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10.10.02 , 17:36 Uhr
CDU

Jost de Jager: Zentrale Prüfungen als Frühwarnsysteme

LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 428/02 vom 10. Oktober 2002 Bildungspolitik TOP 18 Jost de Jager: Zentrale Prüfungen als Frühwarnsysteme Die internationale Vergleichsstudie PISA und die nationale Ergänzungsstudie PISA E haben vieles gezeigt und haben viele Schwächen des deutschen und schleswig- holsteinischen Schulwesens offen gelegt. Vor allem aber hat PISA eines deutlich gemacht: Dass wir über den Zustand und den Leistungsstand einzelner Schulen und aller unserer Schulen weitgehend ahnungslos sind.
Neben allen pädagogischen Aspekten, die wir im „Post-PISA-Prozess“ ansprechen müssen, ist dies ein Zustand, den wir uns auf Dauer nicht länger erlauben können. Wir brauchen dringend Instrumente, um nicht nur die Leistung von Schülerinnen und Schülern, sondern auch die von Schulen zu testen. Wir brauchen eine Art Frühwarnsystem, das es uns erlaubt, rechtzeitig einzugreifen, wenn sich Fehlentwicklungen abzeichnen.
Der Ruf nach Schulleistungsvergleichen gehört mittlerweile zu den Standardpassagen der Reden von Bildungspolitikern jeglicher Couleur. Dennoch verbergen sich unter dem gleichen Leitbegriff unterschiedliche Konzepte, die jeweils Welten trennen. Die Landesregierung will den sogenannten Schul-Tüv. Der Schul- Tüv setzt den sozialdemokratischen Glauben an die magische Kraft der Evaluation fort. Wir kennen das Mittel der Evaluation aus dem Bereich der Hochschulen und es soll nun übertragen werden auch auf das Schulwesen. Ein wenig polemisch formuliert kann man sagen, dass der Schul-Tüv darin besteht, dass eine Gruppe von Leuten, deren Job die Schulleitung und Schulaufsicht ohnehin schon ist, verschiedene Schulen besucht und hinterher ein Ergebnis präsentiert, das nicht veröffentlicht wird. Wir halten diesen Schul-Tüv für bürokratisch, für zu aufwendig und für ineffektiv. Eine funktionierende Schulaufsicht könnte das, was der Schul-Tüv jetzt leisten soll, schon lange leisten.
Die CDU-Fraktion verbindet mit Schulleistungsvergleichen andere Anforderungen. Wir wollen die Leistung von Schulen nach klar definierten Leistungskriterien vergleichen und wir wollen die Ergebnisse dieser Schulleistungsvergleiche in einem landesweiten Ranking öffentlich machen.
Selbstverständlich weiß ich um die Skepsis. Aber machen wir uns nichts vor: Eltern vergleichen jetzt schon Schulen, nur machen sie es in einem Ranking im Selbstbausatz - auf der Grundlage von Hören-Sagen. Hinweis auf Gymnasien in kreisfreien Städten.
Zu den klaren Leistungskriterien, von denen ich eben sprach, gehört natürlich auch, dass man die Leistung einer Schule u. a. dadurch bemisst, dass man die Leistung ihrer Schülerinnen und Schüler prüft. Wir wollen das durch zentrale Prüfungen tun, weil wir glauben, dass nur zentrale Prüfungen auch tatsächlich vergleichbare Ergebnisse solcher Prüfungen erbringen. Deshalb beantragen wir, dass in Schleswig-Holstein auf Grundlage vergleichbarer inhaltlicher Anforderungen zentrale Prüfungen in den Kernfächern für die Abschlussklassen aller weiterführenden Schularten eingeführt werden. Solche Prüfungen schließen vorgeschaltete Vergleichsarbeiten, wie sie ja auch von der Landesregierung geplant sind, überhaupt nicht aus, im Gegenteil. Aus diesem Grund befürworten wir die Einführung landesweiter Vergleichsarbeiten so wie die Regierung es ja auch vorhat. Wir glauben nur, dass wir einen weiteren Schritt eben zusätzlich gehen müssen.
Unsere Forderung nach Einführung zentraler Prüfungen ist für uns einer der wesentlichen Schlüssel für Schulleistungsvergleiche. Darüber hinaus sind wir allerdings auch der Auffassung, dass sie pädagogisch das richtige Mittel sind.
Ich weiß, welches Lamento in den nachfolgende Reden ausbrechen wird und verweise deshalb vorsorglich auf die Tatsache, dass die Hälfte der deutschen Bundesländer, darunter auch eine Reihe von SPD-geführten Landesregierungen, diese Zentralprüfungen schon lange eingeführt haben.
Ich möchte auch gleich im Vorwege das Argument entkräften, dass das gute Abschneiden der schleswig-holsteinischen Gymnasien doch der beste Beweis wäre, dass man solche Zentralprüfung gar nicht braucht.
Dieses Argument zieht deshalb nicht, weil sie in den anderen Schularten mit der jetzigen Form der Prüfungen eben keine guten Erfahrungen gemacht haben und der Leistungsstand bayerischer Gymnasiasten mit Zentralprüfungen nun wirklich nicht sehr viel schlechter ist als der von schleswig-holsteinischen, zumal der Vorsprung der schleswig-holsteinischen Schulen lediglich für wenige Fächer belegt ist.
