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Martin Kayenburg: Politik muss die Rahmenbedingungen bestimmen
LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 379/02 vom 13. September 2002Arbeitsmarktpolitik TOP 53 Martin Kayenburg: Politik muss die Rahmenbedingungen bestimmen„Wenn wir es nicht schaffen, die Arbeitslosenquote signifikant zu senken, dann haben wir weder verdient wiedergewählt zu werden, noch werden wir wiedergewählt“. Dies ist ein Zitat von unserem Noch-Bundeskanzler Schröder am 29. September 1998, gedruckt in der Ausgabe 39 des „Spiegel“.Heute wissen wir, Schröder hat es einfach nicht geschafft, das von ihm selbst angepeilte Ziel von deutlich weniger als 3,5 Millionen Arbeitslosen in Deutschland zu erreichen.Und als ob dieses Versagen noch nicht reichen würde, so lässt der amtierende Kanzler derzeit indirekt durch seinen Volkswagen-Vertrauten Hartz ein neues Versprechen verkünden, das noch gewagter und noch unrealistischer ist: Nun soll die Arbeitslosigkeit in kurzer Zeit sogar halbiert werden.Das Fatale an dieser Situation: den vielen Arbeitslosen in unserem Land wird mit untauglichen Mitteln eine trügerische Hoffnung vermittelt, die die Menschen letztendlich wieder enttäuschen wird.Dass es viele Menschen gibt, die wieder Hoffnung brauchen, zeigt ein Blick auf die aktuelle Arbeitsmarktsituation. Die Anfang September veröffentlichten offiziellen Zahlen zeigen einen dramatischen Anstieg von 229 000 Arbeitslosen gegenüber dem Vorjahresmonat an. Dies ist in der Tat eine verheerende Schlussbilanz der rot- grünen Bundesregierung!Auch in Schleswig-Holstein stieg die Arbeitslosenzahl gegenüber dem Vorjahresmonat. Insgesamt liegt die Arbeitslosenquote in Schleswig-Holstein nach wie vor deutlich über dem Durchschnitt der alten Bundesländer. Für dieses Versagen von Rot-Grün gibt es keine Ausreden und auch kein Verstecken hinter der Vorgängerregierung. Fakt ist, dass der 1997 beginnende Beschäftigungsaufschwung bereits nach dem Regierungswechsel zum Erliegen kam.Sie loben sich ja hier im Land dafür, dass Sie die Vorschläge der sogenannten Hartz- Kommission schon weitgehend umgesetzt haben. Und dieses Lob entlarvt die Hartz- Vorschläge auch als das, was sie sind: Ideen und Konzepte zur Reform der Arbeitsverwaltung. Das ist auch sicher notwendig. Aber ein Blick in die Statistik zeigt: neue Arbeitsplätze sind auch durch neue Vermittlungskonzepte in Schleswig- Holstein nicht entstanden. Ende August waren in unserem Land 116 500 Frauen und Männer ohne Arbeit. Das sind 3 500 oder 3,1 Prozent mehr, als im Vorjahr. Diese Zahlen zeigen, mit modernerer Vermittlung lässt sich das Problem nicht grundlegend lösen.Besonders schlimm ist insbesondere, dass auch über die Regierungszeit von Rot- Grün die Zahl der Erwerbsstunden insgesamt abgenommen hat. Dies ist deshalb so dramatisch, weil nur von den geleisteten Stunden letztendlich Steuern und Abgaben bezahlt werden. Auch der von der Schröder-Regierung immer wieder als Erfolg herausgestellte Anstieg der Erwerbstätigenzahlen ist allein Folge der geänderten Zählweise in der Statistik sowie einer erhöhten Anzahl von Teilzeitjobs. Wie wir wissen, werden die 630-DM-Jobs heute im Gegensatz zu früher mitgezählt. Allein dadurch wurde die Zahl der Erwerbstätigen Anfang 2000 um über 2 Millionen Arbeitsplätze höher ausgewiesen als nach alter Statistik, ohne dass auch nur eine einzige Stunde mehr gearbeitet worden wäre.Weiterhin schmückt sich die Schröder-Regierung mit der demographischen Entwicklung: jedes Jahr scheiden 200 000 ältere Menschen mehr aus dem Arbeitsmarkt aus als junge hinzustoßen. Man stelle sich die Arbeitslosenzahlen ohne diesen Faktor vor!Noch dramatischer wäre die Arbeitslosenzahl ohne die verdeckte Arbeitslosigkeit durch die Arbeitsbeschaffungs-, Fortbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen. Die Zahl dieser Maßnahmen ist mit 1,8 Millionen Menschen so hoch wie noch nie zuvor!Fakt ist: wir werden im Jahresdurchschnitt deutlich über der 4 