Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Klaus-Peter Puls zu TOP 12+15: SPD konsequent kommunalfreundlich
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 28.08.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! aktuell Sperrfrist: RedebeginnTOP 12+15 – Reform der GemeindefinanzenKlaus-Peter Puls:SPD konsequent kommunalfreundlichDie Oppositionsparteien im Schleswig-Holsteinischen Landtag, CDU und FDP, führen die Diskussion zur Reform der Gemeindefinanzen entsprechend ihrer jeweiligen Firma: Die CDU als „Club der Unternehmenslobby“ und die FDP als „Freiberufler-Dienst- Partei“.Die Regierungsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben heute er- neut einen Antrag zur Gemeindefinanzreform vorgelegt, der nicht einseitig unterne h- mensorientiert, sondern konsequent kommunalfreundlich ist. Die Anträge von CDU und FDP sind einseitig unternehmensorientiert und im Ergebnis kommunalfeindlich.Wir haben in der SPD-Landtagsfraktion überlegt, ob wir nicht versuchen sollten, aus allen Anträgen die kompromissfähigen Punkte heraus zu suchen und uns auf einen gemeinsamen Beschluss aller Fraktionen des Schleswig-Holsteinischen Landtages zu einigen, der wegen der Einigkeit über alle Fraktionsgrenzen hinweg den Druck auf Ber- lin hätte erhöhen können.Die Antragstexte zeigen allerdings, dass dies nicht möglich ist: Zwar lehnen alle Frak- tionen den vorliegenden Entwurf der Bundesregierung zur Gemeindefinanzreform ab; sie tun dies allerdings aus höchst unterschiedlichen und in der Zielrichtung entgegen gesetzten Gründen. Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/13 07 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-Wir müssen deshalb die Anträge im Einzelnen beraten und darüber entscheiden. Den Änderungsantrag des SSW übernehmen wir in den rot-grünen Antrag: Auch bei einer konsequent kommunalfreundlichen Gemeindefinanzreform, wie wir sie verlangen, ist selbstverständlich darauf zu achten, „dass die kleineren und mittleren Unternehmen vor zu großen steuerlichen Belastungen geschützt werden“. Das kann geschehen „durch angemessene Freibeträge oder Verrechnungsmöglichkeiten bei der Einkom- mensteuer“, und so geschieht es ja auch bereits nach geltender Rechtslage. Damit dies weiterhin der Fall ist, würden wir gern das Wörtchen „weiterhin“ in den SSW- Vorschlag einfügen. Der gesamte Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW lautet damit wie folgt:1. Die Landesregierung wird aufgefordert, im Interesse des Landes und seiner Kom- munen den bisher vorgelegten Plänen der Bundesregierung zur Gemeindefinanzre- form im Bundesrat nicht zuzustimmen. 2. Die Landesregierung wird gebeten, sich vor der Abstimmung im Bundesrat dafür einzusetzen, - dass sich die Gewerbesteuerreform durchgehend an dem Modell „Modernisier- te Gewerbesteuer“ der kommunalen Spitzenverbände und des Landes Nord- rhein-Westfalen ausrichtet, - dass durch Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage um gewi nnunab- hängige Elemente eine wirklich tragfähige Basis für verlässliche und konjunk- turunabhängige Gewerbesteuereinnahmen geschaffen wird, - dass die kleineren und mittleren Unternehmen weiterhin durch angemessene Freibeträge und Verrechnungsmöglichkeiten bei der Einkommensteuer vor zu großen steuerlichen Belastungen der Gewerbesteuerreform geschützt werden und - dass die finanzielle Mehrbelastung des Bundes bei der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für erwerbsfähige Leistungsbezieher nicht vom Bund auf die Länder und die Kommunen zurück verlagert wird. -3-Den Gesetzentwurf der Bundesregierung lehnen wir ab, weil er eine wesentliche Kom- ponente des Modells „Modernisierte Gewerbesteuer“ der kommunalen Spitzenverbän- de nicht enthält: die Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage um gewinnunab- hängige Elemente wie Zinsen, Mieten, Pachten und Leasingraten. Hier geht die Bun- desregierung sogar noch hinter die geltende Rechtslage zurück, und entgegen ihrer Zusage vor der Sommerpause, die Vorschläge der Kommunen in Gänze zu überne h- men, sind die Eichels und Clements dann doch noch auf der Zielgeraden vor dem Druck der Wirtschaftslobby zurückgewichen und eingeknickt.Die Kommunen wehren sich zu Recht dagegen, dass ihre diesbezüglichen Vorschläge mit dem Schlagwort „Substanzbesteuerung“ diskreditiert werden. Und ich zitiere dazu: „Es geht eben nicht darum, dass bei Unternehmen, die in Verlustzonen stecken, Zi n- sen, Mieten und Pachten besteuert werden. Tatsächliches Ziel des Vorschlages der Städte (und Gemeinden) ist es, durch die Besteuerung von Zinsen, Mieten und Pach- ten mehr Steuergerechtigkeit vor allem zwischen dem Mittelstand und großen Unte r- nehmen herzustellen.