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26.01.07 , 11:30 Uhr
SPD

Wolfgang Baasch zu TOP 11 + 21: Landesspezifische Strategie für Integration in den ersten Arbeitsmarkt

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 26.01.2007 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 11 + 21 - Langzeitarbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein + Aktuelle Situation des Wirtschafts- und Arbeitsmarktes in Schleswig-Holstein (Drucksachen 16/1158 +16/1188)

Wolfgang Baasch:

Landesspezifische Strategie für Integration in den ersten Arbeitsmakrt

Wolfgang Baasch mahnt in seiner Rede, Menschen, die schon lange ohne Arbeit sind, nicht einfach aufzugeben, sondern sie zu qualifizieren und gezielt zu unterstützen bei der Vermitt- lung in den ersten Arbeitsmarkt. Jedes Land müsse seine eigenen Strategien entwickeln und eng mit den Arbeitsmarktakteuren zusammenarbeiten. Für Langzeitarbeitslose müssten mehr entgeltliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden; bei einer engen Kooperation mit der lokalen und regionalen Wirtschaft könne die Integration in den ers- ten Arbeitsmarkt gelingen. Der so sich entwickelnde neue soziale Arbeitsmarkt könne auch erwerbsfähigen Menschen mit geringen Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt eine Per- spektive bieten. Abschließend verweist Baasch auf die hohe Bedeutung der Integration in den Arbeitsmarkt für Migranten und Menschen mit Behinderung.



Die Rede m Wortlaut: Bereits vor fünf Wochen, am 21. Dezember 2006, hat Minister Döring seine Strategie gegen die Sockelarbeitslosigkeit vorgestellt. Die Bewältigung der Langzeitarbeitslosigkeit wird, das hat der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Lothar Hay, gestern in der Debatte zur Regie- rungserklärung ausdrücklich betont, „für die wirtschaftliche und soziale Zukunft Schleswig- Holsteins eine zentrale Rolle einnehmen.“ Wir dürfen Menschen, die schon lange ohne Arbeit sind, nicht einfach aufgeben. Entscheidend ist die Qualifizierung arbeitsloser Menschen Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



und die gezielte Unterstützung bei der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, bei- spielsweise durch individuelles Coaching.

Auch wir halten es für richtig, dass 1-Euro-Jobs für längere Fristen als bisher ausgeübt werden können, damit sie effektiver sind und auch für die Vermittlung in den regulären Ar- beitsmarkt genutzt werden können.

Jedes neue Arbeitsmarktprogramm hat zunächst einmal Modellcharakter, nach einer be- stimmten Zeit wird überprüft, welche Instrumente ihren Zweck erfüllt haben und welche nicht. Aus den Erfahrungen erfolgreicher europäischer Länder wissen wir, dass jedes Land seine eigenen Strategien entwickeln musste, die auf seinen gewachsenen sozialen und kulturel- len Grundlagen beruhen und diese einbeziehen. Deshalb ist es richtig, einen „schleswig- holsteinischen Weg“ zu gehen, der eine sehr enge Zusammenarbeit aller Arbeitsmarktakteure geht. Wir haben das Subsidiaritätsprinzip zu berücksichtigen, wir arbeiten gut mit den Ge- werkschaften, mit den Kammern und mit der Arbeitsagentur zusammen und wir können auf die ausgezeichneten jahrlangen Erfahrungen mit dem „Bündnis für Ausbildung“ aufbauen.

Sehr positiv ist die Neuausrichtung der Bundespolitik, die noch von der Regierung Schröder mit den „Gesetzen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ eingeleitet wurde. Wir ha- ben die Chance, uns in der neuen EU-Förderperiode sehr eng mit der Bundesagentur für Ar- beit abzustimmen, die ihre Instrumente nun sehr viel konstruktiver am individuellen Bedarf der Arbeitssuchenden orientiert. Denn, auch hier möchte ich an die Ausführungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden anknüpfen, Arbeitslosigkeit macht krank und Arbeitslosigkeit macht arm – nicht nur die einzelnen Betroffenen, sondern die gesamte Gesellschaft.

„Sockelarbeitslosigkeit“ ist kein schönes Wort und „Langzeitarbeitslosigkeit“ auch nicht. Aber es geht auch nicht um schöne Sachverhalte. Es geht darum, dass die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit mit 512 Tagen so lang ist wie nie zuvor, und es geht darum, dass mit je- -3-



dem Tag Arbeitslosigkeit die Chance sinkt, aus eigener Kraft den Weg zurück in eine sozial- versicherungspflichtige Beschäftigung zu finden.