Millionen-Grenze liegen; Schröder hat sein Versprechen also gebrochen.Wenn Schröder sich nicht hinter seiner Vorgängerregierung versteckt, dann tut er es hinter der Weltwirtschaft. Um dieses Argument zu entkräften reicht ein Blick in andere europäische Länder, die bessere Erfolge sowohl im Wirtschaftswachstum als auch in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit feiern können.Und wem diese Argumentation nicht ausreicht, dem sei ein Zitat von Alt- Bundeskanzler Helmut Schmidt ans Herz gelegt. Der sagte nämlich am 9. Juni in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Arbeitslosigkeit hat nichts mit Globalisierung zu tun. Sie ist vollständig hausgemacht.“Symptomatisch für die hausgemachten Fehler der Bundesregierung ist das völlige Scheitern bei einem zentralen Ziel der Koalitionsvereinbarung von 1998, nämlich die Lohnnebenkosten auf unter 40 Prozent zu senken. In Wirklichkeit führen mangelhafte und schlecht durchgeführte Reformen der Sozialsysteme zu höheren Belastungen von Arbeitnehmern und Unternehmen, wir hören die Horrormeldungen jeden Tag. Mit dem Scheinselbstständigengesetz, der Abschaffung der 630-DM-Jobs, dem generellen Teilzeitanspruch oder auch den Regelungen des neuen Betriebsverfassungsgesetzes und vielen anderen Maßnahmen hat Rot-Grün den Arbeitsmarkt völlig überreguliert und damit stranguliert.Und in dieser Situation braucht der Kanzler wenige Tage vor der Wahl eine Wunderwaffe. Diese Wunderwaffe heißt „Hartz-Kommission“. Allein schon der Termin verrät, dass es sich bei dieser Kommission um eine reine Wahlkampfshow handelt; nichts als Inszenierung. Nach Programmen wie JUMP oder „Job aqtiv“ - mit Q! - bekommen wir jetzt den „Jobfloater“ und die „Ich-AGs“. Allein was fehlt, ist eine Perspektive für Arbeitssuchende. Dabei waren zu Beginn der Veröffentlichungen der Ergebnisse der Hartz-Kommission vielleicht noch der ein oder andere vielversprechende Ansatz zu erkennen. Doch durch die Beratungen in der Wahlkampfphase wurde, insbesondere durch den Gewerkschaftseinfluss, auch diese Punkte völlig weichgespült.Doch man kann es nicht einfach nur als Wahlkampfmunition abtun. Es ist viel schlimmer. Durch Schröders neuestes Projekt „Kapital für Arbeit“, dem ehemaligen „Jobfloater“, zeigt Rot-Grün ein völlig falsches Verständnis von Wirtschaftspolitik. Die Hartz-Kommission ist keine Job-Maschine, sie ist eine Subventions-Maschine. Nur gesunde Unternehmen, insbesondere Mittelständler, die gesunde Finanz- und Zukunftsperspektiven haben, werden Leute einstellen, wenn sie Aufträge und Arbeit haben. Nicht aber, wenn Arbeitslose ihm Kapital anbieten, das er doch eigentlich vom Finanzmarkt bekommen muss. Im übrigen steht dies im eklatanten Widerspruch zu den täglich neuen Horrormeldungen zur Finanzlage von Bund und Ländern. Durch staatlich subventionierte Kreditprogramme werden mit Sicherheit keine Arbeitsplätze geschaffen, jedenfalls nicht dauerhaft die Arbeitsplätze, die sich auch im Wettbewerb behaupten können! Das einzige, was man damit erreicht, ist die Erhöhung der Staatsverschuldung.Meine Damen und Herren von Rot-Grün, bitte nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass Politik die Rahmenbedingungen bestimmen muss, um Wirtschaftswachstum zu ermöglichen: Unternehmen schaffen neue Arbeitsplätze - nicht die Arbeitsamtsverwaltung!Angst muss man bekommen, wenn dies von Gerhard Schröder mittlerweile zur Chefsache erklärt wurde. Was Chefsache bedeutet, haben wir ja bei der Chefsache „Aufbau Ost“ nur zu gut erlebt. Das Wort „Chefsache“ wird bei Gerhard Schröder zur Drohung.Im übrigen ist der Vorschlag der Hartz-Kommission das mittlerweile 52. Gutachten, das Rot-Grün in Auftrag gegeben hat. Das 52.!Dies ist der endgültige Beweis für die Einstellung der Geschäftstätigkeit der Bundesregierung. Man kann es natürlich auch positiv sehen: endlich ist Walter Riester auch offiziell entmachtet.Für die wenigen vernünftigen Punkte des Hartz-Papiers hätte man im übrigen keine Kommission gebraucht. Ein Blick in die Programme, insbesondere in das der Union, hätten dabei schon geholfen. