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18.06.03
11:03 Uhr
SSW

Regierungserklärung zur politischen und wirtschaftlichen Lage in Schleswig-Holstein!

PRESSEINFORMATION Kiel, den 18.6.2003 Es gilt das gesprochene Wort

TOP 2: Regierungserklärung zur politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in Schleswig-Holstein (Drs.15/)
Anke Spoorendonk: “Würden sich Bund und Länder auf einen langfristig angeleg- ten und berechenbaren politischen Kurs zum Umbau unserer Gesellschaft einigen, wären die Bürgerinnen und Bürger auch bereit, eigene Opfer zu erbringen!“
Seit der letzten Landtagssitzung Anfang Mai, in der wir bekanntlich einen Nachtragshaushalt für 2003 verabschiedet haben, hat es wahrlich auf Bundes- wie auf Landesebene viele Turbulenzen - um nicht zu sagen Hiobsbotschaften in Hülle und Fülle – gegeben: Das vernichtende Ergebnis der Mai-Steuerschätzung, das Eingeständnis des erneuten Überschreitens der Maastricht-Kriterien, die weiter negativ anhaltenden Konjunkturerwartungen, die Arbeitslosenzahlen, der Hilferuf der fast bankrotten Kommunen - und dann auch noch die dramatischen Unterschüsse in allen vier großen Sozialversicherungssystemen – bei der Rente, den Krankenkassen, der Arbeitslosen- und der Pfle- geversicherung. Alles dies macht deutlich: Die Bundesrepublik befindet sich an einem Schei- deweg.

Als eines der sechzehn Bundesländer kann sich Schleswig-Holstein natürlich nicht von dieser be- trüblichen Entwicklung abkoppeln. Zumal viele der entscheidenden Weichenstellungen in Berlin oder Brüssel getroffen werden. Auch wenn es in einigen Bereichen – etwa beim Wirtschaftswachs- tum 2002 oder bei den Existenzgründungen – im Ländervergleich ein gutes Abschneiden für Schleswig-Holstein gegeben hat, müssen wir erkennen, dass die Lage auch bei uns sehr ernst ist.

Die höchsten Arbeitslosenzahlen in Schleswig-Holstein seit 50 Jahren - mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um 17.000 oder um 14,8% innerhalb eines Jahres - sprechen für sich. 2



Auch die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist für unsere Jugend so schlecht wie lange nicht mehr. Seit Oktober 2002 hat es einen Rückgang der Ausbildungsstellen im Vergleich zum Vorjahreszeit- raum um 2.000 Stellen oder um 12.2% gegeben. 7.200 jungen Erwachsenen, die Ende Mai 2003 noch eine Ausbildungsstelle suchten, standen nur 4.100 freie Stellen gegenüber, 800 weniger als im Mai des Vorjahres - trotz größter Anstrengungen der Landesregierung und des „Bündnisses für Ausbildung in Schleswig-Holstein“.

Dazu kommt ein erheblicher Anstieg der Konkurse. Die Schließungen von Werken oder der Verlust von vielen Arbeitsplätzen bei großen Betrieben führten in diesem Frühjahr leider immer wieder zu Schlagzeilen. Auf regionaler Ebene kommt in naher Zukunft noch die Schließung des Marineflie- gergeschwaders 2 in Eggebek/Tarp mit dem Verlust von mehreren Tausend Arbeitsplätzen hinzu - Eine schwerwiegende Fehlentscheidung der Bundesregierung, die aus regionalpolitischer Sicht nicht leicht zu verkraften sein wird.

Die Ergebnisse der Steuerschätzung waren auch für Schleswig-Holstein – sowohl für das Land als auch für die Kommunen – katastrophal, und diese Zahlen basieren sogar noch auf einer sehr opti- mistischen Annahme für die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahre. Gerade in der letzten Woche hat das statistische Landesamt in einem Kurzbericht dargelegt, dass die vereinnahmten Steuern in Schleswig-Holstein – einschließlich des Länderfinanzausgleichs sowie der Bundesergän- zungszuweisungen - 2002 im Verhältnis zu 2001 um 123 Mio. € oder um 2,3% zurückgingen, wäh- rend die Ausgaben durch die schlechte konjunkturelle Entwicklung gleichzeitig angestiegen sind.

