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20.06.03 , 13:32 Uhr
SPD

Jürgen Weber zu TOP 7 und 27: Ja zur Juniorprofessur - Nein zu Studiengebühren

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 20.06.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 7 + 27 – Hochschulgesetz Novelle Juniorprofessur + Studiengebühren


Jürgen Weber

Ja zur Juniorprofessur – Nein zu Studiengebühren

Im Februar und im August des letzten Jahres sind zwei wichtige Novellen zum Hochschulrahmengesetz in Kraft getreten. Sie haben wesentlich den Weg für eine Modernisierung unseres Hochschulwesens und unserer Wis- senschaftslandschaft auf europäischem Niveau geebnet.

Mit dem heute vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes (HSG) sowie zur Änderung des Landesbeamtengesetzes soll vor allem die wichtige Neukonzeption des Qualifikationsweges des wis- senschaftlichen Nachwuchses in Landesrecht umgesetzt werden. Was unter dem Begriff der Juniorprofessur Eingang in unsere Hochschulen findet, ist nichts weniger als die Abkehr vom 19. Jahrhundert in der Art und Weise der Rekrutierung unserer ProfessorInnen.

Die Einführung einer befristeten Juniorprofessur mit dem Recht zur selbstä n- digen Forschung und Lehre i n möglichst zeitnahem Anschluss an die Promo- tion soll künftig die Regel für eine Berufung auf eine Universitätsprofessur sein. Daneben wird - die Qualifizierung aufgrund beruflicher Tätigkeit in der Wirtschaft, - die Qualifizierung im Ausland

Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/13 07 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



- und die Qualifizierung als wissenschaftliche Mitarbeiterin oder Mitar- beiter an einer Hochschule oder außeruniversitären Forschungsein- richtung als Alternative zur Verfügung stehen. Bis 2010, das ist als Kompromiss nach langem Ringen im HRG festgeschrie- ben, kann auch die Habilitation mit dem Ziel der Qualifikation für eine Profes- sur betrieben werden.

Mit der Einführung der Juniorprofessuren wird der Beginn eigenverantwortli- cher Forschung und Lehre im Schnitt um rund zehn Lebensjahre vorverlegt. Mit anderen Worten: Zur Zeit erfolgt eine Berufung auf eine Professur in Deutschland in der Regel erst nach dem 40. Lebensjahr – im Welt- und im europäischen Maßstab ein beinahe biblisches Alter. Eine Juniorprofessur mit etwa 30 ist nicht nur für unsere Nachwuchswissenschaftle r und für Wissen- schaftler, die aus dem Ausland zu uns kommen, attraktiver – sie wird unseren Hochschulen auch einen qualitativen Innovationsschub versetzen. Da sind sich übrigens Deutsche Forschungsgemeinschaft und Wissenschaftsrat einig.

Die SPD-Fraktion begrüßt daher ausdrücklich den Entwurf der HSG-Novelle der Landesregierung in diesen Punkten. Die Novelle ist ohne ernsthafte Al- ternative – auch wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass einige Lordsiegelbe- wahrer der Habilitation in den Universitäten und in der Politik am tradierten deutschen Sonderweg festhalten möchten. Mit der Novelle wird jetzt in Hoch- schulrecht gegossen, was in der Praxis der Universitäten ja bereits auf den Weg gebracht ist.

Dabei sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass erhebliche Mittel des Bundes für die Ausstattung der Juniorprofessuren zur Verfügung gestellt werden. -3-



Die Hochschulgesetznovelle erledigt sozusagen en passant einige andere Aufgaben, von denen ich hier einige kurz ansprechen möchte. So begrüßen wir es ausdrücklich, dass künftig Prüfungs- und Promotionsordnungen nicht mehr durch das Ministerium genehmigt werden müssen. Das stärkt die Auto- nomie der Hochschulen in einem vernünftigen Rahmen und wird in der Praxis die notwendigen Anpassungen und Neuordnungen deutlich beschleunigen.

Ich freue mich, dass die Landesregierung das sogenannte “Zweitberufungs- verfahren” für Fachhochschulprofessorinnen und -professoren bis zur Neure- gelung der Professorenbesoldung insgesamt beibehält. Hier muss das Argu- ment des Vertrauensschutzes bei denjenigen, die mit einer solchen Zweitbe- rufung rechnen konnten, auch gewichtet werden. Das ist geschehen.

Das Stichwort Professorenbesoldung führt zu einem wichtigen Desiderat. Mit der Neufassung des Hochschulrahmenrechts ist neben der Modernisierung der Nachwuchsförderung vor allem die Neuordnung der Besoldung und des Dienstrechts der Hochschullehrer in Angriff genommen. Gerade weil es hier- bei um Leistungsorientierung und Leistungsanreize, um internationalen Wett- bewerb und Wettbewerb mit der Industrie und schließlich um Flexibilität geht, ist ein sorgfältiges wie zügiges Umsetzen in Landesrecht erforderlich.

Wir wollen mit der heute vorliegenden Novelle einen wichtigen Schritt zur Verbesserung unserer Hochschulen beschreiten, dem weitere folgen müs- sen. Dabei bilden Leistung, Internationalität und Innovation die Klammer der Reformen.

