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Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust Arens: "Wir wollen ein Land sein, in dem Religionsfreiheit und Toleranz ihren festen Platz haben."
15/2004 Kiel, 27. Januar 2004 Sperrfrist: 27. Jan., 18:00 Uhr Es gilt das gesprochene Wort!Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust Arens: „Wir wollen ein Land sein, in dem Religionsfreiheit und Toleranz ihren festen Platz haben.“Kiel (SHL) – Heute um 18:00 Uhr findet im Kieler Schloss (Kleiner Saal) auf Einladung von Landtag und Landeszentrale für Politische Bildung die Ge- denkveranstaltung für die Opfer des Holocaust statt. Zur Begrüßung der gut 300 Gäste sagte Landtagspräsident Heinz-Werner Arens unter anderem:„Die Resonanz auf unsere Einladung ist noch stärker als in den Vorjahren. Die angekündigte szenische Lesung des jüdischen Theaters SCHACHAR aus Hamburg ist besonders auf das Interesse von Lehrkräften gestoßen, die heute mit ihren Schülerinnen und Schülern hier sind. Herzlich willkommen! Das freut mich auch deshalb, weil wir damit das Theater SCHACHAR in seiner Kulturarbeit ein wenig unterstützen können. Wir freuen uns auch darüber, dass es in Schleswig-Holstein mittlerweile wieder fünf offizielle Jüdische Gemeinden gibt: In Lübeck, Bad Segeberg, Pinneberg, Elmshorn und zuletzt in Ahrensburg haben sie sich konstituiert. Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein be- steht seit über einem Jahr. Er hat sich ein hohes Ziel gesteckt: Langfristig soll in Schleswig-Holstein ein flächendeckendes Gemeindenetz unter dem Dach des Landesverbandes entstehen, wie es vor der Shoa, also dem Völ- kermord an den Juden, bestand. Das ist politisch zu unterstützen und wird unterstützt. Ich hoffe, dass es bald gelingen wird, die Auseinandersetzung mit der Jüdischen Gemeinde in Hamburg beizulegen. In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass die jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein 2von den Landeszuschüssen ihren notwendigen Anteil erhalten. Dafür will ich mich gerne auch persönlich stark machen. Wer sich nun diese Entwicklung vor Augen führt und gleichzeitig beobach- ten muss, wie mit einer einzigen unheilvollen, von historischer Unkenntnis strotzenden und im Kern antisemitischen Rede eines Hinterbänklers aus dem Bundestag mehr Porzellan zerschlagen wird, als mühsam gekittet wor- den war, der muss darüber verärgert sein. Wir haben es so schon schwer genug, uns gemeinsam auf eine friedliche Zukunft einzustimmen. Die Dis- kussion um die Auftragsvergabe für das Berliner Holocaust-Mahnmal hat im vergangenen Jahr wieder gezeigt, wie schnell wir von der Vergangenheit eingeholt werden. Aktuelle Studien belegen zudem, dass es in Deutschland und Europa nach wie vor antisemitische Grundhaltungen in nennenswertem Umfang gibt.Dem Historiker Julius H. Schoeps ist zuzustimmen, wenn er feststellt: ‚Ich warne davor, Antisemitismus zu unterschätzen. Das hat sich verselbstän- digt. Antisemitismus kommt heute auch ohne Juden aus.’ Wir können uns also keineswegs darauf ausruhen, nun über 50 Jahre lang ein demokrati- sches System in Deutschland zu haben, das im Großen und Ganzen funkti- oniert. Es gibt eben auch außerhalb des rechtsextremen Spektrums einen unterschwelligen Antisemitismus, der historisch über Jahrhunderte gewach- sen ist und leicht aktiviert werden kann. Daher tut die demokratische Politik gut daran, sich von Politikern wie Martin Hohmann deutlich und dauerhaft zu distanzieren. Ganz besonders die jungen Menschen fragen sich mitunter, warum sie sich denn noch immer mit dem Holocaust und seinen Ursachen befassen sollen. Der schon zitierte Historiker Schoeps beantwortete die Frage, ob ein deut- scher Jugendlicher heute das Recht habe, sich unbelastet zu fühlen, so: ‚Natürlich. Er steht nicht in einer Tradition von Schuld, wohl aber von Ver- antwortung.’ Das unterstütze ich und möchte an unser aller Verantwortungsbewusstsein appellieren: Wir wollen ein Land sein, in dem Religionsfreiheit und Toleranz ihren festen Platz haben. Das erfordert in einer globalisierten Weltordnung immer neu eine Standortbestimmung. Wir sollten uns aber davor nicht fürchten, sondern die Chance ergreifen, Toleranz gegenüber Minderheiten zu einem Markenzeichen unserer Politik zu machen.“