Der Handlungsbedarf in Bund und Land ist also enorm. Deshalb ist es auch richtig, dass die Lan- desregierung heute diese Regierungserklärung zur politischen und wirtschaftlichen Situation gibt. Das ist auch deshalb wichtig, weil sich in letzter Zeit manchmal der Eindruck erhärtet, dass sich jetzt schon die Parole breit macht, die besagt: Abwarten bis 2005 und nach der Landtagswahl wei- tersehen. Das wird aber nicht funktionieren. Wir kommen nicht weiter, wenn wir die Probleme – in Anlehnung an einen alten Graffiti-Spruch – wie einen Fisch behandeln, den wir so schnell wie möglich wieder ins Wasser verfrachten möchten.

Sicherlich könnten wir noch einige Jahre so weiter wursteln wie bisher und vielleicht noch relativ gut von der Substanz leben, aber irgendwann werden wir dann höchstwahrscheinlich vor einem Zu- sammenbruch der gesamten staatlichen Ordnung stehen. Wir müssen erkennen, dass wir alle – und damit meine ich Politikerinnen und Politiker genauso wie Unternehmerinnen und Unternehmer oder 2 3



die Bürgerinnen und Bürger – es versäumt haben, unser gesellschaftliches System, das ja auch jahr- zehntelang hervorragend funktioniert hat, beizeiten für die Herausforderungen einer globalisierten Umwelt fit zu machen. Viele unserer Nachbarländer haben den notwendigen Reformprozess An- fang der 90´Jahre in Gang gesetzt, während bei uns weiter der Stillstand regierte.

Dafür gibt es sicherlich Erklärungen: Eine Erklärung ist natürlich die Bewältigung der Folgen der Deutschen Einheit, die Politik und Wirtschaft in den 90ér Jahren sehr beschäftigte. Eine andere Er- klärung ist eben auch, dass die Bundesrepublik ein Erfolgsmodell war. Und wer ändert schon gern ein erfolgreich erprobtes Modell? Ein weiterer wichtiger Faktor sind sicherlich die mächtigen Inte- ressengruppen, die kein Interesse an Veränderungen haben. Doch spätestens seit Mitte der 90ér Jah- re waren die heutigen Probleme unserer Sozialversicherungssysteme, unseres Bildungssystems oder die Verkrustungen unseres Arbeitsmarktes schon deutlich erkennbar, und bereits zu der Zeit hätte eine Umkehr erfolgen müssen.

Die rot-grüne Bundesregierung hat zwar seit 1998 auf einigen Gebieten wichtige Reformen durch- geführt. Doch verführt durch den kurzweiligen wirtschaftlichen Boom von 1999 bis Anfang 2001 hat sie es leider versäumt, den notwendigen Wandel in Deutschland voranzutreiben. Seit der Wie- derwahl der Regierungskoalition im letzten Herbst haben wir in Berlin ein politisches Schauspiel und ein Durcheinander erlebt wie selten zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik.

Es gibt zwar den berühmten Spruch: „Wer zu spät kommt den bestraft das Leben“, aber ich halte mich lieber an die optimistischere Variante: „Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen“. Unter diesem Motto hat sich Bundeskanzler Schröder im März zu seiner sogenannten Agenda 2010 durchgerungen. Man kann die Agenda 2010 befürworten oder ablehnen – und bei der morgigen De- batte über die sozialen Sicherungssysteme werden wir uns ja mit den Details auseinandersetzten – aber eines ist heute schon klar: Die Vorschläge der Agenda 2010 werden weder hinten noch vorne ausreichen, um dieses Land aus der Krise zu führen.

Bestenfalls sind sie ein kleiner Schritt, um aus der Misere herauszukommen. Schlimmstenfalls ist es nur ein kurzweiliges „Herumdoktern“ an einigen Stellschrauben des Systems, das sogar die wirt- schaftliche Krise noch verstärken könnte. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsförderung hat in ei- ner Untersuchung ermittelt, dass die Agenda 2010 zu einem kurzfristigen Arbeitsplatzabbau von 100.000 Arbeitsplätzen führen wird, weil die Binnenkonjunktur weiter geschwächt wird. Wobei ich
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in Klammern hinzufügen möchte, dass wir die Vorschläge der CDU/CSU - beispielsweise im Ge- sundheitsbereich - genauso als „Herumdoktern“ ansehen.