Keine Ausschussberatung benötigen wir hinsichtlich des Oppositionsantrags zur Aushebelung des gebührenfreien Erststudiums. Die schon erwähnte HRG-Novelle schreibt in § 27 Abs. 4 fest, dass das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss bzw. in einem konsekutiven Studiengang in Deutschland gebührenfrei ist. Und mit der ersten Lesung unserer HSG- -4-



Novelle sind wir mit guten Grund dabei, dieses in Landesrecht zu verwa n- deln.

Auch wenn wir erst in der letzten Landtagssitzung hierzu debattiert haben, will ich mich gerne der Mühe unterziehen, Ihnen zum wiederholten Mal unse- re Auffassung dazu vorzutragen. Die wichtigsten Argumente gegen grund- ständige Studiengebühren haben sich nicht geändert: Bildung und Ausbil- dung sind keine Privatangelegenheit. Die Gesellschaft muss ein nachhaltiges Interesse an einer ausreichenden Zahl gut ausgebildeter Menschen haben.

Wir brauchen in Deutschland mehr qualifizierte Kräfte mit Hochschulab- schlüssen und nicht weniger. Deswegen dürfen wir keine Maßna hmen ergrei- fen, die den Hochschulzugang direkt oder indirekt einschränken. Genau das aber ist die unmittelbare Folge von Studiengebühren, wie uns zuletzt das Beispiel Österreich an konkreten Zahlen nachgewiesen hat.

Darüber hinaus ist es unbestreitbar, dass ein Verdrängungseffekt vor allem diejenigen Abiturienten betreffen würde, für die die finanzielle Absicherung i h- res Studiums die entscheidende Frage ist. Und da wir uns weiterhin ein Bil- dungssystem leisten, das soziale Strukturen nicht aufbricht, sondern konser- viert, wie uns PISA drastisch vor Augen geführt hat, wäre der Übergang auf allgemeine Studiengebühren der sicherste Weg, die in den 60er Jahren be- gonnene soziale Öffnung der Hochschulen wieder aufs Spiel zu setzen.

Ein umfassendes Stipendiensystem – wie übrigens in allen Staaten mit Stu- diengebühren – ist nicht in Sicht und z.Zt wohl auch nicht realistisch fina n- zierbar. Diesen Zusammenhang, nämlich die Einbettung des Studiums in ein neues System der nationalen Bildungsfinanzierung, hat die Ministerpräsiden- tin in ihrer Regierungserklärung angesprochen. Daraus den Einstieg in Stu- diengebühren in unserem Land herauszulesen, ist nun wirklich nicht zulässig. -5-



Da gibt es unter den Sozialdemokraten in diesem Hause eine große Gemein- samkeit.

Da in der Diskussion beim Thema Gebühren KiTas und Hochschulen mitein- ander verquickt werden, möchte ich noch einmal klarstellen: Wir haben es er- reicht, dass es einen öffentlichen Bewusstseinswandel darüber gibt, dass die Erziehung von Kindern vor Eintritt der Schulpflicht nicht ausschließlich Pflicht und Recht der Eltern ist, sondern der gesamten Gesellschaft. Wir haben des- halb in diesem Bereich eine Mischfinanzierung, bei der auch die Eltern, sozial gestaffelt, an den Kosten beteiligt sind.

Für Schulen und Hochschulen gilt dies natürlich nicht. Unsere künftigen Ärz- te, Lehrer, Juristen und Ingenieure können nur an Hochschulen ausgebildet werden; hier tritt die Gesellschaft nicht in Pflichten ein, die ursprünglich ein- mal Sache der Eltern waren. Man sollte die Dinge auseinander halten.

Selbstverständlich müssen wir in Schleswig-Holstein uns an den Debatten beteiligen, wie die Bildungsressourcen effektiv, gerecht und leistungsorien- tiert eingesetzt werden. Darum können Studienkonten in einem System von Bildungsgutscheinen ein Weg in der Zukunft sein. Wer allerdings den Weg der Studiengebühren für das Erststudium gehen will, muss diesen Weg ohne die SPD in diesem Landtag gehen. Ohne wenn und aber: Es sind keine Stu- diengebühren geplant, und es wird in dieser Wahlperiode keine Studienge- bühren geben.

Man kann sich grundsätzlich darüber streiten, ob in einem föderalisierten Bil- dungssystem ein Hochschulrahmengesetz notwendig ist. Wir hatten bisher immer den Konsens miteinander, dass wir ein solches Ge- setz brauchen. Dann müssen in einem solchen Gesetz aber auch einige Standards festgeschrieben werden; das Gesetz darf nicht nur lauten: „In Deutschland gibt es Hochschulen.“ -6-



Beklagenswerter Weise haben in der Vergangenheit unionsgeführte Länder nicht definierte Standards immer wieder dazu genutzt, Entscheidungen ge- gen die Studierenden zu treffen. Ich erinnere an den Kompromiss über das neue Hochschulrahmengesetz von 1975, in das keine Standards hinsichtlich einer Studierendenvertretung festgeschrieben wurden – das Ergebnis war, dass Baden-Württemberg und Bayern die Verfasste Studierendenschaft so- fort abgeschafft haben.

Deswegen werden wir dem Anliegen von CDU und FDP, die Gebührenfrei- heit im HRG aus den Angeln zu heben, nicht beitreten. Es gibt dafür keine politische Veranlassung und keine rechtliche Veranlassung.

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