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist seit langem eine Forderung von uns, die Sie lange Zeit bekämpft haben, meine Damen und Herren von Rot-Grün. Auch die Verschärfung der Zumutbarkeitsregelung bei den Arbeitslosen oder die Bündelung von Leistungen in „Job-Centern“ ist eine Idee der Union. Alle anderen Punkte dieses Papiers können getrost als reiner Wahlkampfaktionismus und weiße Salbe für den Arbeitsmarkt abgelegt werden.In diesem Zusammenhang darf man auch die Frage stellen, was eigentlich Niedriglohnjobs im „haushaltsnahen Bereich“ sind. Gehört nach den Vorstellungen der Hartz-Kommission auch der Zeitungsausträger hinzu? Schließlich bringt der die Zeitung bis zum Briefkasten – also ist das ganze doch „haushaltsnah“!Das Problem der neuen Länder wird von Hartz überhaupt nicht berührt. Hier gibt es keinen Nachholbedarf in der Vermittlung, sondern einfach in der Anzahl der Arbeitsplätze. Wenn 1,5 Millionen Arbeitssuchende auf 70 000 oder 80 000 freie Arbeitsplätze kommen, ist es wirklich ein fataler Weg, die Vermittlung reformieren zu wollen.Nun will Schröder trotz aller Gegenargumente das Projekt als Wahlkampfwaffe durchboxen. Doch der Widerstand formiert sich sogar in den eigenen Reihen.In den Zeitungen, so in der „Welt“ vom 11. September, ist von einem internen Papier des Bundesfinanzministeriums von Hans Eichel die Rede, in dem die Hartz-Pläne ausgesprochen kritisch bewertet werden. „Das Reformmodell ist offen“ heißt es da, außerdem bestünde Unklarheit „über die angenommenen Beschäftigungseffekte“, und überhaupt müsse man „von großen Belastungen für die öffentlichen Haushalte ausgehen.“Neben „fiskalischen Risiken“ sieht das eigene Ministerium auch den „massiven Einsatz subventionierter Leiharbeit, die Förderung von Mini-Jobs sowie die Aufgabenerweiterung der Bundesanstalt für Arbeit“ mit großer Skepsis.Doch nicht nur die eigenen Ministerien wehren sich gegen einen schnellen Start des „Jobfloaters“, auch die Mitglieder des Verwaltungsrates der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit, allen voran der Chef der Anstalt, Florian Gerster (SPD), sind verwundert über den Aktionismus unmittelbar vor der Wahl.Schließlich sind die Personalservice-Agenturen, die wie Zeitarbeitsfirmen arbeiten sollen, nicht von den zuständigen Gremien gebilligt worden! Irgendjemand muss doch dem Bundeskanzler, der seine Informationen ja vornehmlich aus Tickermeldungen bezieht, doch eigentlich jemand erklärt haben, dass für die Einführung der Personalservice-Agenturen letztendlich eine Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes notwendig ist, vielleicht sogar des Sozialgesetzbuches!Widerstand kommt deshalb auch von der Gewerkschaft ver.di, so zum Beispiel von Frau Kunkel-Weber, die ebenfalls im Verwaltungsrat der Bundesanstalt sitzt. Der Chef der Personalräte der Arbeitsämter stimmt in diese Kritik mitein.Und die Arbeitgeber? Die sehen in den Plänen, so BDA-Präsident Hundt, ebenfalls „keinen geeigneten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“. Von dem vielbeschworenen gesellschaftlichen Konsens des Herrn Hartz ist also nicht zu sehen. Deutschland braucht kein Hartz-Papier, keinen „Jobfloater“, keine „Ich-AG“, keine familienfreundliche „Quick-Vermittlung“, keine „Mini-Jobber“ und auch keine Profis der Nation. Deutschland braucht Arbeitsplätze!!" Wir brauchen Steuerentlastung für den Mittelstand. !" Wir brauchen eine Aktivierung des Niedriglohnbereichs. !" Wir brauchen Entbürokratisierung unter anderem durch Abschaffung des Gesetzes gegen Scheinselbstständigkeit. !" Wir brauchen den Abbau von wirtschaftsfeindlichen Vorschriften und Regulierungen. !" Wir müssen den Rechtsanspruch auf Teilzeit auf Zeiten der Kindererziehung und Pflege begrenzen. !" Wir brauchen die verbesserte steuerliche Behandlung von Chancenkapital. !" Wir brauchen eine echte Steuerreform !" Und wir brauchen eine neue Bundesregierung.Es ist Zeit für Taten!