Wenn es also einen positiven Aspekt bei der aktuellen Diskussion um das Vorziehen der 3. Stufe der Steuerreform auf 2004 gibt, dann ist es der, dass jetzt auch die Bundesregierung die schlechte Binnenkonjunktur als das wirkliche Übel erkannt hat. Konkret bedeutet dies, dass man sich in einer Übergangsphase von einer zu restriktiven Haushaltspolitik verabschieden muss. Die Gewerkschaf- ten und auch der nicht so sehr beliebte ehemalige Finanzminister Oskar Lafontaine vertreten ja schon seit einigen Jahren die These, dass die wirtschaftliche Schwäche durch eine Belebung der Binnennachfrage überwunden werden könnte.

Wir brauche also einen Kickstart der Binnenkonjunktur, um die viel zu hohe Arbeitslosigkeit abzubauen. Dabei gibt es verschiedene Ansätze: Einmal die Stärkung der Nachfrage durch Steuer- senkungen – das ist die neoliberale Variante, die wir aus den USA und aus Großbritannien kennen – oder die Stärkung der Nachfrage durch gezielte staatliche Investitionen, beispielsweise in die Infra- struktur oder die Bildung etc. – diese Variante vertritt der DGB, und sie ist zum Beispiel auch beim Regierungswechsel in Dänemark 1993 erfolgreich von den Sozialdemokraten angewandt worden. Beide Varianten reißen natürlich kurzfristig große Löcher in die öffentlichen Haushalte, aber lang- fristig würden sich durch den Abbau der Arbeitslosigkeit und durch höhere Steuereinnahmen die öffentlichen Kassen wieder füllen.

So weit die Theorie. Allerdings gibt es bei der Steuersenkungsvariante, die vonseiten der Bundesre- gierung bevorzugt wird, ein Problem. Die Bürgerinnen und Bürger werden nur die gesparten Steuern in den Konsum investieren, wenn sie Vertrauen in die Politik haben. Ansonsten wird es sich jeder einzelne doch zweimal überlegen, ob er sein Geld nicht lieber für bessere Zeiten hor- ten sollte. Mangelndes Vertrauen in die Politik führt in der jetzigen Situation also zu einer höheren Sparquote, zu Stagnation und schlimmstenfalls zu Deflation - wie jetzt schon seit 10 Jahren in Ja- pan.

Weder die Bundesregierung noch die Opposition im Bundesrat haben in den letzten Jahren und Monaten viel dazu beigetragen, dass das notwendige Vertrauen der Menschen in die Politik gestie- gen ist. Die einen führen einen Zick-Zack-Kurs und die anderen blockieren im Bundesrat jeden vernünftigen Fortschritt, wenn sie können. Die Menschen in Deutschland wissen aber sehr wohl, was die Stunde geschlagen hat. Das ist sozusagen die andere Seite der Medaille unserer Wis- 4 5



sensgesellschaft. Die allermeisten Menschen haben die politischen Spielchen der Politikerinnen und Politiker satt. Sie wollen Ergebnisse und eine verlässliche Politik. Wenn sich also Bund und Länder auf einen langfristig angelegten und berechenbaren politischen Kurs zum Umbau unserer Gesellschaft einigen würden, wären die Bürgerinnen und Bürger auch bereit, eigene Opfer zu erbringen. Das ist die gute Nachricht.

Genau hier will auch die Landesregierung ansetzen, denn über den Bundesrat will sie zukunftswei- sende Entscheidungen für das Land herbeiführen. Der SSW begrüßt, dass die Landesregierung er- kannt hat, dass wir uns nicht allein aus der Misere heraussparen können, sondern dass wir alle Maßnahmen ergreifen müssen, um die Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Deshalb unterstüt- zen wir auch die Forderung, durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer die Senkung der Lohnnebenkosten zu erreichen. In ihrem neuen Buch fordert die Ministerpräsidentin sogar noch radikalere Reformen - zum Beispiel die Einführung eines steuerfinanzierten Sozialsystems und eine Grundrente. Diese Forderungen decken sich mit den Zielsetzungen des SSW zu einer Reform der sozialen Sicherungssysteme nach skandinavischem Vorbild, aber davon morgen mehr.