“Und weiter: „Keine Stadt wird den Konkurs eines ansässigen Unternehmens in Kauf nehmen, indem sie bei gravierenden Liquiditätsengpässen einer Firma auf der umge- henden Zahlung der Gewerbesteuer beharrt. Keine Stadt wird wegen einmaliger Ge- werbesteuerzahlung dauerhafte Arbeitsplätze und dauerhafte Gewerbesteuerzahlun- gen eines Unternehmens auf Spiel setzen. Die Kommunen nutzen deswegen ihr Recht, Steuerschulden zu stunden.“Und wenn Sie wissen wollen, von wem diese Zitate stammen, dann sage ich es Ihnen: Sie stammen von der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU).Die Anträge von CDU und FDP lehnen wir ab, weil beide Fraktionen die Gewerbeste u- er am liebsten ganz abschaffen und durch erweiterte Mischfinanzierungen im Bereich von Einkommen-, Körperschaft- und / oder Umsatzsteuer ersetzen würden. -4- Zur Problematik der Mischfinanzierungen hat der Kollege Hentschel gestern in der Haushaltsdebatte schon das Notwendige gesagt: Wollten wir nicht alle gemeinsam auf den Abbau vorhandener Mischfinanzierungen hinwirken? Auch das von der FDP geforderte eigene Hebesatzrecht der Gemeinden auf die Einkommensteuer ist als Alternative zur Gewerbesteuer ungeeignet, weil es die Wirtschaft bei der Mitfinanzierung gemeindlicher Aufgaben entlasten und dafür die Einkommen- und Lohnsteuerzahler, also wieder einmal die Arbeitnehmer, zusätz- lich belasten würde. Das ist mit uns nicht zu mache n. Nein, meine Damen und Herren! Wir treten dafür ein, dass die Gewerbesteuer mit eigenem Hebesatzrecht als Grundlage kommunaler Besteuerung der ortsansässi- gen Wirtschaft erhalten bleibt, und wir wollen, dass in den Kreis der Steuerpflichti- gen auch die Freiberufler einbezogen werden. Immerhin das sieht auch der Ge- setzentwurf der Bundesregierung vor. Warum eigentlich die Freiberufler nicht, mei- ne Damen und Herren von der CDU und FDP? Nach unstreitiger wirtschaftswissenschaftlicher Definition ist „Gewerbe“ eine auf Gewinnerzielung gerichtete, auf Dauer angelegte, selbständig ausgeübte berufliche Tätigkeit, oder noch kürzer: jede selbständige, nachhaltige Betätigung mit Gewin- nerzielungsabsicht. Warum fallen darunter die freien Berufe eigentlich nicht? – Nur weil sie in verschiedenen Steuergesetzen bisher aus der Begriffsbestimmung aus- drücklich herausgenommen und damit materiell privilegiert werden: Findet in A n- waltskanzleien, Arztpraxen und Architektenbüros etwa keine eigennützige, er- werbswirtschaftliche Tätigkeit statt, die dem Betreiben eines normalen Handwerks-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmens entspricht? Ist die Anwaltssozietät Kubicki-Kerssenbrock lediglich eine Wohltätigkeitsveranstaltung, in der ohne e r- werbswirtschaftliche Hintergedanken rein gemeinnützige Motive verfolgt werden?Nein, meine Damen und Herren! Die bisherige Ausnahme der Feiberufler von der Ge- werbesteuerpflicht ist ein alter Zopf, der abgeschnitten werden muss, weil er der wirt- -5-schaftlichen und gesellschaftlichen Realität nicht – oder jedenfalls nicht mehr – ent- spricht. Die gemeindliche Infrastruktur, die aus der Gewerbesteuer zu finanzieren ist, wird gleichermaßen für alle in betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Zusammen- hängen arbeitenden Selbständigen bereit gestellt. Sie sollten deshalb auch alle glei- chermaßen zur Steuerzahlung herangezogen werden, so wie zumindest das der Ge- setzentwurf der Bundesregierung ja auch vorsieht.Da der Gesetzentwurf der Bundesregierung wesentliche Teile des Kommunalmodells noch nicht enthält – ich habe sie genannt –, bitten wir die Landesregierung heute er- neut, sich auf Bundesebene weiterhin für diese Punkte einzusetzen – im Sinne und im Interesse unserer schleswig-holsteinischen Kreise, Städte und Gemeinden.