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27.01.06 , 10:07 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 6 & 17 - Perspektiven für den Norden - Gleichwertige wirtschaftliche und soziale Entwicklung für alle Landesteile

Presseinformation
Kiel, den 27.01.2006 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk


TOP 6 & 17 Perspektiven für den Norden Schleswig-Holsteins – Gleichwertige wirtschaftliche und soziale Entwicklung für alle Landesteile Drs. 16/433; 16/508


Schleswig-Holstein weist ein starkes wirtschaftliches Nord-Süd-Gefälle auf. Das ist keine neue
Erkenntnis, sondern eine seit Jahrzehnten bestehende Tatsache. So werden in den vier an Ham-
burg grenzenden Kreisen Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Lauenburg nach Angaben der HSH
Nordbank fast ein Drittel der gesamtwirtschaftlichen Leistungen Schleswig-Holsteins erbracht.
Demgegenüber haben der strukturschwache Norden und die Westküste mit hoher Arbeitslosig-
keit zu kämpfen. Die Erwerbslosenquote in der Stadt Flensburg liegt beispielsweise aktuell bei
16,9 Prozent, in Stormarn jedoch nur bei sieben Prozent.


Der SSW hat aber den Antrag „Perspektiven für den Norden Schleswig-Holsteins“ nicht nur auf
die Tagesordnung des schleswig-holsteinische Landtages gesetzt, weil wir seit Jahren beobach-
ten, wie die Entwicklung zwischen dem Norden und dem Süden des Landes immer weiter aus- 2
einander klafft. Der konkrete Auslöser für diesen Antrag war der von der Landesregierung am 28.
November 2005 vorgelegte Bericht „Schleswig-Holstein – ein starker Partner im Norden“, in dem
die zukünftige Standortpolitik des Landes dargelegt wird.


Der Inhalt dieses Berichtes rief uns auf den Plan, weil die Landesregierung dort von der verein-
fachten Vorstellung ausgeht, dass eine schlichte Erweiterung des Konzeptes für die Metropolre-
gion Hamburg und die Vereinheitlichung der EU-Förderung schon dem ganzen Land hilft. Eine
Schleswig- erfolgreiche Standortpolitik für Schleswig-Holstein muss aber auf mehreren Beinen stehen,
um allen Regionen im Land gerecht zu werden. Insbesondere hat uns die Ankündigung beun- werden.
ruhigt, dass die Regionalförderung des Landes nach 2007 nicht mehr auf die strukturschwachen
Regionen begrenzt sein soll, sondern auf das ganze Land ausgedehnt wird. - Nach dem Motto,
wenn es dem Hamburger Rand gut geht, profitiert das ganze Land.


Der Norden des Landes hat aber andere Interessen und auch andere Chancen, und diese
liegen vor allem im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Um auch dem
Landesteil Schleswig eine Perspektive zu eröffnen, muss die Zusammenarbeit mit Dänemark
konsequenter und kompetenter als bisher umgesetzt werden. Für den Norden Schleswig-
Holsteins ist diese Kooperation DIE entscheidende strategische Perspektive, um Wachstum und
neue Arbeitsplätze in der Region zu schaffen. Der SSW fordert deshalb, dass die grenzüberschrei-
tende Zusammenarbeit mit Dänemark in Zukunft den gleichen Stellenwert bekommt wie die
Zusammenarbeit mit Hamburg. Ein Vertrag zwischen Schleswig-Holstein und der Region Syd-
danmark mit konkreten Ziele und Vorgaben wäre da hilfreich.