Natürlich wird das allein nicht reichen, und die Ministerpräsidentin hat ja auch in ihrer Regierungs- erklärung weitere wichtige Weichenstellungen angekündigt. Nur ein wirklicher Abbau der Arbeits- losigkeit wird also langfristig zur Haushaltssanierung des Landes Entscheidendes beitragen können. Dieses Ziel muss am Anfang aller Bemühungen stehen.

Im Bereich der Verkehrsinfrastruktur wird es sehr darauf ankommen, wie schnell die A20 und die westliche Elbquerung gebaut werden können. Von daher ist es positiv, dass der Weiterbau der A20 in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen worden ist. Der Bau der westlichen Elbquerung wird ja von der Entscheidung der Landesregierung in Niedersachsen abhän- gen. An diesem Projekt wird sich zeigen, ob die viel gepriesene norddeutsche Zusammenarbeit in der Praxis funktioniert. Für die wirtschaftliche Entwicklung der schleswig-holsteinischen Westküste bleibt der Bau der westlichen Elbquerung mit Anbindung an den Landesteil Schleswig eine Kernforderung des SSW.

Im Bereich des Schienennahverkehrs gibt es bereits seit einigen Jahren gute Fortschritte. Die Ret- tung der Interregio-Strecke Flensburg-Hamburg durch die Übernahme der Flex AG oder jetzt die
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Vergabe der Westküstenbahn an die NOB sind positive Beispiele für eine zukunftsweisende und ge- lungene Privatisierung von Verkehrsdienstleistungen.

Um auch in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich sein zu können, brauchen wir gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sowohl im Öffentlichen Dienst als auch in der privaten Wirtschaft. Daher brauchen wir ein modernes und leistungsfähiges Bildungssystem. Wir kennen aber alle zu Genüge die Mängel unseres Bildungssystems: Pisa lässt grüßen. Und so sehr der SSW auch die vielen kleinen Schritte zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung, der Lehrerausbildung und der Unterrichtsqualität begrüßt, die auch die Ministerpräsidentin heute ange- sprochen hat, so sehr vermissen wir hier dennoch den Mut der Landesregierung, endlich auch die Strukturen bei den Schulen in Frage zu stellen. Nur wer langfristig die Strukturen ändert und bei- spielsweise die Schülerinnen und Schüler länger zur Grundschule gehen lässt, wird entscheidend vorankommen.

Im Hochschulbereich ist die Landesregierung mit der Umsetzung der Erichsen-Vorschläge schon ein gutes Stück weiter gekommen und viele der Ansätze finden unsere Unterstützung. Aber den- noch gibt es aus Sicht des SSW bei den getroffenen Entscheidungen nicht nur Licht, sondern auch Schatten. Besonders bitter ist für uns immer noch die geplante Schließung der Fachhochschu- le Eckernförde.

Die Landesregierung hat glücklicherweise erkannt, dass eine Verlagerung der Studiengänge des In- stituts für Internationales Management der Universität Flensburg an die Fachhochschule die grenz- überschreitende Zusammenarbeit gefährdet hätte. Allerdings darf der Erhalt der deutsch-dänischen Studiengänge nicht gegen die anderen Vorschläge der Erichsen-Kommission ausgespielt werden. Die Kommission hat sehr deutlich gemacht, dass die Hochschulen im Land nur wettbewerbsfähig sind, wenn sie ihr individuelles Profil schärfen können. Vor diesem Hintergrund ist der Beschluss der Landesregierung, weiterhin Teile der Real- schullehrerausbildung in Kiel zu belassen und die Diplompädagogik nur teilweise in Flens- burg zu konzentrieren, ein Fehler. Solche Doppelangebote verhindern die notwendige Profilbil- dung der Universität Flensburg als vermittlungswissenschaftliches Kompetenzzentrum des Landes. Es ist auch falsch, der Universität Kiel die Entscheidung zu überlassen, ob sie am Modellversuch zur Umstellung der Lehramtsausbildungen auf Bachelor- und Master-Studiengänge teilnimmt oder nicht. Diese Reform kann nur funktionieren, wenn sie konsequent für alle Schularten erfolgt. Hier hätten wir uns mehr Mut von der Landesregierung gewünscht und weniger Rücksichtnahme auf die 6 7



starke Lobby der CAU Kiel. Die Landesregierung muss jetzt eine grundlegende Reform anpacken, denn es wird auf lange Zeit keine zweite Chance geben.

