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11.10.02 , 12:48 Uhr
SPD

Jutta Schümann zu TOP 24: Wir brauchen eine geschlechterspezifische Gesundheitsversorgung

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 11.10.2002 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 24 – Bericht zur geschlechtsdifferenzierten Förderung gesundheitsbezogener Leistungen

Jutta Schümann:

Wir brauchen eine geschlechterspezifische Gesundheitsversorgung

Gender Mainstreaming lautet die Forderung der UN-Konferenzen der 90er Jahre. In a l- len Lebensbereichen soll der Realität beider Geschlechter Rechnung getragen wer- den, und die politischen Entscheidungen haben sich an diesem Anspruch zu orientie- ren. Die 4. Weltfrauenkonferenz in Peking hat diese Forderung differenziert für den Be- reich „Frauen und Gesundheit“ formuliert.

In Deutschland ist der Begriff Frauenheilkunde geläufig. Unvoreingenommene könnten daraus schließen, dass es sich hier genau um diese Gender-orientierte Betrachtung handelt. In Wirklichkeit aber beinhaltet das Fach Frauenheilkunde nur Erkrankungen der Unterleibsorgane der Frau, ihres Hormonhaushaltes und ihrer Brust sowie Fragen der Familienplanung. Alles andere, also weitere Stoffwechselerkrankungen, das Herz- Kreislaufsystem etc. bleiben außen vor. Der Gender-Ansatz richtig umgesetzt würde bedeuten, dass alle Medizin-Fächer angeführt werden: Orthopädie, Urologie, Innere Medizin, Chirurgie oder Psychiatrie, und zwar sowohl in der geschlechts-abhängigen Anamneseerhebung als auch in der Therapie. Aktuell aber auch bei der Einführung von Disease Management Programmen und Fallpauschalen.

Die Kinderheilkunde mag da als Modell dienen. Aus der Erkenntnis, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind, umfasst sie das gesamte Spektrum möglicher Erkrankun- gen unter den Bedingungen des kindlichen Organismus und nicht nur ein paar typi- Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/13 07 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



sche Kinderkrankheiten. Genauso muss die wachsende Erkenntnis, dass Frauen und Männer sich in der Wahrnehmung von Gesundheit und Krankheit und in der Ina n- spruchnahme von gesundheitlichen Versorgungsleistungen unterscheiden, eine ge- schlechterspezifische medizinische Versorgung zur Folge haben, und das übrigens bis ins hohe Alter und in die Pflegesituation hinein.

Der vorgelegte Bericht gibt sehr anschaulich wieder, in welchen Bereichen Maßna h- men eingeleitet wurden bzw. zukünftig etabliert werden sollten, um dem Anspruch ei- ner geschlechtergerechten gesundheitlichen Versorgung Rechnung zu tragen. Der Be- richt belegt, dass bereits die bisherige Politik der Landesregierung darauf ausgerichtet ist, Diskriminierung zu verhindern und die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen. Ich bedanke mich herzlich bei Frau Ministerin Moser und ihren Mita r- beiterinnen und Mitarbeitern für die ebenso zügige wie ausführliche Behandlung unse- res Berichtsantrags.

In Kurzen Stichworten möchte ich einige Aspekte hervorheben:

Gesundheitsberichterstattung und Fachplanung In der Gesundheitsberichterstattung erfolgen Differenzierungen nach Geschlecht und Alter, so dass auch eine differenzierte Betrachtung nach Lebensphasen möglich ist.

Lebenswelt- und biografie-orientierte Ansätze, wie im Landesaltenplan und im Fach- plan Gerontopsychiatrie, sind ebenfalls geeignet, geschlechtstypische Fragestellungen aufzuwerfen.

Der Bericht weist darauf hin, dass möglicherweise bei Frauen und Männern unter- schiedliche Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen, Lebensbedingungen, Gesundheitszustand und Versorgungsbedarf bestehen. Von daher werde künftig eine verbesserte Zusammenführung der Daten erfolgen. -3-



Förderrichtlinien Im Psychiatrie- und Suchtbereich liegt eine „Richtlinie zur Förderung psychosozialer Hilfen, der Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe“ vor. Er macht ein Konzept, das sich an den „Leitlinien für frauengerechte Angebote“ orientiert, zur Zuwendungsvo r- aussetzung.
Im Bereich der Modellversuche verweist der Bericht auf Brustkrebs-Initiativen. Zudem wird bei der Anschubfinanzierung von Kriseninterve ntionsdiensten auf geschlechts- spezifische Belange geachtet.

Suchthilfe Die Beachtung geschlechtsbezogener Unterschiede sieht die Landesregierung als Grundvoraussetzung für eine angemessenen und wirksame Beratung und Behandlung bei Suchtproblemen. Besonders erwähnt werden die Fort- und Weiterbildung, das Do- kumentationssystem und die „Leitlinien für frauengerechte Angebote – Psychiatrie und Suchthilfe“. Zur Koordinierung der geschlechtsspezifischen Angebote verweist der Bericht auf die übergreifende Funktion der Landesstelle gegen die Suchtgefahren LSSH.
Darüber hinaus existiert bei der feministischen Beratungsstelle donna klara ein „Lan- desarbeitskreis Frau und Sucht“.
Beide Einrichtungen werden vom Land Schleswig-Holstein gefördert.

Gesundheitspolitik für Seniorinnen und Senioren Der Bericht der Landesregierung verweist darauf, dass mit der weit überproportionalen Anzahl von Frauen beim Pflegepersonal der frauenspezifische Ansatz in einem be- sonderen Maße erreicht ist. Ob damit aber Geschlechtergerechtigkeit gewährleistet ist, muss man kritisch hinte r- fragen. -4-



Prävention – Schule und Kindertagesstätte Der Bericht geht kurz auf die Lehrpläne ein und nennt Beispiele für Fortbildungsange- bote, in denen die Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen eine bedeutende Ro l- le spielen, u.a. Ernährungsberatung, Jungenarbeit, Suchtprävention, Sexualpädagogik, AIDS-Prävention, Bewegungsförderung, Gewaltprävention.

Psychiatrische Versorgung In der teilstationären Versorgung von Kindern und Jugendlichen ist ein deutlicher Un- terschied bei den Fallzahlen festzustellen. Mädchen machen hier einen Anteil von un- ter 10% (Universitätsklinik Kiel, 2000) bis über 35% (Fachklinik Schleswig, 2000) aus. Für die vollstationäre Behandlung liegen leider keine Differenzierungen nach dem Ge- schlecht vor.
Im Jahr 2000 hat eine Fachtagung zum Thema „Mädchen in der Psychiatrie“ stattge- funden.

Dem Fazit des Berichts, dass Gender Mainstreaming nicht nur hilft, Diskriminierungen abzubauen, sondern auch bei zielgenauen Entscheidungen und damit ökonomischen Vorteilen das richtige Instrument ist, können wir nur beipflichten.

Für uns wird Geschlechtergerechtigkeit, wird Gender Mainstreaming auch in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil nachhaltiger Politik in Schleswig-Holstein bleiben. Wir wünschen uns weiterhin einen zügigen Ausbau in allen Ressorts und freuen uns auf die intensive inhaltliche Diskussion im Sozialausschuss.

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