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Sylvia Eisenberg: Keinen Einstieg in die Einheitsschule
Nr. 229/04 29. April 2004 IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.deBildungspolitik TOP 11 Sylvia Eisenberg: Keinen Einstieg in die Einheitsschule Der Antrag des SSW bezweckt - etwas nebulös - den Einstieg in die Einheitsschule - vornehm vermarktet als „ungeteilte Schule“ nach dänischem Vorbild mit dem zusätzlichen Hinweis auf die finnischen Schulen, die ja bei Pisa so gut abgeschnitten haben.Liebe Kollegen, ich darf Sie zum wiederholten Male darauf hinweisen, dass das finnische System nicht mit unserem zu vergleichen ist. Wenn die Landesregierung die notwendigen Ressourcen für Förderung und Forderung in unser System gesteckt hätte - so wage ich zu behaupten, hätten auch wir bessere Ergebnisse erzielt. Wenn unser System Speziallehrer, Schulassistenten, Schulpsychologen, Verwaltungs- und Hilfskräfte in ausreichender Anzahl hätte wie in Finnland, wenn sich also Lehrer wie in Finnland auf den Unterricht konzentrieren könnten, wenn der Unterrichtsausfall rechtzeitig und das Unterrichtsfehl schon vor sieben Jahren minimiert worden wären, stünden wir wesentlich besser da.Ob 6-jährige, 9- oder 10-jährige Einheitsschule, diese Strukturdiskussionen, egal ob von Rot-Grün oder SSW, vernebeln das eigentliche Problem unserer Schulen – die Schwierigkeit, sich auf das zu konzentrieren was Schule vermitteln soll - nämlich Bildung und Erziehung, Fachkompetenzkompetenz, Persönlichkeitsbildung und Teamfähigkeit. Schulstrukturdebatten, wie sie jetzt wieder geführt werden und - wenn ich die Landesregierung richtig verstehe - auch noch weiter geführt werden, dienen eher der politischen Diskussion im Wahlkampf, und auf diese Auseinandersetzung freue ich mich, aber leider nicht unseren Schülern. Davon haben sie rein gar nichts.Der Antrag des SSW reiht sich in diese sinnlose Strukturdebatte ein. Er sucht zugegebener Maßen einen Kompromiss, aber einen schlechten. Der SSW will die Entscheidung für die weiterführende Schule um zwei Jahre hinausschieben, um u. a. auch die kleinen Grundschulen auf dem Land erhalten (Pressemitteilung vom 16.04.).Schleswig-Holstein hat zurzeit 423 Grundschulen, 46 Hauptschulen und 158 Grund- und Hauptschulen. Die Antragsteller entziehen einem Teil der 46 Hauptschulen die Schülerzahl der 5. und 6. Klassen, was faktisch die Schließung dieser Schulen bedeuten würde. Sie entziehen den Gymnasien und Realschulen ebenfalls die 5. und 6. Klassen, damit stehen die Klassenräume dort leer. Dafür bürden Sie den Schulträgern die Kosten für den dann notwendigen Neubau der Klassenräume in den erweiterten Grundschulen auf. Ich frage den SSW und Rot-Grün, die sich ja auch grundsätzlich zu dem Antrag positiv geäußert haben, ob Sie die Folgen Ihrer Gesetzesänderung wirklich bis zum Ende durchdacht haben! Aber nicht nur die organisatorischen Probleme haben Sie nicht berücksichtigt, auch entwicklungspsychologisch ist Ihr Plan kontraproduktiv.Die Entscheidung für eine weiterführende Schule im Schüleralter von 12 fällt in die Vorpubertät, mit 14 Jahren in die volle pubertäre Phase der Jugendlichen. Eine Voraussehbarkeit des schulischen Erfolges in dieser Entwicklungsphase ist wesentlich schwerer abzuschätzen als mit zehn Jahren.Die Ergebnisse, die im Standardwerk der Entwicklungspsychologie von 2002 im Kapitel 23 Entwicklung schulischer Leistungen (verfasst v. Köller und Baumert) veröffentlicht sind, sprechen ebenfalls gegen eine 6-jährige Grundschule. Dort heißt es auf S. 770: „Unübersehbar zeigen sich deutliche Leistungsvorteile der Gymnasiasten aus den Bundesländern mit 4-jähriger Grundschule. Die frühere Differenzierung scheint also leistungsstärkere Schüler in allen drei Fächern (Englisch, Mathematik, Deutsch) besser zu fördern“, d. h. also, auch für die leistungsstarke Gruppe ist eine 6-jährige Grundschule Gift.In Deutschland gibt es bereits 6-jährige Grundschulen, und zwar in Brandenburg und Berlin. Berlin hat an der PISA-Untersuchung nicht teilgenommen, Brandenburg befindet sich an der 12. Stelle von 14 teilnehmenden Ländern. (Bremen mit einigen Schulversuchen mit einer 6-jährigen Grundschule an 14. Stelle.) Auf der Basis dieser Ergebnisse müssen Sie Ihren eigenen Antrag eigentlich ablehnen. Wir wollen Ihnen dabei helfen.Lassen Sie uns gemeinsam die Durchlässigkeit zwischen den Schularten verbessern, wir haben entsprechende Anträge vorgelegt, sorgen Sie für mehr Förderung und Forderung und eine bessere Unterrichtsversorgung, dann brauchen wir uns nicht länger mit einer Schulstrukturdebatte aufzuhalten.