2006 ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Jahresvergleich um 17% zurückgegangen. Damit liegt Schleswig-Holstein mit Baden-Württemberg und Bayern weit vorn. Das ist ein sehr gutes Zwischenergebnis und ich bin sicher, dass wir darauf aufbauen können. Allerdings gibt es unter den Menschen, die seit Jahren arbeitslos sind, auch viele, die absehbar nicht mehr einem regulären Job auf dem ersten Arbeitsmarkt gewachsen sein werden. Hierfür gibt es un- terschiedliche Gründe: Solche, die in der Person der Arbeitslosen liegen, beispielsweise ge- sundheitliche Einschränkungen und solche, die eher struktureller Art sind, wie die gewandel- ten Anforderungen und der Mangel an Stellen für gering Qualifizierte.

In diesem Zusammenhang ist die Diskussion über die Einrichtung von vermehrt entgeltlichen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsgelegenheiten sehr zu begrüßen. Die bisherigen Erfah- rungen belegen, dass bei einer engen Kooperation mit der lokalen, regionalen Wirt- schaft die Integration in den ersten Arbeitsmarkt gelingen kann. Ein weiterer Vorteil be- steht in einem positiven psychologischen Effekt. Die Betroffenen erhalten eine sozialversiche- rungspflichtige Anstellung, d. h. sie bleiben nicht arbeitslos und kommen aus dem Bezug von Arbeitslosengeld II heraus. In der Entgeltvariante zahlen die Beschäftigten mehr in Sozialver- sicherung ein. Daher verweisen viele Fachleute auf die volkswirtschaftliche Gesamtrech- nung.

Auch bei den so genannten Zusatzjobs brauchen wir eine effektivere Nutzung der vorhande- nen Förderinstrumente. Dazu gehört eine verbesserte und intensivere Betreuung und Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen und die Möglichkeit einer Entfristung bzw. länger- fristigen Verabredung.

Dieser sich entwickelnde neue soziale Arbeitsmarkt kann auch erwerbsfähigen Menschen mit geringen oder kaum Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt eine Perspektive bieten. -4-



Dieser soll den ersten Arbeitsmarkt ergänzen und dauerhafte, sinnvolle und gesellschaftlich anerkannte Beschäftigungsmöglichkeiten für besonders schwer vermittelbare Langzeitar- beitslose anbieten.

Abschließend möchte ich noch auf zwei Personengruppen hinweisen, die es ebenfalls be- sonders schwer am Arbeitsmarkt haben. Die Arbeitsintegration von Migrantinnen und Migranten bedarf einer gezielten Betrachtung. Ziel der Integration von Migrantinnen ist deren gleichberechtigte Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben. Der Zugang zum Ar- beitsmarkt nimmt hierbei eine Schlüsselfunktion ein, da sich viele Schwierigkeiten auf die mangelnde Teilhabe am Arbeitsleben zurückführen lassen.

Wir brauchen in diesem Bereich sinnvolle aufeinander aufbauende integrations- und beschäf- tigungsfördernde Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen mit Migrationshintergrund. Denn auch für diesen Personenkreis bleibt die Feststellung richtig: Jeder Abbruch und jedes Ende einer Maßnahme ohne Integrationserfolg senkt die Motivation der Betroffenen und er- schwert die Integration in unsere Gesellschaft.

Zum anderen müssen wir die Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderung stärken. Mehr als 8 Millionen Menschen in Deutschland sind behindert. Die meisten von ih- nen sind nicht mit einer Behinderung geboren. Sie haben also ein Schicksal, das fast jeden von uns ereilen kann. Die Integration auch der Menschen mit Behinderung in das Arbeitsle- ben stärkt ihre Unabhängigkeit und ihre Selbstbestimmung.

Das Ziel, Menschen mit Behinderung das Arbeiten außerhalb von Werkstätten und tra- ditionellen Einrichtungen zu ermöglichen, gehört auch zu einer aktiven Arbeitsmarktpolitik. Hier wäre ein erster Schritt, die nötige Kompetenz für eine sach- und fachgerechte Beratung zu schaffen und die zielgerichtete Qualifizierung von Menschen mit Behinderung zu fördern. -5-



Zusammenfassend möchte ich sagen: Wir wollen so viele Menschen wie möglich in sozial- versicherungspflichtige Beschäftigung bringen. Und für diejenigen, bei denen dies nicht ge- lingt, wollen wir die Instrumente ausbauen, die ihnen eine Teilhabe am Arbeitsleben auf an- dere Weise ermöglichen. Dafür brauchen wir gute Instrumente und wir brauchen die verläss- liche Kooperation aller Akteure: Arbeitsverwaltung, Kommune, Land, Wirtschaft, Gewerk- schaften, Wohlfahrtsverbände. - Ich finde, wir sind auf einem guten Weg.

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