Der SSW hat den Besuch von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen in Dänemark und den
positiven Empfang seitens des Königshauses und der dänischen Regierung mit besonderem
Interesse verfolgt. Für uns spiegelt dieses Treffen auf höchster Ebene die gewachsenen ge-
schichtlichen und geographischen Beziehungen zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark
wider. Dabei begrüßt der SSW neben den Aussagen zur Minderheitenpolitik insbeso ndere der insbeson 3
grenzüber- die Ankündigungen des Ministerpräsidenten zu den Verbesserungen bei der grenz über-
schrei schreitenden Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Ländern. Ländern


Damit setzt die Landesregierung endlich auch Forderungen und strukturpolitische Bedenken des
SSW auf die politische Tagesordnung. Wir hoffen somit, dass unser Drängen auf eine gleichwer-
tige, wirtschaftliche und soziale Entwicklung für alle Landesteile jetzt in Kiel erhört wird. Denn
bislang hat sich diese Landesregierung bei der Förderung des nördlichen Landesteils nicht beson-
ders hervorgetan. Im Gegenteil: ich brauche nur die Stichworte Science Center in Kiel oder den
Ausbau des Husumer Hafens zu nennen, um zu verdeutlichen, wo einige der Konfliktlinien zwi-
schen der Landesregierung und dem SSW gelegen haben. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass
der Ministerpräsident von seinem Kopenhagen-Besuch voller Tatendrang zurückgekehrt ist.


Dabei sehen wir die Einrichtung eines so genannten Grenzlandfonds im Rahmen des
Schleswig-Holstein- Schleswig -Holstein-Fonds als einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Denn wir haben Richtung
bereits seit Jahren kritisiert, dass die Mittel im Regionalprogramm nicht mehr wie früher auf die
einzelnen strukturschwachen Regionen aufgeteilt waren. Wenn die Landesregierung schon ab
2006 einige Millionen für Arbeits- und Wirtschaftsprojekte im Grenzland aus dem Schleswig-
Holstein-Fonds reserviert, kommt sie unseren Forderungen entgegen.
Auch die Einrichtung von besonderen Beratungszentren für Grenzpendler bei den Finanzbehör-
den in Flensburg und Tondern ist eine gute Nachricht für das Grenzland, da somit einige der
Informationshemmnisse in der deutsch-dänischen Zusammenarbeit abgebaut werden können.
Wobei man darauf achten muss, dass diese Angebote eng mit den bestehenden Informations-
zentren der Region Schleswig-Sønderjylland in Pattburg verzahn werden. Weitere konkrete
Ergebnisse für die Menschen im Grenzland erhoffen wir uns von der von Bundeskanzler Schröder
und Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen eingesetzten Arbeitsgruppe, die am 2. Februar
2006 in Apenrade unter dem Vorsitz von Bundesstaatssekretär Franz Tönnies und Folketings-
mitglied Kim Andersen ihre Vorschläge präsentieren wird. 4
Dennoch muss ich darauf hinweisen, dass der in Kopenhagen diskutierte Bau der Fehmarnbelt -
Brücke im Grenzland weiterhin kaum auf große Freude stößt. Es bleibt unsere Forderung, dass
die Fehmarnbelt -Brücke erst gebaut werden darf, wenn die verkehrspolitischen Hausaufgaben
für den nördlichen Landesteil erledigt worden sind. Dazu gehört z.B., dass wir endlich die westli-
che Elbquerung mit Anbindung an die Westküste in Angriff nehmen und dass die Schieneneng-
pässe bei den Hochbrücken Rendsburg und Hochdonn beseitigt werden. Der Norden Schleswig - Schleswig-
Holsteins Holsteins braucht optimale Verkehrsanbindungen bevor die Fehmarnbelt -Brücke kommt. Verkehrsanbindungen Fehmarnbelt-


Trotz der positiven Signale der Landesregierung bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
mit Dänemark bleibt der SSW skeptisch bei der forcierten Zusammenarbeit zwischen Schleswig-
Holstein und Hamburg. Wir haben weiterhin die Befürchtung, dass dem Nordstaat nicht zuletzt
durch das neue Standortkonzept der Landesregierung durch die kalte Küche den Weg geebnet
wird. Das lehnen wir ab. Damit die Wirtschaftspolitik nicht dauerhaft zu Lasten des Nordens
geht, muss die Landesregierung die Fusionspläne endgültig begraben.


