bis zu 10 % der Kinder und Jugendlichen; - Defizite bei den Vorsorgeuntersuchungen, vor allem in der letzten Phase. Verankerung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in der Verfassung, Kinderschutzgesetz und Kinderschutzgesundheitsbericht sind einige der wesentlichen Entscheidungen, die wir bereits getroffen haben.Es bleibt insgesamt festhalten:Vielen geht es in Schleswig-Holstein gut, aber nicht allen. Wir haben für diese Menschen Handlungsbedarf, dies kann nicht strittig sein. Kinder sind Glück und Zukunft, ihnen muss unsere besondere Fürsorge gelten.Erziehung ist für die Entwicklung und das Aufwachsen der Kinder prägend. Auch wenn es machen nicht hören mag, ich sage es deutlich: Erziehung muss werteorientiert sein.Geld ist nicht alles und macht nicht immer glücklich, erleichtert aber manches. Bildungs- und Lebenschancen sind auch heute in nicht geringer Weise vom Einkommen der Eltern abhängig, dies bleibt ein Problem.Schule, Staat, vereine, Verbände sie alle können und müssen helfen. Letztendlich sind es aber die Eltern, die die Verantwortung für Kinder tragen. Dort müssen wir stärker ansetzen und begleiten, wo es Defizite gibt. Seite 4/4