Mehr Mut fordern wir auch im Bereich der Verwaltungsreformen auf Landes- oder Kommu- nalebene. Die von der Landesregierung im Frühjahr vorgestellten 49 Punkte zur Verwaltungsre- form müssen jetzt in Angriff genommen werden. Natürlich hat die Beantwortung der Großen An- frage der Landesregierung über die Verwaltungsstrukturreform gezeigt, dass die Implementierung nicht immer so zügig und effizient vonstatten geht, wie wir uns das vorstellen. Aber realistisch ge- sehen läuft uns die Zeit davon, und deshalb begrüßt der SSW, dass diese Vorschläge jetzt zeitnah umgesetzt werden sollen.

Allerdings lehnen wir die Forderung der CDU zum Arbeitsplatzabbau in den Verwaltungen ab. Wer glaubt, so aus dem Nichts 4.400 Stellen bei der Landesverwaltung einsparen zu können, der sollte diese Vorschläge dann auch wirklich konkretisieren und nicht zur öffentlichen Verunsicherung der Beschäftigten des Landes beitragen. Im übrigen sind diese Beschäftigen durch die Ankündigung, den Beamten das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu kürzen schon genügend unter Druck gesetzt. Wir bleiben dabei: Das Land braucht auch in Zukunft leistungsfähige und motivierte Beamte und Angestellte, wenn das Ziel, den Öffentlichen Dienst zu modernisieren, ernst genommen wer- den soll.

Auch die finanzielle Situation der Kommunen in Schleswig-Holstein ist dramatisch. Wir brauchen daher schnellst möglichst eine Gemeindefinanzreform, um die Einnahmen der Städte und Gemeinden zu verbessern und zu verstetigen. Auch hier kann der SSW die Bemühungen der Landesregierung auf Bundesebene unterstützen. Allerdings glauben wir auch, dass man von den Kommunen selbst zukunftsfähige Lösungen – zum Beispiel freiwillige Zusammenlegungen von kleinen Gemeinden – einfordern muss. Es kann nicht angehen, dass Schleswig-Holstein am Anfang des 21. Jahrhundert immer noch knapp 1.100 Kommunen hat, während unserer nördliches Nachbar- land mit 270 Kommunen auskommt und sogar jetzt eine Verkleinerung auf ca. 60 Großkommunen plant. Hier müssen die Kommunen mehr Mut aufbringen.

Mit dieser Regierungserklärung sollte es laut Pressemitteilung um mehr als eine Stellungnahme zur aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation auf Bundes- und auf Landesebene gehen. Und im Kern haben wir es ja auch mit einer Grundsatzrede der Ministerpräsidentin zu tun gehabt. Der
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Blick zurück ist dabei weniger wichtig als die Perspektiven, die sich daraus für die nächsten Jahre – und damit auch für die Zeit nach 2005 – ergeben.

Einiges steht schon länger auf der Agenda der Landesregierung – zum Beispiel das Thema Verwal- tungsreform. Anderes wiederum ist neu und hätte mehr als einer Vorankündigung bedurft. Was ist konkret damit gemeint, dass die Landesregierung künftig den Kommunen den gesamten Landesan- teil an der Kita-Finanzierung überlassen will?

Der SSW hat in den vergangenen Jahren ganz viele Reformvorhaben der Landesregierung mitgetragen. Das werden wir weiterhin tun, aber nur wenn die Richtung stimmt. Wir haben auch – das füge ich in aller Bescheidenheit hinzu – maßgeblich dazu beigetragen, dass mit den Minderheiten im Lande ein neues partnerschaftliches Verhältnis entstehen konnte. Minderheitenpo- litik ist also mehr als ein gutes psychologisches Klima. Ich hätte mir gewünscht, wenn dies deutli- cher aus der Rede der Ministerpräsidentin hervorgegangen wäre. Denn 2005 ist nicht nur ein Wahl- jahr – 2005 heißt auch 50 Jahre Bonn-Kopenhagener-Erklärung. Dies sollte sich die Landesregie- rung vor Augen halten – bei der Aufstellung des kommenden Doppelhaushaltes für 2004/2005. Nicht zuletzt aber auch, wenn es um die Formulierung von Kernaufgaben der Landespolitik nach 2005 geht.



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