In den vergangenen Monaten haben sich die Stimmen vermehrt, die einen Nordstaat fordern.
Vor allem prominente Vertreter der CDU – wie Landtagspräsident Kayenburg und Wirtschafts-
minister Austermann – wollen den Zusammenschluss mit Hamburg. Der regierende Bürgermeis-
ter von Hamburg will ihn sogar möglichst schnell und auch unser Kieler Regierungschef hat
schon ähnliches verlauten lassen. Nach der Landtagswahl überraschte Peter Harry Carstensen
mit der Aussage, dass er sich vorstellen könne, der letzte Ministerpräsident von Schleswig-
Holstein zu sein. Aber letzte Woche hat Carstensen nun wieder deutlich gesagt, dass er keinen
Nordstaat will. Was soll man jetzt glauben?


Unser Kurs ist da klarer: Der SSW lehnt die Gründung eines „Nordstaates“ ab. Wir sagen ja
zu einer starken Zusammenarbeit der norddeutschen Länder bei konkreten Verwaltungsaufga-
ben. Wir sagen aber nein zu einer Fusion der Bundesländer, weil sie verheerende wirtschaftspoli-
tische Konsequenzen für den Norden hätte. Als „Juniorpartner“ in einem solchen Gebilde hätte 5
Schleswig-Holstein eine schwächere Ausgangsposition und könnte noch weniger regionale
Interessen im nördlichen Landesteil berücksichtigen.


Befürworter des Nordstaats argumentieren vor allem damit, dass Schleswig-Holstein angeblich
zu klein ist, um seine Aufgaben als Bundesland ordentlich erledigen zu können. Ein größeres
Land kann eine modernere, schlankere Verwaltung haben, glauben sie. Aber wenn die Größe von
Estland ausreicht, um EU-Mitglied und Vorzeigeland in Sachen Bürokratieabbau und schlanken
Staat zu werden, weshalb sollte Schleswig-Holstein dann zu klein sein, um als Bundesland zu
funktionieren?


Auch das Argument, dass dadurch finanzpolitische Probleme behoben werden können, ist mehr
als fraglich. Der SSW hat es schon vor meiner Zeit im Landtag gesagt: Zwei Nackte eröffnen doch
kein Textilgeschäft. Das, was sich noch einsparen lässt, können wir auch durch eine arbeitsteilige
Zusammenarbeit der Landesregierungen und Landesbehörden erreichen.


Und es gibt noch ein Argument gegen eine norddeutschen Fusion: Aus demokratischer Sicht
ginge in einem Nordstaat die Bürgernähe verloren, die immer noch unsere Landespolitik von der
Bundespolitik unterscheidet. Eigentlich ist es doch ein Witz: Einerseits wird dem SSW von den
großen Parteien vorgeworfen, dass wir die Identität der kleinen Ortschaften zerstören, wenn wir
Kommunen mit mindestens 8.000 Einwohnern fordern. Andererseits wollen Politiker aus den-
selben Parteien Schleswig-Holstein in ein Norddeutsches Megabundesland eingliedern.


Ein noch größerer Witz ist es, dass ausgerechnet konservative Schleswig-Holsteiner die Grenzen
unseres Landes in Frage stellen, wo sie doch immer auf die Einheit Schleswig-Holsteins so viel
Wert gelegt haben. Dass gerade die Partei der dänischen Minderheit für den Erhalt Schles- Schles-
wig- wig -H olsteins kämpfen muss, ist eine Ironie der Geschichte.


Die Befürworter des Nordstaates denken nur in Verwaltungskategorien und vergessen, dass es 6
hier um Bürger, um demokratische Institutionen und um Identität geht. Genau hier liegt der
Fehler bei der Nordstaat-Debatte und - füge ich in Klammern hinzu - bei der Verwaltungsstruk-
turreform der Landesregierung: Es geht eben nicht nur um Verwaltung, es geht zuerst um De-
mokratie. Für uns gilt bei den Ländern das gleiche, wie bei den Kommunen: Wir wollen hand-
lungsfähige und leistungsstarke dezentrale Einheiten, bei der Verwaltung und Politik auf einer
Ebene stattfinden.
Schleswig- Wir erwarten daher, dass der Schleswig -Holsteinischen Landtag sich klar und deutlich
gegen die Bildung eines Nordstaates ausspricht und nicht weiterhin zulässt, dass sich die weiterhin
Landesregierung diesem Ziel immer weiter durch die Hintertür nähert. nä

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