Wir wollen es bei der Diskussion um zentrale Prüfungen auch nicht bei einer reinen Formdebatte belassen. Vielmehr glauben wir, dass die Grundlage zentraler Prüfungen in den Kernfächern die Einführung verbindlicher und landeseinheitlicher Lehrinhalte ist. Die CDU-Fraktion fordert die Bildungsministerin deshalb auf, die Lehrpläne zu überarbeiten mit dem Ziel, dass zukünftig zwei Drittel der Lehrinhalte verbindlich vorgegeben werden. In diesem Zusammenhang wollen wir, dass Stoffe konkret benannt werden und wir wollen auch soweit gehen, dass sogar Musteraufgaben darin enthalten sein sollen. Selbstverständlich sollen diese neuen Lehrpläne die inhaltlichen Anforderungen mit aufnehmen, die derzeit von der Kultusministerkonferenz erarbeitet werden.
Wir glauben, dass es ein Gebot der Fairness ist, Schülerinnen und Schüler vorher zu sagen, was man hinterher von ihnen verlangt und abprüfen will. Wir sagen aber auch, dass es gute inhaltliche Gründe gibt, die Lerninhalte stärker und konkreter und verbindlicher vorzugeben. Jede Gesellschaft muss sich auf die für sie wichtigen Bildungsinhalte verständigen. Darüber hinaus kann mehr Autonomie der Schule nur dann umgesetzt werden, wenn es gleichzeitig einen belastbaren und verbindlichen Rahmen hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler und der Prüfungsergebnisse gibt. Verbindliche Inhalte sind die andere Seite der Autonomiemedaille.
Nach den Vorstellungen der CDU-Landtagsfraktion sollen diese Schulleistungsvergleiche zu einem ganz wesentlichen Teil natürlich auf den zentralen Prüfungen beruhen. Wir wollen dieses öffentliche Ranking allerdings ergänzen durch sogenannte Schulportraits. Dies ist ein Mittel, das im Freistaat Sachsen seit mittlerweile zwei Jahren sehr erfolgreich angewendet wird und zu einem Höchstmaß an Transparenz führt. Diese Schulportraits sollen all die Informationen über eine Schule enthalten, die über die reinen Prüfergebnisse hinausgehen. Zum Beispiel Angaben über Arbeitsgemeinschaften, Projekte oder Schulpatenschaften mit Schulen im In- und Ausland, besondere Angebote der Betreuung am Vormittag oder auch ganztags.
Der Ansatz der Transparenz, den wir damit verfolgen, ist für uns von eminenter Wichtigkeit. Wir glauben, dass Eltern ein Recht haben zu wissen, wo die Schule steht, auf die ihre Kinder gehen. Und wir glauben, dass diese Transparenz Potenziale für die Schulentwicklung frei legt, die sonst nicht erkennbar wären. In dem Maße, wo Eltern sehen können, was an der Schule XY möglich ist, können sie sich dafür einsetzen, dass auch an ihrer Schule mehr geschieht. Die Schulportraits sind ein gutes Mittel, die Eltern mit ins Boot zu nehmen und sie sind eine gute Chance für die Schule, ihr Angebot darzustellen.
Zu der Transparenz gehört aber auch die Darstellung der Rahmenbedingungen, unter denen eine einzelne Schule zu arbeiten hat. Deshalb beantragen wir, dass die Schulleitungen künftig ins Recht gesetzt werden, Angaben über Unterrichtsversorgung, Planstellenzuweisung, Raumsituation usw. ihrer Schule zu veröffentlichen. Denn um einschätzen zu können, warum eine Schule so ist wie sie ist, muss man z. B. wissen, wie viele Lehrerinnen und Lehrer sie tatsächlich zur Verfügung hat. Oder auf wie viele Räume für Arbeitsgruppen und Differenzierung eine Schule zurückgreifen kann. Wir glauben, meine Damen und Herren, dass gerade die Veröffentlichung der Unterrichtsversorgung vor Ort an der einzelnen Schule für die Eltern sehr viel aussagekräftiger ist als der jährliche Bericht über die Unterrichtsversorgung, der hier im Landtag gegeben wird, und der eigentlich nur aus Zahlenspielen besteht.
Wir glauben, dass wir mit unserem Antrag einen gehörigen Sprung nach vorne machen in der Umsetzung der Schlussfolgerung aus PISA. Es ist dringend erforderlich, dass wir nach PISA Bildungspolitik mutiger diskutieren, als wir es vor PISA getan haben. Derzeit fürchte ich, dass wir zurückfallen in die schulpolitische Schläfrigkeit, die in diesem Bundesland viel zu lange geherrscht hat und deshalb nehme ich das auf, was der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Hay, offenbar gestern während der Fraktionssitzung gesagt hat, wie der Presse zu entnehmen war: Die Reformen im Bildungswesen mutig anzugehen. Dazu gehört unser Vorschlag von heute.

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